4 | 7. Kapitel

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Mit einem Ruck flog die Tür auf. Hereingestolpert kam Draco, dicht gefolgt von Mad-Eye Moody, der ihn mit festem Griff am Oberarm gepackt hatte.

"Es gibt gewisse Zeiten, zu denen ich nur ungern gestört werde", sagte mein Vater und stand auf. Seine Silhouette wurde von hinten vom Kaminfeuer umrahmt, sodass sein Gesicht im Schatten lag. Ich konnte den Ausdruck darauf nicht sehen, hätte ich jedoch raten müssen, hätte ich darauf gewettet, dass sein Blick ebenso frostig war, wie seine Stimme.

Wie nicht anders zu erwarten, ließ Moody sich davon alles andere als einschüchtern. Der Ausdruck auf seinem vernarbten Gesicht war seltsam berechnend, als er Draco einen heftigen Schubs gab und nach vorne trat. "Dachte nur, Sie wollten wissen, wenn Schüler aus ihrem Haus die Regeln brechen. Außerdem dachte ich, ich könnte die Gelegenheit nutzen, um alte Bekanntschaften noch einmal aufleben zu lassen."

Alte Bekanntschaften? Fragend sah ich den Tränkemeister an, der bedächtigen Schrittes hinter dem Schreibtisch hervortrat: "Alte Bekanntschaften? Bis auf einige seltene Treffen – drei an der Zahl, würde ich meinen – hatten wir nie etwas miteinander zu tun. Wenn Sie also so freundlich wären, mir zu sagen, was Mr. Malfoy hier, verbrochen haben soll?"

"Man sollte seinen eigenen Leuten nie den Rücken kehren, Snape", knurrte Moody, während seine Zunge unruhig über seine Lippen fuhr. "Es können Zeiten kommen, da sich das Blatt wendet. Und was Mr. Malfoy hier anbelangt, erinnert er mich doch sehr an seinen Vater. Genauso arrogant, genauso feige – kommt angekrochen und steht nicht zu seinen Prinzipien. Aber auch das ist ja nichts Neues, nicht wahr, Snape?"

Bei seinen Worten spannten sich sowohl Draco als auch mein Vater an. Doch im Gegensatz zu unserem Hauslehrer blieb Draco stumm und begnügte sich mit hasserfüllten Blicken auf unseren neuen Verteidigungslehrer. "Kommen Sie zum Punkt, Moody. Meine Zeit ist kostbar."

Ein weiteres Mal, machte der Auror keine Anstalten, auf die Frage einzugehen, sondern humpelte auf mich zu. Ich zwang mich, an Ort und Stelle stehen zu bleiben, auch wenn es mir schwerfiel. Sein magisches Auge schien mich zu röntgen. "Und das ist ihre Tochter? Ich wusste gar nicht, dass Sie eine Freundin, geschweige denn eine Frau haben. Das Einzige, an das ich mich erinnere, war dieses eine Mal, als Sie ..."

"Das reicht jetzt ..." In der Stimme meines Vaters lag so viel Kälte, dass sie der Temperatur des schwarzen Sees hätte Konkurrenz machen können. Und doch wünschte ich mir, er hätte Moody seinen Satz vollenden lassen. Nur zu gern hätte ich gewusst, wovon er sprach. Das ganze Gespräch über hatte ich schon den Eindruck gehabt, dass der Auror über etwas sprach, was weder Draco noch ich verstanden. Mein Vater allerdings begriff es nur allzu gut und ihm schien es gar nicht recht zu sein, wenn jemand anderes davon erfuhr. "Caitlyn, unser Treffen ist für heute Abend beendet. Geh bitte in den Gemeinschaftsraum. Wir treffen uns das nächste Mal wieder wie üblich."

Verunsichert zögerte ich noch einen Moment, blickte zwischen den beiden Erwachsenen hin und her, bevor ich mit wenigen Schritten zur Tür lief. Ehe ich das Büro jedoch verlassen konnte, ließ mich Dracos Stimme innehalten: "Cat. Flint hat mir ausgerichtet, dass unser Treffen heute Abend an unserem Ort stattfindet – sagst du ihnen, dass ich nachkomme?"

Knapp neigte ich den Kopf, dann sah ich noch ein letztes Mal zu meinem Vater und zog die Tür hinter mir ins Schloss.

Ich fröstelte, während ich die schmalen Gänge im Kerker durchquerte und hin und wieder den Weg mit einem Geheimgang abkürzte. Im Büro des Tränkemeisters war die Zeit vergangen wie im Flug und aus der großen Halle drangen kaum noch Stimmen. Es musste also bestimmt schon acht Uhr sein, als ich die Eingangshalle durchquerte und zügigen Schrittes die Treppen hinauf in den Astronomieturm nahm.

Einmal musste ich warten, weil sich eine der Treppen partout weigerte, die Richtung einzunehmen, in die ich musste und mir stattdessen noch drei andere Aufgänge anbot. Ungeduldig trommelte ich mit den Fingern auf dem Geländer herum und beobachtete Filch, den Hausmeister, wie er mit einer großen, schwer aussehenden Kiste die Treppe hinunterstolperte.

Ich runzelte die Stirn. Was da wohl drin war? Lange darüber nachgrübeln, könnte ich nicht, denn just in diesem Moment gab die Treppe meinen lang ersehnten Weg frei und ich beeilte mich, meinen Gang fortzusetzen, bevor sie es sich noch einmal anders überlegte.

Nur wenige Minuten später, erreichte ich mein Ziel. Mit einem Knarren schwang die Tür zum Astronomieturm auf und offenbarte mir den Rest des Quidditchteams. "Da bist du ja endlich. Wo ist Malfoy?", wurde ich umgehend von unserem Kapitän und Hüter Markus Flint begrüßt, der mit dem Rücken gegen das Geländer gelehnt dasaß.

"Er ist noch bei meinem Vater. Moody hat ihn bei irgendeinem Regelbruch erwischt und wollte ihn scheinbar anschwärzen", antwortete ich betont gleichgültig und wollte mich zwischen Graham und Adrian zu Boden sinken lassen. Die Sorge um den jungen Malfoy, die mich schon seit seinem Eintreffen im Büro nicht losgelassen hatte, behagte mir gar nicht.

"Warte, Snape." Überrascht hielt ich mitten in der Bewegung inne und sah unseren Mannschaftskapitän an, der nun aufstand. "Ich muss dich noch kurz etwas fragen."

Neugierig darauf, was er von mir wollen könnte, folgte ich ihm in den hinteren Teil des Turms, wo der Wind nicht mehr ganz so stark an unseren Umhängen zog und bedauerte, dass ich selbst nicht noch einen Stopp im Schlafsaal gemacht hatte um mir ebenso wie Flint und die anderen meinen warmen Wintermantel anzuziehen. "Also – was ist los? Du wolltest mit mir sprechen?"

"Ja. Du weißt, dass dies mein letztes Jahr als Kapitän ist?" Ohne auf eine Antwort zu warten, nickte er und fuhr fort: "Natürlich weißt du das."

"Ähm, Flint? Mir will nicht so recht aufgehen, was das mit mir zu tun hat?", fragte ich vorsichtig. Bei Merlin, bitte lass ihn nicht das denken, was ich befürchtete.

"Du wirst der neue Kapitän."

Wieso konnte Merlin meine Gebete nicht ein einziges Mal erhören? "Ich?" Wie kam er auf die Idee, dass ich dafür geeignet wäre?

"Du! Ich kann es dir nicht versprechen, aber ich würde mit Dumbledore und Professor Snape sprechen. Ein bisschen Einfluss habe ich ja." Auf meinen skeptischen Blick hin fügte er rasch hinzu: "Du kannst es dir natürlich noch bis Ende des Jahres überlegen. Aber es wäre wirklich das Beste für unser Team. Auf dich hören sie und du bist in den letzten Jahren wirklich gut geworden. Bitte!"

Zögernd nickte ich. Wenn Flint einen lobte, war das schon selten genug und wenn er das Ganze noch mit einer Bitte verknüpfte, war er entweder auf den Kopf gefallen oder aber ihm war es wirklich wichtig.

"Super." Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen, dann gingen wir gemeinsam zurück zu den anderen, wo Adrian eine überaus lustige Geschichte über ein hüpfenden Frettchens erzählte. Das einzige nicht lachende Gesicht gehörte zu Draco, der missmutig seine Schuhspitzen musterte.

Selbst Flint grinste und es dauerte eine Weile, bis wir uns alle wieder beruhigt hatten. Der Wind hatte in der Zwischenzeit noch an Stärke gewonnen und fegte mir die Haare aus dem Gesicht. Ich fröstelte und schob mich näher an Adrian, der freundschaftlich einen Arm um mich legte und leise tadelnd raunte: "Wieso hast du dir auch keinen wärmeren Umhang angezogen?"

Dracos Blick wurde noch finsterer. "Würdest du uns jetzt einfach sagen, wieso du uns so spät abends hier hoch bestellt hast? Falls es dir entgangen ist – dieses Jahr finden keine Quidditchspiele statt", schnarrte er.

Gutgelaunt hob Flint den Zeigefinger und blickte in die Runde des versammelten Teams: "Was nicht heißt, dass wir nicht trainieren können. Wir können uns in aller Ruhe nach einem neuen Hüter umsehen und zwei neue Treiber bestimmen."

"Was ist mit dem neuen Kapitän? Weißt du schon, wer es wird?", warf Graham ein.

Flints Grinsen wurde wieder breiter. Noch ein bisschen mehr und er macht einem Grinseaffen Konkurrenz, dachte ich grimmig. "Wenn alles gut geht, ist es die kleine Miss Snape hier."

Adrian und Graham jubelten. "Du magst sie also doch, Markus", stieß Adrian triumphierend aus und klopfte mir etwas heftiger als nötig auf den Rücken. Und trotz meiner vorherigen Ablehnung, schlich sich auch auf mein Gesicht ein schüchternes Lächeln. Es wäre wunderbar, meine Mannschaft zum Sieg führen zu können.

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