Der Morgen verlief ereignislos. Verwandlung bei Professor McGonagall war anstrengend wie immer, Zaubertränke bei meinem Vater relativ langweilig und Kräuterkunde bei Professor Sprout sowieso.
Gerade verließ ich zusammen mit Noreen hinter Malfoy, Crabbe und Goyle die große Halle, als ich aufgehalten wurde. "Caitlyn."
"Was ist denn, Vater?", fragte ich den hakennasigen Zauberer.
Anstelle einer Antwort fauchte er Noreen an, die ebenfalls stehen geblieben war. "Sie können ruhigen Gewissens weiter gehen, Miss Smethwyck."
Kurz nickte ich ihr zu, ehe ich mich vollends zu meinem Vater umdrehte. "Wieso musst du eigentlich immer so knurrig sein? Sie hat so schon eine Heidenangst vor dir."
Ungerührt blickte er Noreen hinterher und zuckte mit den Schultern. "Gesunder Respekt ist nicht verkehrt. Du hast gleich Verteidigung gegen die dunklen Künste!?"
"Ja."
"Dann tue mir einen Gefallen - lege dich nicht mit Professor Lockhart an, okay?" Er ließ es wie eine Bitte klingen und doch war mir klar, dass es alles andere als das war.
Ich nickte ergeben. "Verstanden."
"Gut."
Ehe er sich vollends wegdrehen konnte, um in der großen Halle zu verschwinden, sagte ich: "Danke für Felyx."
"Welcher Felyx?" Mein Vater war stehen geblieben.
"Meine Eule."
Mein Vater lächelte unmerklich und leicht verlegen, bevor er sich wieder umdrehte und sagte: "Geh jetzt in den Unterricht, Caitlyn. Du hast nur noch zehn Minuten." Unhörbar seufzte ich. Er konnte seine Emotionen noch nie gut zeigen.
Das Erste, was ich beim Betreten des Innenhofs erblickte, war ein ziemlich verzweifelt dreinschauender Harry. Neben ihm stand Lockhart und vor ihnen stand ein Erstklässler, der wild mit seiner Kamera herumfuchtelte. Er schien ganz aus dem Häuschen, zwei so berühmte Personen vor seine Linse zu bekommen. Im Hintergrund standen Malfoy und seine Kumpanen, welche sich vor Lachen kaum auf den Beinen halten konnten. Noreen und Ron trugen ein leichtes Grinsen zur Schau und Hermine himmelte Lockhart einfach nur an.
Obwohl ich mich schwertat, versuchte ich ein ausdrucksloses Gesicht zu bewahren, als ich zuckersüß fragte: "Darf man wissen, was hier los ist?"
Sowohl Lockhart als auch Harry und die anderen, drehten sich überrascht um. Bei Noreens übel zugerichtetem Gesicht, biss ich die Zähne zusammen, wandte mich aber sofort wieder Lockhart zu.
"Ah, du musst das Mädchen aus der Buchhandlung sein. Die Freundin von meinem Freund Harry hier. Willst du eines Tages auch so berühmt werden? Ich kann dir gerne behilflich sein."
Bemüht freundlich antwortete ich: "Vielen Dank, Professor Lockhart. Aber ich ziehe es vor, im Hintergrund zu bleiben."
Lockhart schüttelte betont enttäuscht den Kopf: "So langsam frage ich mich, ob es so eine gute Idee war, nach Hogwarts zu kommen. Ihr Schüler versucht offenbar, mir nachzueifern."
Ruhig erwiderte ich: "Hier versucht keiner, Ihnen nachzueifern" 'So behindert ist keiner', auch wenn Hermine mich gerade zweifeln ließ.
"Ehrlich gesagt bezweifele ich das, Miss -?"
"Snape", erwiderte ich kühl.
"Nun Miss Snape, dann sind Sie die Tochter von Professor Snape. Ich wusste gar nicht, dass er eine hat." Nur mit Mühe konnte ich mir ein 'Sie wissen eben auch nicht alles' verkneifen. Daher begnügte ich mich damit, meine Hände zu Fäusten zu ballen. "Jedenfalls hat Ihr Auftritt bei Flourish & Blotts eine ganz andere Sprache gesprochen. Sie lechzen nach Aufmerksamkeit und suchen daher die Nähe zu dem jungen Mr. Potter, nicht verwerflich -" Lockhart lächelte fröhlich. "Nur sollten Sie überlegen, ob es Ihnen eine solche Art von Berühmtheit wert ist."
'Leg dich nicht mit ihm an.' Immer wieder wiederholte ich die Warnung meines Vaters. Wie ein Mantra, immer und immer wieder. Tief holte ich Luft, um mit ruhiger Stimme zu sagen: "Schön, dass ich jetzt ihre Sicht der Dinge kenne, Professor Lockhart. Ich muss ihnen nur leider sagen, dass ihre Auffassungsgabe nicht besonders hoch ist. Wir sehen uns dann gleich im Unterricht."
Ich warf meine rotbraunen Haare zurück und stapfte zurück ins Schloss, einen verwirrten Lockhart und lachende Schüler hinter mir lassend.
Weit kam ich nicht. Kurz bevor ich in Richtung des Klassenzimmers für Verteidigung gegen die dunklen Künste verschwinden konnte, wurde ich am Ärmel herumgezogen. "Warte doch mal, Cat. Ich habe dich die ganze Zeit gerufen, aber du hast mich ignoriert", beklagte sich Noreen gekränkt.
"Verzeih mir, Reen, aber ich war in Gedanken. Dieser Ar-" Abrupt bremste ich meine Tirade. Ich wollte jetzt nicht mit Schimpfwörtern um mich werfen. Erstens war ich nicht so erzogen worden und zweitens schaute Noreen mich mit vor Schreck geweiteten Augen an. Eilig bemühte ich mich um ein beruhigendes Lächeln. "Nimm es mir nicht übel, Reen. Ich war gerade nur irgendwie in Fahrt. Wieso bist du eigentlich so schreckhaft? Du kennst mich doch."
Noreens Miene verschloss sich umgehend. Wie immer, wenn ich sie auf etwas in der Art ansprach. Zu ihrem Glück blieb ihr jedoch eine Antwort erspart, da hinter uns ein vor Wut kochender Ron angelaufen kam. Hinter ihm Harry und Hermine.
"Ich wusste, dass dir nicht zu trauen ist!", brüllte Ron. "Ich wusste von Anfang an, dass etwas an eurer Freundschaft faul ist. Ich war nur zu blöd es zu erkennen. Und Lockhart hat es sofort gesehen!"
Mit gerunzelter Stirn ließ ich meinen Blick von Ron zu einer unschlüssig aussehenden Hermine und weiter zu einem entschuldigend dreinblickenden Harry wandern. Dann schaute ich wieder Ron an und streckte mich so gut es ging. Bei meiner Größe hatte das keine sonderlich große Wirkung. Er war weiterhin fast zwei Köpfe größer als ich. "Wie wäre es Ron, wenn du mir erst einmal erklären würdest, was dein angeblicher Geistesblitz war?"
"Du bist nur hinter Harrys Ruhm her!" Anklagend sah er mich an und zog seinen recht ramponiert wirkenden Zauberstab. "Gib es zu!"
Ich machte mir nicht einmal die Mühe, den meinen zu ziehen. Hermine stand einfach still neben Ron. Wenigstens Harry versuchte, ihn zurückzuhalten. "An deiner Stelle, Ronald, würde ich es lassen. Ich glaube nicht, dass dein Zauberstab so gut funktioniert. Wir sehen uns gleich im Klassenraum."
Als es zum Anfang der Stunde klingelte, saßen Noreen und ich schon im Klassenzimmer. Allmählich schneiten auch die anderen herein. Deutlich nahm ich die bohrenden Blicke von Ron wahr und die entschuldigenden von Harry, ich beschloss aber, sie zu ignorieren, da ich sehr wenig Lust auf Streit hatte.
Sobald alle saßen, räusperte sich Lockhart gewichtig und Stille trat ein. "Ich sehe, ihr habt alle ein komplettes Set meiner Bücher gekauft -" Kurz ließ er seinen Blick durch die Reihen schweifen und fuhr dann fort. "- sehr gut. Ich dachte wir starten heute mit einem kleinen Quiz. Nichts, wovor Ihr euch fürchten müsstet, nur eine kleine Überprüfung, wie gut ihr die Bücher gelesen habt."
Er verteilte den kleinen Test - der nur läppische drei Seiten lang war - und kehrte nach vorne an die Tafel zurück. Gut gelaunt verkündete er: "Ihr habt dreißig Minuten. Fangt an!"
Ich senkte meinen Blick hinunter auf mein Blatt Papier.
1: Was ist Gilderoy Lockharts Lieblingsfarbe?
2: Was ist Gilderoy Lockharts geheimer Wunsch?Bei Frage sechs hörte ich auf zu lesen. Diese Fragen drehten sich nur um eins: Den ach so wunderbaren Gilderoy Lockhart. Ich gab den Test unbeschrieben zurück, was mir einen angesäuerten Blick seinerseits einbrachte, aber es war mir egal. Sollte er doch denken, was er wollte.
Wieder vorne an der Tafel, begann er, die Testergebnisse durchzugehen. Und - oh Wunder - fast keiner konnte alle Fragen beantworten. Mit Ausnahme von Hermine. Ich hatte abgeschaltet. Mich interessierte der Unterricht bei ihm herzlich wenig. Meiner Meinung nach waren die neunzig Minuten bei ihm sowieso reine Zeitverschwendung. Worin mich der Nachfolgende Zwischenfall nur noch bestätigte, als er kleine blaue Wichtel, oder was auch immer das war, auf uns losließ. Der Haken an der Sache war leider, dass er sie nicht kontrollieren konnte. Und so floh ich pünktlich zum Klingeln zusammen mit den anderen Schülern aus dem Raum.
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Unknown Potter I - Secrets of the Past
FanfictionHarry Potter. Jeder kennt die Geschichte des Jungen. Jeder außer Caitlyn, die mit ihm zusammen nach Hogwarts kommt. Doch wieso hat sie von ihrem Vater nie etwas über den 'Jungen der lebt' gehört? Ihr Name ist Caitlyn Snape und sie ist auf der Suche...