3 | 24. Kapitel

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Irritiert sah Lupin den Verbrecher an, der immer noch vor mir stand. "Das ist Caitlyn. Caitlyn Snape. Wieso fragst du das, Sirius?"

Black ging nicht auf die Frage ein, sondern runzelte die Stirn. Wenn möglich wurde sein Blick noch intensiver. Spöttisch krächzte er: "Schniefelus' Tochter? Sie hat nicht die geringste Ähnlichkeit mit ihm. Außerdem bezweifele ich stark, dass sich jemand in diese übergroße Fledermaus verlieben könnte. Geschweige denn, sich von ihm ..." Wütend funkelte ich ihn an und richtete mich ein klein wenig auf. Ehe ich zu lautstarkem Protest ansetzten konnte, fuhr Black fort: "Um ehrlich zu sein, ihre Augen erinnern mich an jemanden. Die gleiche Entschlossenheit und die gleiche Sturheit."

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Professor Lupin, Harry und Hermine einige Schritte nähertraten, wobei die beiden Gryffindors drei Schritte Abstand von Black hielten. Lupin trat direkt neben Black und musterte mich ebenfalls. Langsam kam ich mir wirklich vor wie im Zoo: 'Hier exklusiv eine junge Hexe zu betrachten – Herkunft seit neuestem unbekannt.'

"Moony, das musst du doch auch sehen! Du hast sie das ganze Jahr unterrichtet." Als Black den Blick von mir abwandte, löste sich ein Großteil der Anspannung aus meinem Körper und ich sackte leicht in mich zusammen.

Unglaube spiegelte sich in den Augen des Lehrers. "Du meinst ... es ist unmöglich. Abgesehen davon würde nicht einmal Severus so eine Schandtat begehen."

"Was ist unmöglich? Was für eine Schandtat?", sprach Harry eben die Fragen aus, die auch mir auf der Seele brannten.

Doch weder Black noch Lupin machte Anstalten, ihm zu antworten. Stattdessen sagte Black eindringlich: "Wieso bist du dir da so sicher? Hat er in der Vergangenheit nicht häufig genug bewiesen, wie skrupellos er ist? Ich habe diese Augen nie vergessen, Remus. Sie ist es. Ich würde freiwillig zurück nach Askaban gehen und den Kuss des Dementors ertragen, wenn ich mich irre."

"Was ist mit dem Namen? Du weißt so gut wie ich, dass sie einen anderen trug." Lupin wirkte nachdenklich und rieb sich die Stirn.

Blacks Stimme klang entschlossen, als er ohne zu zögern antwortete: "Namen lassen sich ändern. Ganz abgesehen davon, dass es in dieser Situation nicht unklug wäre." Lupin schwieg.

"Jetzt reden Sie nicht um den heißen Brei herum. Was ist los? Wer bin ich?", meine Stimme klang wehleidig und beinahe bettelnd, doch das war mir gerade vollkommen egal. Ich wollte Antworten und vielleicht war dieser verwahrlost aussehende Verbrecher in der Lage, mir welche zu geben.

Zwar zögerte er, doch dann fing er an zu sprechen: "Caitlyn, wenn ich mich nicht sehr täusche, dann bist du -"

"Nein!" Lupins Stimme war scharf und er packte Black am Ärmel. "Selbst wenn sie es sein sollte, steht es uns nicht zu, ihr das alles zu erklären. Das ist Severus' Entscheidung."

Es war zum Haare ausreißen. Verzweifelt blickte ich zwischen den beiden Männern hin und her, doch zu meinem Leidwesen, schien Black bei Lupins nächsten Worten nachzugeben: "Du kannst ja gerne später persönlich mit ihm reden, aber vorher sollten wir deine Unschuld beweisen. Einverstanden?"

Grummelnd und überaus mürrisch ließ Black sich auf der Bettkante nieder und wieder fing Lupin an zu sprechen. Erneut hörte ich nur mit halben Ohr zu, wie er von ihrer Schulzeit und seinem Dasein als Werwolf berichtete. Ich war zu beschäftigt damit, Black böse Blicke zuzuwerfen. Wie konnte er mir erst kleine Häppchen zuwerfen und mich locken, um mich jetzt halb verhungert zurückzulassen?

So bemerkte ich auch nicht, dass sich die Korridortür einen Spalt geöffnet hatte und Lupin besorgt auf den Flur hinaussah, bevor er mit seinen Erzählungen fortfuhr. Hatte mein Vater nicht einmal etwas von Legilimentik erzählt? Die Kunst in den Geist eines anderen einzudringen und so eventuelle Lügen, Gedanken oder Gefühle seines Gegenübers herauszufinden. So schwer konnte das ja wohl nicht sein.

"So ist es", lenkte mich eine frostig klingende Stimme von meinen Versuchen in Blacks Gedanken einzudringen ab. Ich erkannte sie ohne Probleme. Sie gehörte meinem Vater, der sich jetzt den Tarnumhang vom Kopf zog und mit gezücktem Zauberstab in die Mitte des Zimmers trat.

Hermine schrie. Black sprang auf und ich sah meinen Vater nur stirnrunzelnd an. "Den habe ich unter der Peitschenden Weide gefunden", sagte er und warf den Umhang zur Seite. "Recht nützlich, Potter, ich danke ... zwei weitere Gefangene für Askaban heute Nacht. Bin gespannt, wie Dumbledore das alles aufnimmt ... war er doch vollkommen überzeugt von ihrer Unschuld, Lupin ... ich habe ihn wieder und wieder gewarnt."

"Sie Dummkopf", sagte Lupin leise. "Ist der Groll über einen Schülerstreich Grund genug, um einen Unschuldigen nach Askaban zu bringen?"

Einen Knall später schossen Seile aus der Spitze des Zauberstabs meines Vaters hervor und schlängelten sich um den Professor. Ohne mit der Wimper zu zucken, sprach mein Vater weiter: "Miss Granger, auf Sie wartet bereits der Schulverweis. Sie, Potter und Weasley, haben alle Regeln gebrochen und befinden sich in Gesellschaft eines verurteilten Mörders und eines Werwolfs. Und was dich angeht, Caitlyn, ich hätte nicht gedacht, dass du dich in so eine Situation hineinreiten würdest. Habe ich dich, wie ich dachte, doch besser erzogen."

Diese Worte von meinem Vater zu hören tat weh, vor allem, weil er recht hatte. Ich konnte nichts zu meiner Verteidigung vorbringen, umso überraschter war ich, als Black vortrat. "Interessant, dass gerade du, Schniefelus, über richtige und falsche Entscheidungen sprichst. Willst du deiner Tochter nicht vielleicht etwas beichten?"

Kurz schien es, als würde das Gesicht meines Vaters noch eine Spur bleicher werden, aber er fasste sich schnell wieder. "Sollte dies so sein, Black, würde ich dies garantiert nicht vor dir tun. Los, bewegt euch. Ich ziehe den Werwolf. Vielleicht haben die Dementoren auch noch ein kleines Küsschen für ihn übrig."

Mit wenigen Schritten durchquerte Harry den Raum und versperrte die Tür. "Professor Lupin hätte mich dieses Jahr schon mehrmals umbringen können. Ich war oft mit ihm allein, er gab mir Unterricht gegen die Dementoren. Wenn er Black helfen wollte, warum hat er mich nicht schon längst erledigt?"

"Woher soll ich wissen, was im Hirn eines Werwolfs vor sich geht?", zischte mein Vater. "Aus dem Weg, Potter."

"Sie sind jämmerlich! Nur weil Sie in der Schule zum Narren gehalten wurden, wollen Sie jetzt nicht mal zuhören!"

Mein Vater baute sich auf und ich erahnte das drohende Unheil. Nicht gut. Vorsichtig setzte ich mich auf und schob mich mit Rons Hilfe langsam vom Bett. Kaum standen meine Füße sicher auf dem Boden, sah ich Sternchen und taumelte leicht, hielt mich jedoch wacker auf den Beinen. "Vater, bitte. Du hast es gerade selbst gesagt, du hast mich gut erzogen. Und du hast mir auch beigebracht, meinen Instinkten zu vertrauen. Und gerade sagt mir mein Instinkt, dass sie recht haben. Bitte hör es dir wenigstens an." Dass ich nur mit halben Ohr zugehört hatte, musste ich ja an dieser Stelle nicht erwähnen.

"Über deinen fehlgeleiteten Instinkt werden wir uns noch unterhalten, junge Dame, später. Und jetzt Potter, geh mir aus dem Weg." Erneut richtete der Zauberer seine Waffe auf Harry. "Sofort."

Harry zögerte nicht und hob seinen Zauberstab. Sein Schockzauber flog auf meinen Vater zu, der ihn mit einer kurzen Bewegung seines Zauberstabs ablenkte. Das Letzte, was ich sah, war ein roter Lichtblitz, der mich geradewegs im Gesicht traf.

Unknown Potter I - Secrets of the PastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt