4 | 12. Kapitel

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Tatsächlich behielt ich recht. Zwar war das Festessen noch nicht beendet, allerdings war vom Nachtisch auch nur noch wenig übrig. Mein ausgehungerter Magen ließ ein empörtes Grummeln hören, als ich auf die bereits halb leeren Platten blickte und mich neben Draco auf die Bank quetschte. "Wo warst du denn so lange?", begrüßte er mich umgehend und schob mir ein Schälchen Mousse au Chocolat zu.

Ich machte mir nicht die Mühe, ihm eine Antwort zu geben, sondern tauchte meinen Löffel tief in den schaumigen Nachtisch und schob ihn mir gierig in den Mund. Wohlig seufzte ich auf. "Ich habe noch nie etwas derartig Himmlisches gegessen. Findest du nicht auch, dass sich die Hauselfen heute selbst übertroffen haben?"

Der blonde Slytherin bedachte mich mit einem höchst skeptischen Blick, welcher sehr deutlich machte, dass mein seltsames Verhalten auch ihm aufgefallen war. Glücklicherweise ging er jedoch nicht darauf ein und nickte stattdessen zu zwei fremden Jungen hin, die uns in purpurroten Umhängen gegenübersaßen. Zu meiner Schande musste ich gestehen, dass mir keiner der Beiden vorher aufgefallen war, da ich zu versessen darauf gewesen war, endlich etwas in den Magen zu bekommen. Und als ich nun den kleineren der beiden anschaute, wäre mir mein Löffel beinahe aus der Hand gefallen.

Mir gegenüber, mit dichten Augenbrauen und krummer Nase, saß Viktor Krum. Sucher der bulgarischen Nationalmannschaft. Ich war mit Sicherheit keines der Mädchen, welches total versessen auf ein Autogramm war und bei seinem Anblick mit der Ohnmacht sowie Sprachlosigkeit zu kämpfen hatte, doch genau den Eindruck machte ich wohl, wie ich ihn gerade anstarrte. Daher schluckte ich schnell den letzten Rest Essen hinunter, wartete nicht ab, dass Draco etwas sagte, sondern stellte mich selbst vor: "Hi, mein Name ist Caitlyn Snape. Draco scheint ihr ja schon kennengelernt zu haben."

Innerlich schlug ich mir mit der flachen Hand vor die Stirn. Wieso war ich nicht gleich noch aufgesprungen und hatte einen förmlichen Knicks gemacht? Wäre sicherlich gut angekommen.

Entgegen meiner Erwartung waren die beiden Durmstrangs aber eher amüsiert. "Hey, freut mich auch, dich kennenzulernen", sagte der Junge neben Krum und streckte mir seine Hand entgegen, die ich nach kurzem Zögern ergriff. Im Gegensatz zu Krum war er überaus attraktiv mit seinem dunklen Haar, welches ihm verwegen ins kantige Gesicht fiel. Noch dazu sprach er ein Englisch mit kaum hörbaren Akzent, einzig seine Stimme wollte nicht so recht in das perfekte Bild passen. Sie war viel zu hoch. "Ich bin Dimitri. Und unseren jungen Starspieler kennst du ja sicher. Abgesehen davon macht Karkaroff da, einen Mordsaufstand seinetwegen", sagte er und nickte zum Lehrertisch.

Ich folgte seinem Blick. Neben Dumbledores goldfarbenen Stuhl, standen links und rechts jeweils zwei weitere Stühle, auf denen zum einen eine riesenhafte Frau saß – möglicherweise die Schulleiterin vom Beauxbatons? - Ludo Bagman, ein Mann, welcher vermutlich Karkaroff war, und ein weiterer älterer Herr, den ich ebenfalls nicht kannte. "Wer ist der Mann neben Bagman?", fragte ich an Draco gewandt und machte mich schon auf einen spöttischen Kommentar gefasst, doch die Antwort kam unerwarteterweise von Krum.

"Das ist Barty Crouch. Er arbeitet im Ministerium. Mag ihn nicht sonderlich", knurrte er nicht gerade einladend, daher widmete ich meine Aufmerksamkeit lieber erneut meinem Pudding. Für heute hatte ich genug Stress mit meinem Vater gehabt, meine Energie für einen weiteren Streit war vollkommen aufgebraucht.

Gerade als ich den nächsten Löffel ins Schälchen tauchen wollte, verschwand der Rest meines Nachtischs. Frustriert stöhnte ich auf: "Wollen die uns hier eigentlich verhungern lassen?"

"Selbst schuld, wenn du zu spät zum Essen kommst, Cat!", flötete Noreen fröhlich und drehte sich wie alle anderen auch Richtung Lehrertisch.

Dumbledore war aufgestanden. "Der Augenblick ist gekommen", sagte der Schulleiter mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen. "Das Trimagische Turnier kann nun beginnen. Ich möchte einige erläuternde Worte sagen, bevor wir die Truhe hereinbringen, nur um das diesjährige Verfahren zu erklären. Doch jenen, die sie noch nicht kennen, möchte ich zunächst Mr. Bartemius Crouch vorstellen, Leiter der Abteilung für Internationale Magische Zusammenarbeit -"

Hier und da brandete Applaus auf, verklang allerdings schnell wieder. Meine Gedanken und mein Blick schweiften ab. Dies war nur ein weiteres Schuljahr und das Turnier eher ein Nebeneffekt, für welches ich mich nicht großartig interessierte.

Ganz im Gegenteil zum Rest der versammelten Schüler. Selbst die Lehrer schienen eine gespannte Erwartung zu hegen. Ganz besonders Moody, der auf seinen Stock gestützt dastand, schien nahezu an Dumbledores Lippen zu hängen. Er hatte die Augen zusammengekniffen und wandte sie nicht ein winziges Bisschen ab.

"Mr. Crouch und Mr. Bagman werden neben mir, Professor Karkaroff und Madame Maxime die Jury bilden, die über die Leistungen der Champions befindet." Mit einem Mal wurde es still in der Halle und ich war beinahe sicher, dass man jetzt eine Stecknadel hätte fallen hören können. "Wenn ich bitten darf, Mr. Filch, die Truhe."

Filch, seine Katze wie gewohnt um seine Beine streichend, trat mit einer großen, Juwelen besetzten Holztruhe aus einer der Ecken heraus und brachte sie zu Professor Dumbledore hinauf. "Die Aufgaben, welche die Champions dieses Jahr lösen müssen, wurden bereits geprüft und die notwendigen Vorbereitungen für diese Herausforderungen bereits alle getroffen. Wir haben drei Aufgaben über das ganze Schuljahr verteilt, die das Können der Champions auf unterschiedlichste Weise auf die Probe stellen ... ihr magisches Können – ihre Kühnheit – ihre Fähigkeit zum logischen Denken – und natürlich ihre Gewandtheit im Umgang mit Gefahren."

Bei seinen Worten schien die ganze Halle den Atem anzuhalten. "Wie ihr wisst, kämpfen im Turnier drei Champions gegeneinander. Von jeder teilnehmenden Schule einer. Wir werden benoten, wie gut sie die einzelnen Aufgaben lösen, und der Champion mit der höchsten Punktzahl nach drei Aufgaben gewinnt den Trimagischen Pokal. Ein unparteiischer Richter wird die Champions auswählen ... der Feuerkelch."

Dumbledore schlug dreimal mit seinem Zauberstab auf die Truhe, die sich daraufhin knarrend öffnete und den Blick auf einen grob geschnitzten Kelch preisgab. Er war bis zum Rand mit blau-weiß züngelnden Flammen gefüllt. Der Schulleiter schloss den Deckel und stellte den Kelch so darauf, dass ihn alle sehen konnten. "Jeder, der sich als Champion bewerben will, muss seinen Namen und seine Schule in klarer Schrift auf einen Pergamentzettel schreiben und ihn in den Kelch werfen. Wer mitmachen will, hat vierundzwanzig Stunden Zeit, um seinen Namen einzuwerfen. Morgen Nacht an Halloween, wird der Kelch die Namen jener drei offenbaren, die nach seinem Urteil die würdigsten Vertreter ihrer Schulen sind."

Wie schon beim Festessen zu Beginn des Schuljahrs, sprach er mit ernsten Worten erneut die Warnung zur Teilnahme aus, merkte an, dass es zudem eine Alterslinie geben würde und wünschte und zum Schluss noch eine gute Nacht.

Bänke wurden gerückt, Schüler fingen an sich in Richtung Ausgang zu bewegen und über allem lag ein aufgeregtes Stimmengemurmel. Wer würde sich bewerben? Wer würde es versuchen, obwohl er noch nicht siebzehn war? Und vor allem: Wer würde Champion werden? Mich würde es nicht wundern, wenn bis morgen Abend Wetten darauf abgeschlossen wurden.

"Kommst du, Caitlyn?"

"Natürlich." Zerstreut stand ich auf. Höchste Zeit, dass ich ins Bett kam. Das mit dem Gedanken leeren, würde ich wohl heute Abend sein lassen. Mein Vater würde es eh nicht herausfinden.

Gerade wollte ich meinen Freunden folgen, als ich aufgehalten wurde. "Cateleen?"

Überrascht und etwas verärgert angesichts der falschen Betonung drehte ich mich um, wobei ich einen kurzen Blick auf einen überaus verärgert aussehenden Draco erhaschte. Vor mir stand Dimitri, ein schiefes Lächeln auf den Lippen und griff nach meiner Hand. Betont langsam hob er sie an seine Lippen und hauchte einen Kuss darauf, während er mir fest in die Augen sah. "Ich wünsche dir eine gute Nacht."

Unknown Potter I - Secrets of the PastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt