Suchend drehte ich mich immer wieder um die eigene Achse, als ich vor dem Zauberstabladen ins helle Licht trat. Mein Vater wollte doch auf mich warten!? Was wenn ich ihn nicht finden würde? Hier in der Winkelgasse wäre ich aufgeschmissen ohne ihn.
Meine Sorge war allerdings glücklicherweise unbegründet. Direkt gegenüber von "Ollivander", vollkommen in die Auslagen eines kleinen Buchladens vertieft, stand er und bemerkte mich selbst dann nicht, als ich direkt hinter ihm stand. "Vater", sprach ich ihn an. Er reagierte nicht. Erst als ich eine Hand auf seinen Unterarm legte, blickte er auf.
"Du sollst dich nicht so an mich heranschleichen, bei Merlin, das habe ich dir inzwischen wirklich schon häufig genug gesagt", fuhr er mich harsch an und legte das Buch wieder an seinen angestammten Platz.
Ein wenig eingeschüchtert zog ich den Kopf ein, wobei mir mein offenes Haar wieder nach vorne über die Schulter rutschte. "Ja, Vater. Entschuldige bitte."
Kurz spürte ich noch seinen strengen Blick auf mir ruhen, dann seufzte er kaum hörbar. "Hast du deinen Zauberstab? Ich wollte nicht reinkommen, da du, wie ich gesehen habe, auch so schon den halben Laden auseinandergenommen hast."
Es war ein schwacher Versuch seine Worte von eben abzumildern und es half. Verlegen schaute ich auf meine Füße. "Ja, ich habe einen Zauberstab. Hasel und Drachenherzfaser." Um dieser unangenehmen Situation zu entkommen, fügte ich hinzu: "Können wir jetzt noch schnell zur Apotheke und zu Madam Malkin?"
Ein kleines Lächeln umspielte seine Mundwinkel. "Dann komm. Ich war schon in der Apotheke. Also nur noch ein Besuch bei Madam Malkin. Beeilen wir uns, umso schneller sind wir hier weg. Und, Caitlyn -"
"Ja?"
"Mach dir keine Gedanken, mir ging es bei meinem Besuch bei Ollivander nicht viel anders. Ich bin zusammen mit deiner Mutter zu ihm gegangen."
Gespannt blickte ich zu ihm hoch. Wollte er mir wir wirklich etwas über meine Mutter und seine Kindheit erzählen? Ehe ich genauer nachfragen konnte, schüttelte mein Vater den Kopf. "Das ist kein Thema, welches ich mit dir in aller Öffentlichkeit erläutern werde. Komm jetzt!", sagte er im gleichen Ton wie eben, der keinerlei Widerspruch zuließ.
Wenig später betraten wir Madam Malkins Laden. Sie war eine stämmige, freundlich lächelnde Hexe, die von Kopf bis Fuß malvenfarben gekleidet war, allerdings verging ihr das Lächeln, als hinter mir mein Vater die Tür schloss. Ich kam nicht umhin, mich wieder zu fragen, wie er so eine Wirkung auf andere Menschen haben konnte. Natürlich zeigte er nie seine Gefühle und war daher schwer einzuschätzen, aber trotzdem war dies keine Erklärung für die regelrechte Abscheu die manche scheinbar für ihn empfanden. Ich stand dabei immer so ein bisschen zwischen den Stühlen.
Die Hexe brauchte einen Moment um sich wieder zu fangen und wandte sich schließlich mir zu, mit einem sichtlich erzwungenen Lächeln im Gesicht. Kritisch musterte sie mich einmal von oben bis unten. "Hogwarts, meine Liebe? Habe alle Sachen hier. Komm mit."
Sie zog mich in den hinteren Teil des Ladens und stellte mich auf einen der Schemel. Ehe ich auch nur den kleinsten Finger rühren konnte, kam eine andere Hexe, streifte mir einen langen schwarzen Umhang über und fing an, ihn mit Nadeln auf der richtigen Länge abzustecken.
Nach kurzer Zeit ging die Tür erneut auf. Madam Malkin hastete nach vorne und kam mit einem blonden Jungen etwa in meinem Alter zurück. Ich kannte ihn nicht, doch mein Vater versteifte sich umgehend und war auf einmal sehr beschäftigt mit einer Sammlung verschiedener Schals in der Ecke. Seine offensichtliche Sorge war jedoch unbegründet, denn der Junge schien nicht zu wissen, wer er war. Er wurde auf dem Schemel direkt neben mir platziert. Augenblicklich begann Madam Malkin auch bei ihm einen Umhang abzustecken.
"Hallo", sagte der Junge. "Ebenfalls Hogwarts?
Vorsichtig lächelnd bejahte ich.
"Mein Vater ist nebenan und kauft Bücher, und Mutter ist ein paar Läden weiter und sucht nach Zauberstäben", fing der Junge mit schleppender Stimme an. Offenbar war er der Meinung, er müsse mir das unbedingt mitteilen.
Ich hatte das Gefühl, wenn ich ihn nicht ausbremste, würde das ein sehr langer Monolog werden. "Ist gut. Wie heißt du?"
"Mein Name ist Malfoy. Draco Malfoy." Er streckte mir die Hand entgegen. "Und du bist?"
Angesichts seiner gestochenen Ausdrucksweise musste ich mir ein Lachen verkneifen. Auch ohne den Namen 'Malfoy', wäre es offensichtlich gewesen, dass er aus altem Hause stammte. Ich schüttelte seine Hand. "Ich bin Caitlyn Snape."
"Snape", wiederholte er nachdenklich. "Du bist die Tochter von Severus Snape. Er ist Hauslehrer von Slytherin und der Lehrer für Zaubertränke, nicht wahr?"
Hilfesuchend blickte ich mich nach meinem Vater um. Dieser war aber leider nicht mehr mit dem Sortiment beschäftigt, stattdessen war er wie vom Erdboden verschluckt. "Ja", antwortete ich ausweichend. "Das ist er."
"Dann weißt du also schon, in welches Haus du kommst. Na ja, eigentlich weiß ich es auch. Schließlich war meine ganze Familie bisher in Slytherin. Stimmt es, dass er uns Slytherins bevorzugt?"
Mir fiel auf, dass er uns beide als Slytherins bezeichnete. Ich war mir nicht sicher, ob mir der Gedanke gefiel, mit ihm in eine Schublade gesteckt zu werden. Beim Gedanken daran, zukünftig mit ihm in eine Klasse zu gehen, schüttelte es mich. Was seine Frage anging - ehrlich gesagt wusste ich nicht, wie mein Vater unterrichtete. Daher zuckte ich nur mit den Schultern.
Malfoy setzte erneut eine blasierte Miene auf und mir wurde er von Minute zu Minute unsympathischer. Natürlich war mir der Name Malfoy bekannt. Daher kannte ich auch ihre Einstellung gegenüber Muggeln und Muggelstämmigen. Mein Vater hatte mich ohne diese Vorurteile großgezogen und obwohl ich kein sonderlicher Fan von solchen Menschen war, hatte ich keine Vorurteile ihnen gegenüber. Jedenfalls nicht, wie beispielsweise Malfoy sie hatte.
Ein peinliches Schweigen entstand, in dem ich seinen Blick auf mir spüren konnte. "Spielst du Quidditch?"
"Zwei oder drei Mal bisher", antwortete ich wortkarg. Um nicht allzu unhöflich zu wirken, fragte ich: "Was ist mit dir?"
"Hin und wieder. Mein Vater weigert sich bisher, mir einen Rennbesen zu kaufen. Ich versuche immer noch, ihn zu überreden." Wenig begeistert nickte ich. "Wie stehst du eigentlich zu Schlammblütern?", schnarrte er.
Im selben Moment nahm die Hexe, die bei mir den Umhang abgesteckt hatte, mir eben diesen wieder ab und bedeutete mir, sie in den vorderen Teil des Ladens zu begleiten, was mir glücklicherweise eine Antwort ersparte, welche sicherlich nicht höflich ausgefallen wäre. Wie gesagt, ich mochte die Malfoys nicht sonderlich.
"Nun denn, war nett dich kennen zu lernen", wandte ich mich, um einen guten Ton bemüht, noch einmal an Draco Malfoy. "Wir sehen uns dann sehr wahrscheinlich in Hogwarts."
"Die Freude liegt ganz auf meiner Seite ...", hörte ich ihn noch mit schleppender Stimme sagen, doch den Rest bekam ich nicht mehr mit, weil ich schon nach vorne gegangen war, wo auch mein Vater wartete.
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Unknown Potter I - Secrets of the Past
Hayran KurguHarry Potter. Jeder kennt die Geschichte des Jungen. Jeder außer Caitlyn, die mit ihm zusammen nach Hogwarts kommt. Doch wieso hat sie von ihrem Vater nie etwas über den 'Jungen der lebt' gehört? Ihr Name ist Caitlyn Snape und sie ist auf der Suche...