1 | 11. Kapitel

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Zehn Minuten vor Beginn des Zaubertrankunterrichts fanden wir uns in den Kerkern ein. Wir waren viel zu aufgeregt, um noch länger im Gemeinschaftsraum zu bleiben. Doch ich war froh, früher gekommen zu sein, denn Zaubertränke fand zusammen mit den Gryffindors statt. Vielleicht konnte ich jetzt endlich mit Harry und Ron sprechen.

Suchend ließ ich meinen Blick über die bereits versammelten Schüler schweifen, konnte aber weder Rons roten Haarschopf noch Harrys schwarzen entdecken. Dafür kam Neville gerade angestolpert. Der war ja so was von tollpatschig!

"Hey Neville!" Ich setzte eine freundliche Miene auf, auch wenn ich eigentlich nur genervt war. Jetzt lohnte sich endlich mal, dass ich meine Gesichtsmimik so gut im Griff hatte. "Wo sind denn Harry und Ron?"

Verschreckt schaute Neville erst mich, dann das Abzeichen auf meiner Brust an, welches mich als Slytherin auswies. Dann setzte er stotternd an: "D-die kommen s-s-sicher gleich."

Innerlich verdrehte ich die Augen, zwang mich jedoch zu einem Lächeln. "Danke, Neville!", sagte ich noch, bevor ich mich umwandte und mich wieder zu den anderen Slytherins gesellte.

Drei Minuten bevor es zur dritten Stunde läuten sollte, tauchten auch Harry und Ron auf. Sie wirkten abgehetzt und wenn ich raten müsste, würde ich sagen, sie hatten sich auf dem Weg hierher verlaufen.

"Harry! Ron!", rief ich, was mir einige neugierige Blicke einbrachte, doch leider nicht von den beiden Jungs. Ich stürmte vorwärts und berührte Harry am Oberarm. "Harry -", setzte ich an.

Doch Ron ging dazwischen. "Sag mal, hast du sie noch alle?" Ich musste wohl ziemlich verwirrt ausgesehen haben, denn Ron fügte ergänzend hinzu. "Du bist eine Slytherin!" 

Das sagte jetzt auch alles. Verwirrt blickte ich von Harry zu Ron und wieder zurück. "Und deswegen, darf ich nicht mehr mit euch sprechen?"

Leider dachte Ron gar nicht daran, auf meine Frage einzugehen. "Und du hast uns belogen."

Allmählich wurde ich sauer. "Wieso sollte ich euch belogen haben?"

"Du hast nie gesagt, dass Snape dein Vater ist! Du hast nie erwähnt, dass du quasi schon in Slytherin warst!" Anklagend sah Ron mich an.

Jetzt reichte es! Ich fuhr aus der Haut. "Ganz ehrlich, ihr hättet mich ja fragen können! Soll ich dir etwa gleich alles, jedes noch so kleine Geheimnis, was ich habe, sofort auf die Nase binden? Oder besser, soll ich dir auch noch bis ins kleinste Detail mein bisheriges Leben berichten und was mein erstes Wort war?" Die Slytherins hinter mir lachten. "Und ja, ich wusste, dass ich nach Slytherin kommen würde. Aber ich hätte echt nicht gedacht, dass ihr Leute nach ihren Häusern, und nicht nach ihrem Charakter beurteilt! Hast du da nicht auch was dazu zu sagen? Harry?"

Während die Worte aus mir herausgebrochen waren, umklammerte ich zwanghaft meine Halskette und funkelte Harry und Ron zornig an. Um uns herum war es totenstill geworden. Selbst die vereinzelten Lacher der Slytherins waren verstummt.

Diese Stille wurde erst unterbrochen, als mit lautem Scheppern die Kerkertür aufflog und mein Vater im Durchgang erschien. Sein Blick aus schwarzen Augen wanderte von einem zum anderen und verweilten schließlich auf uns Dreien, bevor er mit drohender Stimme sagte: "Herein, alle miteinander!"

Hastig schlüpften wir durch die geöffnete Tür in den Kerker und suchten uns Plätze. Wie nicht anders zu erwarten, existierte eine unsichtbare Grenze zwischen uns, wir Slytherins auf der linken Seite und die Gryffindors auf der rechten.

Die Klasse verstummte augenblicklich, als mein Vater nach vorne zur Tafel lief. Er begann damit, eine Namensliste mit unseren Namen laut vorzulesen. Schließlich, als mein Vater Harrys Namen vorlas, hielt er inne. "Ah, ja. Harry Potter. Unsere neue - Berühmtheit."

Draco Malfoy und seine Kumpels kicherten hinter vorgehaltener Hand und ich warf ihnen einen vernichtenden Blick zu. So was von unlustig. Professor Snape las die Namensliste weiter vor und es gelang ihm, auch bei meinem Namen keine Miene zu verziehen.

Unknown Potter I - Secrets of the PastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt