Kapitel 6

187 10 0
                                    


ADRIK

Und hier waren wir.

Nachdem wir rausgeschmissen wurden, weil wir unser Maul nicht halten konnten und Rose keine Lust mehr auf uns hatte... auf dem Weg zur Tube von der Baker Street und wir stritten immer noch. Diesmal nicht über die Szene aus dem Film, sondern über etwas komplett anderes.

Cher war rot angelaufen, so wie sie sich über mich aufgeregt hatte und ich wollte gar nicht wissen, wie zerzaust meine Haare vom Raufen waren, weil wir uns nicht einigen konnten. Eher wollten wir uns nicht einigen.

»Du hättest heute gar nicht erst nicht kommen sollen! Rose hätte es auch ohne deine Anwesenheit geschafft, nicht an Luc zu denken.«, schrie sie.

»Sorry, wenn mein bester Freund ein Arschloch ist und meine Schwester Aufmunterung braucht.«

»Das bekommt sie alles von mir! Sie braucht dich gar nicht. Alles was du machst ist Stress!«, sie fuhr sich über ihre blonden Locken. Am Ansatz konnte man sehen, dass ihre natürliche Haarfarbe herausgewachsen war. Sie war von Natur aus rothaarig und ich hatte noch nie verstanden, warum sie sich die Haare blondierte. Aber dies tat in diesem Moment nicht zur Sache.

»Ich mache also Stress? Hast du dich schon mal angesehen? Hast du jemals gemerkt, wie viel Stress du Rose bringst? Dass du sie lediglich dazu zwingst, so zu sein wie du? Rose hatte sich nie so dermaßen angestrengt, dass sie mehrere Tage nicht geschlafen und gegessen hatte, nur um einer der besten zu sein! Ich verstehe ja, dass du mehrere Komplexe hast, weil dein Vater vom Milch holen nicht zurückgekommen ist, aber gebe die nicht an Rose weiter, weil weiß du was–«, mein Kopf schnellte zur Seite, als sich ein allzu bekannter Schmerz breit machte und es dauerte nicht lange, bis ich realisierte, was ich gesagt habe.

Rose hatte mich gebeten, beinahe schon angebettelt, dass ich dieses Thema niemals in Chers Gegenwart und auch nicht einfach so erwähnte. Ich sollte eigentlich überhaupt nichts davon wissen. Ich hatte es nur einmal überhört, als Cher es erwähnt und darüber geweint hatte. Danach hatte ich Rose gefragt, um mehr über sie herauszufinden.

Cheryl reagierte also wirklich so dermaßen empfindlich, wenn man über sie im Bezug auf ihren Vater sprach. Ich dachte, Rose hätte es ein bisschen übertrieben, als ich sie gefragt hatte, aber sie schien untertrieben zu haben.

»Es... Cheryl–«, ich hielt mir meine Wange. Sie hatte wirklich hart zugeschlagen.

»Adrik, ich weiß wirklich nicht, was dein Problem mit mir ist, während ich die letzten sechs Jahre zivil mit dir war und eigentlich ist es mir auch sowas von scheiß-egal, aber-«, ihre Stimme brach, als sie in meine Augen sah.

»Ich schwöre dir bei Gott, weil er dir ja so wichtig ist,«, sie gab mir einen verachtenden Blick. »Wenn du mich noch einmal im Bezug auf meinen Vater erwähnst, sei es in meiner Gegenwart oder auch nicht und ich aber davon etwas mitbekomme... ich werde dafür sorgen, dass dein Schwanz so tief in deinem Arschloch steckt, dass er aus deinem Mund wieder herauskommt.«, sie war mir so nahe, ich konnte ihr Parfüm riechen.

»Und ich werde nicht mehr still sein und mir deine Beleidigungen über mich anhören, ich werde dir die gleichen Beleidigungen an den Kopf werfen und sicherstellen, dass keine einzige Krankenschwester im Mary's dich jemals mehr mit einem Fick-Mich-Bitte Blick ansehen wird.«

Sie drehte sich auf ihren Fersen um und bog um die Ecke. Cher war unberechenbar, so viel wusste ich über sie, dass ich mir sogar schon vorstellen konnte, dass sie ihre Drohungen in Wirklichkeit umsetzte.

Ich lief weiter, nur so, dass ich sie aufholen konnte. Plötzlich ließ Cheryl ein schrilles Schreien von sich.

Was ist jetzt passiert? Ich rannte schnell hinterher, bis ich sah, dass sie sich am Geländer der Treppen, die zu den Tubes führte, mit einer Hand festhielt und mit der Anderen ihren Knöchel.

»Was ist passiert?«, ich lief auf sie zu und blickte zu ihr hinunter.

»Fick dich Adrik.«, sie knickte um und ich bot ihr einen Arm, wo sie sich auch festhielt. Genervt und verletzt, mental und physisch stützte sie sich mit dem Rücken an die Wand und ließ mich dann los.

»Was ist passiert?«, fragte ich ein weiteres Mal.

»Was glaubst du ist passiert?«, sie deutete auf die Treppen, die vom Regen rutschig waren und auf die Anzeige, die anzeigte, dass unsere Bahn in einer Minute kam.

»Bist du gestolpert?«, dumm. Klar ist sie gestolpert.
Cher nickte.

»Kannst du auftreten?«
Cher setzte den Fuß ab und verlagerte ihr Gewicht.

»Nicht, ohne dass er schmerzt.«
»Kannst du ihn bewegen? Kreisen?«

Cher hob ihren Fuß wieder an und kreiste ihn.
»Ja, aber es tut weh.«

»Okay... ähm... ich begleite dich nach Hause. Hier, stützt dich ab und spann deine Eierstöcke an. Mich anschreien kannst du morgen früh.«, ich hätte es beinahe nicht geglaubt, als Cher ein kleines Kichern von sich gab.

»Ich kann nur meinen Pelvis anspannen, nicht meine Eierstöcke.«, meinte sie genervt, die Stimme mit Schmerz erfüllt, als sie sich bei mir stützte und ihr in den Bus half.

Wir zeigten unsere Fahrkarten vor und ich beförderte Cher in den nächsten Sitzplatz, der nicht besetzt war. Die Fahrt verblieb in einem unangenehmen Schweigen, bis wir in Euston ausstiegen.

»Du musst mich wirklich nicht nach Hause begleiten.«, sie seufzte, als sie versuchte, mit dem Fuß aufzutreten.

»Aber dann zusehen, wie du nicht laufen kannst und humpelst?«, ich stützte sie weiter und ließ sie nicht los, bis wir vor ihrer Haustür waren.

»Danke.«, krächzte Cheryl.

Ich starrte sie an, sie starrte mich an, wir sagten nichts. Ich wusste nicht, wie lange wir hier standen und wie komisch es war, dass wir uns anstarrten, aber ich wollte mich nicht aus meiner Starre lösen.

»Fick dich.«, sagte Cher auf einmal.
Ich grinste. Hier waren wir wieder.

»Gerne doch.«, und ich drehte mich um und lief davon, wissend, dass ihr fassungsloser Blick mir in den Rücken bohrte.

Never Hated You MoreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt