Kapitel 9

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CHERYL

"Hallo Mrs. Nguyen-Newbury.", ich hielt ihr meine rechte Hand aus.

Sie war in ihren Anfang 30., was ich definitiv nicht geschätzt haben konnte, denn sie sah aus, als hätte sie erst die Highschool abgeschlossen.

Ihre pechschwarzen Haare waren in einem chaotischen Knäuel auf ihrem Kopf zusammengebunden, als sie sich einige Strähnen, die vom Schweiß nass waren, von ihren Wangen strich und ihre gebräunte Haut, die nun von den Schmerzen blass war, zum Vorschein kam.
Sie war aus Asiatischer Abstammung, durch den Nachnamen Nguyen, aus Vietnam.

"Mein Name ist Cheryl Kenney, ich bin bei Dr. Jameson auf Station und gleich werden wir beide zusammen Ihr Kind auf die Welt bringen.", sagte ich so schnell und locker, mit einem breiten Lächeln auf meinem Gesicht, dass Mrs. Nguyen begann zu lachen.

Zwar erschöpft, aber es war mein Plan, sie abzulenken, bevor sie bemerkte, dass die Schmerzmittel abgestellt wurden.

"Bitte nennen Sie mich Anne, Frau Doktor. Schön, Sie kennenzulernen.", sie schüttelte meine Hand und ich nickte ihr aufmunternd zu, bevor ich mich ihrem Mann wandte.

"Und Sie müssten der Mann sein, Mr. Newbury. Schön, Sie kennenzulernen.", ich schüttelte auch seine Hand, während ich ihn unauffällig von Kopf bis Fuß abchecke.

Er sah gefährlich aus und ich konnte mir vorstellen, dass wenn etwas Unangenehmes passierte, er Amok laufen würde. Durch sein Hemd konnte man Tattoos erkennen, die an seinem Oberkörper, Armen und Händen hoch zu seinem Hals wirbelten.

Mr. Newbury hatte einen starken Cockney Akzent, als er mich mit einem kühlen "Guten Abend" begrüßte.

Beinahe hätte ich gesagt, er sehe attraktiv aus.
Scheiß drauf, er war sehr attraktiv.

Wahrscheinlich war er einer dieser Männer, die das größte Arschloch zu allen anderen Menschen waren, aber für diese eine Frau in ihren Leben eine weiche Stelle hatte, denn er sah Anne an, als sei sie das Schönste, das es auf der Welt gab.

Gäbe es bloß jemanden, der das über uns dachte...

Pscht!

"AAAAH!"

Yup, das Schmerzmittel wurde abgestellt.

"Gut, dass lassen Sie mich mal sehen, wie weit wir sind.", ich griff zum Regal hinter mir und zog ein Paar Handschuhe aus der Schachtel, die dort bereit lag, und zog sie mir schnell an, bevor ich mich auf den Hocker neben dem Bett setzte.

Ich schob mich mit meinen Beinen zum Ende des Gebährstuhls, wo ich mit einer Lampe auf Annes Körper, der unter einer Decke versteckt war.

"Das sieht sehr gut aus, Anne. Sie sind jeden Moment bereit zu pressen.", ich maß den Muttermund noch einmal, bevor ich ihr einen Daumen hoch gab.

"Jetzt schon?", Anne sah mich schockiert an. "Letztes Mal saßen wir hier zweieinhalb Tage."

Ich schmunzelte. "Jetzt oder nie."

Hinter mir bewegte sich eine Krankenschwester, ich glaubte ihr Name war Janet zu Anne und hielt sie an beiden Schultern. Von ihrer anderen Seite klammerte sich Anne an ihren Mann und drückte fest an seinen Händen.

Mr. Newbury spannte seine Kieferknochen an und hielt fest an seiner Frau, sodass seine Knöchel weiß auf seiner Hand erschienen.

"Atmen, Darling.", rief ich ihr zu, als sie mit schmerzverzerrtem Gesicht ihre Bauchmuskeln anspannte. Neben ihr checkte Janet die Herzwerte des Babys und flüsterte ihr beruhigende, dennoch motivierende Worte zu.

"Pressen!!", ich stützte Annes Damm, versuchte ihre Schreie nicht zu beachten, baute eine Mauer in meinem Kopf auf, als ich mich auf den Kopf des Babys konzentrierte, der jeden Moment rauskommen sollte.

"Ich kann nicht mehr.", stieß Anne erschöpft hervor.

"Das ist okay. Beruhigen Sie sich, atmen Sie ein und aus, es ist alles okay.", ich legte eine Hand auf ihr Bein, um sie zu beruhigen.

Sie atmete mehrmals tief ein und aus, bevor sie plötzlich anfing, ihrem Mann tausende Beleidigungen an den Kopf zu werfen, während sie weiterhin presste.

"Ich schwöre dir, James. Wenn du noch einmal auf die Idee kommst, deinen übergroßen gepiercten Schwanz in mich zu stecken, dann reiße ich dir das Piercing raus und quetsche damit die Blutzufuhr des gesamten Dinges ab."

Ich spannte - ohne Scheiß - meine Eierstöcke an, um nicht in den größten Lachflash auszubrechen, nicht wegen der Information, die ich nicht hören wollte, sondern, als ich Mr. Newburys erschrockenes Gesicht sah.

"Nicht schon wieder.", hatte er unter einem Atemzug gemurmelt.

Dies war eine der lustigen Seiten, eine Gyn zu sein. Man konnte Frauen dabei zuhören, wie sie ihre Männer beleidigten und es war besser als eine Sitcom zu schauen.

Anne war noch nicht fertig, denn sie begann, auf Vietnamesisch zu schimpfen.

"Anh là một thằng chó đẻ, thằng mặt lồn, một đồ khốn nạn. Anh nghe không? Anh là đồ khốn nạn!"

Ich hatte absolut keine Ahnung, was sie sagte.

Ein Satz klang nach einer Beleidigung, der andere nach einer Frage, der letzte wieder nach der gleichen Beleidigung.

Dafür, dass sie so klein und zierlich von Außen aussah, hatte sie mehr in sich, als ich jemals dachte.

"Ich weiß mein Darling, ich bin der größte Hund der Welt.", Mr. Newbury, aber, der anscheinend alles verstand, was Anne sagte, sah sie nur mitleidig an und ließ alle ihre Beleidigungen über sich ergehen.

"Ich schwöre dir, bei allem was dir heilig ist, nach dieser Geburt, du holst dir eine Vasektomie und dann kannst du dich erstmal auf 100 Jahre kein Sex mehr einstellen!"

Ich biss meine Zähne zusammen, als ich hörte, wie Janet, Mariah und Dr. Jameson sich hinter mir vor Lachen kullerten, denn der Kopf des Babys war bereits draußen.

"Noch einmal Pressen, Anne. Dann hast du's geschafft.", ich stützte den Kopf und den Hals, als Anne presste.

"ICH HASSE DICH JAMES!", alles passierte ganz schnell und dann war das Mädchen schon draußen. Sogar die Plazenta war mit nach draußen gepresst worden.

Ich legte das zierliche kleine Ding zu Anne auf die Brust, die nun damit beschäftigt war, sich bei ihrem Mann zu entschuldigen, nachdem die Nabelschnur abgeschnitten wurde, und hielt meine Tränen zurück.

Dein Make Up war teuer. Kannst, wenn du im Bett bist, emotional werden. Redete ich mir ein.

Die Krankenschwestern übernahmen von da an und jetzt merkte ich erst, wie angespannt ich war, als ich schwer atmend meine Schultern senkte.

"Das haben Sie sehr gut gemacht.", eine Hand wurde auf meine Schulter gelegt und ich drehte mich zu Dr. Jameson, die mich stolz anblickte.

"Danke.", ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, als ich meine Handschuhe abstreifte und sie entsorgte.

Bevor ich ging, um den Bericht zu schreiben, verabschiedete ich mich noch bei den frischgebackenen Eltern, die von einem Ohr zum anderen strahlten.

"Danke, Frau Doktor.", strahlte Anne, die nun ihr Baby stillte, und auch auf Mr. Newburys Gesicht befand sich ein Lächeln.

"Darf ich fragen, wie sie heißt?", ich holte einen Stift aus meiner Jackentasche und einen Zettel aus der anderen.

"Carmen Mai Newbury.", sagte Anne.

"Carmen für die englische, Mai für die vietnamesische Verwandtschaft.", erklärte Mr. Newbury dann.

Auch ich strahlte. "Das ist ein wunderschöner Name, Mr. und Mrs. Newbury.", ich schrieb den Namen auf, plus das Gewicht, die Länge des Babys und die Uhrzeit, in der es geboren wurde.

"Ich sehe Sie, Anne, in fünf Tagen wieder zur Untersuchung, bis dahin, ruhen Sie sich beide gut aus."

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