Kapitel 10

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CHERYL

"Mamma?", ich hielt mein Handy an mein Ohr.

"Cheryl, Schatz. Ich komme in 20 Minuten mit dem Auto vorbei, zieh dir was hübsches an. Wir haben ein Brunch-Date mit deinem Vater.", und schon legte sie auf.

Okay? Was ist gerade passiert?

Ich ließ mein Handy auf das Sofa fallen, als ich es ungläubig anschaute. Ich analysierte, was meine Mutter gerade gesagt hatte.

Wir haben ein Brunch-Date mit deinem Vater.

Nach 16 Jahren meldete sich also mein Arschloch von Vater wieder, der mich lieber sterben, als wachsen sehen wollte, und wir würden auf ein Brunch-Date mit ihm gehen?

Schnell nahm ich mein Handy wieder und wählte die Nummer meiner Mutter. Sie ging nicht ran. Ich nahm an, sie war bereits in ihr Auto gestiegen und losgefahren.

Dabei hatte ich noch so viele Fragen, ich würde sie einfach im Auto fragen.

Ich machte mich also fertig, hoffte, dass meine Mutter vorsichtig fuhr, und stand dann 20 Minuten später vor den Studentenwohnungen am Eingang.

Der weiße VW Polo hielt vor mir und ich winkte meiner Mutter zu, bevor ich zur Beifahrerseite rannte, damit Mamma nicht noch parken musste.

"Hallo!!", ich beugte mich über, um sie zu umarmen, als sie einen Arm nach mir ausstreckte.

"Wie geht's dir mein Schatz? Ach du meine Güte, bist du mager geworden! Cheryl, hast du nichts gegessen?!", sie ließ ihren Blick auf und ab wandern.

Okay, ganz ruhig. Du musst nicht erwähnen, dass du dich die letzte Woche nur von Cookies, Nudeln, Salat-Bowls und belegten Bagels ernährt hast. Und sie muss auch nicht wissen, dass das Brunch-Date heute und Weihnachten die einzigen Male für den Rest dieses Jahres sein werden, dass du dieses Jahr noch Vernünftiges zu Essen bekommst.

"Nein, ich esse die ganze Zeit!"

Mamma kniff meine Wangen.

"Naja, immerhin wird mit deinem Gesicht keiner merken, ob hungerst oder nicht.", meinte sie. Sie sprach über meine Wangen, die relativ dick waren und ich somit keine ausgedehnte Jawline haben konnte.

"Wie geht's deinem Fuß?", sie fuhr aus der Einbahnstraße auf die Hauptstraße, bevor sie die Autobahn in Richtung Kensington nahm.

"Gut, ich war neulich bei einer Orthopädin und sie meinte, ich müsste noch zwei Wochen schonen und dann könnte ich wieder tanzen.", sagte ich. "Und du? Wie läufts zu Hause, wie geht's Sean?"

Sean und meine Mutter hatten sich vor fünfzehn Jahren durch ihren neuen Job getroffen und waren seit ungefähr 10 Jahren verheiratet. Mama war glücklich und Sean und ich verstanden uns auch gut. Sean hatte mehr Zeit mit mir an einem Tag verbracht, als mein Vater es in einem Jahr getan hätte.

"Och, wir haben's jetzt nur mit den Gelenken. Cher, weißt du, was man da machen kann? Weil die Seestern-Stellung wird etwas langweilig."

Ich wünschte, ich hätte es nicht gehört. Als ich meinen Kopf verdrehte, da meine Wangen nun rot wie eine Tomate waren, lachte Mamma nur.

"Du musst dich vor gar nichts schämen, wenn du schon mit dem Hauptfach Geburtshilfe und Perinatalmedizin in die Gynäkologie einsteigst.", das 'Geburtshilfe und Perinatalmedizin' äffte sie nach meiner Stimme. "Und ganz ehrlich, ich müsste auch unbedingt wieder abgecheckt werden."

"Mamma!"

Meine Mutter hatte einen beschissenen Sinn für Humor.

Den Rest der Fahrt verbrachten wir den neusten Tratsch bei sich bei der Arbeit und bei mir auf der Arbeit. Wir kamen im Harrods Café an und wurden sofort zu einem Tisch geleitet, wo mein Vater bereits auf uns wartete.

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