Kapitel 32

124 10 0
                                    


CHERYL

Meine Mutter wusste sofort, dass irgendetwas nicht stimmte, als ich zu Hause ankam. Erst recht, nachdem ich im Lambchop Steak herumgestochert hatte, als wäre er nicht gut gemacht worden.

"Cheryl, was ist los?", sie gab mir ein Glas mit dampfenden grünen Tee, als sie sich neben mich auf das Sofa setzte. Ich seufzte und legte Crown Of Midnight von Sarah J. Maas beiseite und nahm die Tasse an.

"Ich habe da jemanden kennengelernt.", fing ich an. "Naja... ich habe ihn vor sechs Jahren kennengelernt."

"Oh, so lange schon? Ist er denn vernünftig? Was macht er beruflich? Seine Eltern? Wo wohnt er?", Momma runzelte die Stirn.

"Ja, sehr vernünftig... wenn es um sei Alter geht. Er ist Chirurg im St. Mary's, seine Eltern besitzen eine Bank und er wohnt in Paddington.", antwortete ich.

Momma sah mich beeindruckt an. "Die Eltern besitzen eine Bank? Und es hat dich sechs Jahre gebraucht? Das scheint gar nicht nach dir."

"Naja... es hat mehr Überwindung gebraucht, mit ihm in einen Radius von zehn Metern zu kommen, als ihm ein Skalpell in die Kehle zu werfen.", meinte ich und trank von meinem Tee.

"Oh je, ihr mögt euch nicht und jetzt hast du dich umentschieden?", meine Mutter lehnte sich gegen das andere Ende des Sofas und nahm ihre Beine hoch, sodass sie mir gegenüber im Schneidersitz saß.

"Wir haben uns beide irgendwie umentschieden.", ich irgendeinen Rhythmus auf der Tasse mit meinen Nägeln. "An Silvester war er mein erster Kuss gewesen...", es war mir so unangenehm es meiner Mutter zu erzählen, vor allem, weil sie Adrik bereits kannte und wusste, dass wir uns nicht besonders mochten.

"Was ist danach passiert?"

"Wir haben uns auf ein No Strings Attached eingelassen."
"Was ist ein No Strings Attached?", ich war erleichtert, als meine Mutter nicht wusste, was meine Generation sich für Sachen einfallen ließ, um mit sexueller Frustration klarzukommen.

"Ein Sex-Dings, ohne in einer Beziehung zu sein." ich zog meine Lippen zwischen meine Zähne und wartete auf die Standpauke, die jeden Moment kommen würde. "Freunde, die Sex miteinander haben.", erklärte ich.

"Heißt das, dass du mit Männern rumhängst? Mit verschiedenen Männern, mit denen du keine Beziehung hast?", meine Mutter war entsetzt.

"Nein, Momma, ich bin doch keine Hure!", versuche ich mich zu retten. "Ich habe mit niemandem außer ihm geschlafen– ich war nur mit Adrik–", ich schlug mir die Hand vor den Mund.

"Du treibst dich mit dem ältesten Sohn der Haynes' rum?! Bist du verrückt? Ich dachte, ihr mögt euch nicht!!", Momma schien entsetzt und verwirrt, beides gleichzeitig zu sein.

"Mit wem treibt sie sich rum?", Sean kam um die Ecke gebogen und streckte den Kopf ins Wohnzimmer.
"Mit Adrik.", gab ich zu.

"Adrik? Ich dachte, ihr mögt euch nicht. Das musst du mir jetzt aber erklären.", er kam auch ins Wohnzimmer und setzte sich in den Sessel, dem Sofa, gegenüber.

"Adrik und ich hatten etwas am laufen, die Regel war, nur Sex, keine Gefühle und ich habe mich verliebt und vorgestern war ich mit Rose feiern und er war zufällig im selben Club, allerdings mit einer Kollegin von ihm aus dem Krankenhaus, die mich nicht besonders mag und ich sie auch nicht und die haben dort, vor meinen Augen rumgemacht. Dann bin ich abgeflogen und heute, als ich nach dem Einkaufen zum Auto gehen wollte, war er auf einmal da und meinte zu mir, dass er mit mir zusammen sein wollte.", ich machte eine Luftpause und trank den Rest meines Tees nach dem Motto 'Bottoms Up' in einem Schluck. Meine Kehle brannte, aber dafür konnte ich jetzt Alkohol trinken, ohne etwas zu spüren.

"Du hast mit dem großen Bruder deiner besten Freundin Sex gehabt... weißt sie davon?", Sean schien durchblicken zu können und verschränkte seine Arme vor seiner Brust.
Ich nickte. "Ich hab's ihr nach dem Feiern gebeichtet, als ich bei ihr zu Hause zusammengebrochen war und angefangen habe zu heulen. Jetzt ist er auf einmal hier."

"Wo genau war er?"

"Vor drei Stunden. Ich war bei Tesco und dann stand er auf einmal am Eingang und redete mit mir.", ich umklammerte die leere Tasse, dass meine Knöchel weiß schienen.

"Er hatte sich anfangs bei mir entschuldigen wollen und dann hab ich ihm einfach gesagt, dass solange er seinen Mangel an Selbstliebe-Problem nicht gelöst hat, es da nichts von meiner Seite geben würde."

"Was für ein genaues Problem hat er denn?"

"Das weiß ich nicht genau. Ich kenne ihn nicht gut genug, um das zu wissen. Eigentlich kenne ich ihn gar nicht. Ich kenne nur das Arschloch, das mich sechs Jahre lang fertig gemacht hat, bis zu dem Zeitpunkt, wo wir uns dazu entschieden hatten, Waffenstillstand einzuführen, Rose zur Liebe und dann ging das mit... ihr wisst schon."

"Wie kommt es dann, dass er hier ist? Vielleicht will er einfach nur, dass du ihm zuhörst, weil vielleicht er nie den Grund gefunden hat, mit dir zu reden, aber jetzt, wo er weißt, wer du bist, will er es schon?"

"Ich weiß nicht, er meinte, er sei hier für mich, aber er hat nicht darauf geantwortet, ob er hier für meinen Körper ist oder für das Reden mit mir."

"Cheryl, wenn er einen Flug hierhin kauft, um dich zu überraschen und - oder mit dir zu reden, denke ich nicht, er ist hier für deinen Körper.", sagte meine Mutter dann.

"Aber was ist, wenn er nur spielt?"

"Ich denke nicht, dass er nur mit dir spielt. Wir kennen dich gut genug und wir wissen, dass du sofort Leuten aus dem Weg gehst, wenn du den Verdacht hast, sie spielen nur mit dir. Bei Adrik hast du doch das gleiche gemacht, oder? Sonst würde er nicht mit dir schlafen."

Momma hatte recht.

Ich machte immer sofort einen großen Bogen um Leute herum, die nur spielen wollten und nicht wissen, was Commitment bedeutet. Leute, die nicht vernünftig und reif genug waren, um sich wie Erwachsene zu verhalten, hatten in meinem Leben nichts zu suchen. Ich hatte keine Lust, mit einem Kind in weder befreundet noch in einer Beziehung zu sein, nur um wie seine Mutter ihm hinterherrennen zu müssen, weil er vergessen hatte, seinen Mund nach dem Schokoladenpudding abzuwischen. Diese Regel galt sowohl für Frauen als auch Männer, und dies war schon so, seitdem ich ein Teenager war.

"Was soll ich denn machen? Er denkt, er verdient meine Liebe nicht, wie kitschig das auch immer sein mag, aber er will auch nichts dagegen machen."

"Hast du ihm sich erklären lassen, bevor du weggerannt bist?", Sean hob eine Augenbraue.

"Ja, ich habe ihm sogar ein Ultimatum gegeben, dass solange er sein Problem nicht löst, nichts von meiner Seite kommen würde.", wiederholte ich.

"Da können wir nichts machen–", es klingelte an der Haustür.

"Ich gehe schon.", Sean stand auf und ging.
"Wie gesagt, Cher, wir können da nichts machen.", meine Mutter legte einen Arm um mich und zog mich in eine Umarmung.

"Ich würde dir einfach raten, dass du noch einmal mit ihm sprichst und wenn du dann immer noch das Gefühl hast, es löst sich nicht, ober er öffnet sich dir nicht, auch wenn er irgendwas mit dir anfangen will, dann meinetwegen ramme ihm ein Skalpell in die Kehle. Aber rede mit ihm, renne nicht weg. Wer weiß, vielleicht steht er morgen vor unserer Haustür. Unsere Familie wäre das Gespräch des ganzen Dorfes bis zum Sommer."

"Ein Paket für Cheryl Kenney!", rief Sean vom Flur.

"Was??", es war nicht offiziell, dass ich hier wohnte. Meine Adresse war immer noch Campbell House.

"Von A. M. Haynes.", Sean kam herein, in seinen Händen hielt er eine kleine blaue Box, die als Geschenk verpackt war. Sean gab mir das Paket, als ich mir den Absender nochmal ansah.

"A. M. Haynes?", ich verdrehte die Augen. Adrik Michael Haynes.

Warum würde er mir jetzt auf einmal Pakete schicken? Woher wusste er, wo ich wohnte? War er mir bis nach Hause gefolgt?

Ich hatte so viele Fragen, aber meine Neugier brachte mich dazu, die Box zu öffnen.

Die Luft entwich meinen Lungen, als ich sah, dass der Inhalt signierte Taylor Swift Alben - Fearless, Speak Now, Red und 1989 - und zwei Tickets für die nächste Tour waren.

Was diese ihn gekostet haben?

Never Hated You MoreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt