Annalena
Der Tag war eigentlich jetzt schon gelaufen. Ich schleppte mich einfach ins Bett zurück und kuschelte mich unter die Decke. Ich würde jetzt den ganzen Tag hier liegen bleiben und hoffen, dass die folgenden 24 Stunden schnell vergingen.
Da ich die Stille allerdings nicht lange ertrug, tastete ich nach meinem Handy und ließ Spotify öffnen. Vielleicht half Musik ja.
Doch Spotify hatte da eigene Pläne. Bereits beim ersten Song konnte ich die Tränen nicht zurückhalten. Ich wusste gar nicht, dass dieses Lied in meiner Playlist war.
„Ich wollte doch nur glücklich sein." - Ja, das wollte ich. Und eigentlich war ich es auch.
„Ich hab dich geliebt bis auf die Knochen, aber jetzt muss ich mich erstmal reparieren. Wohin soll ich gehen? Was soll ich machen? Hauptsache weg von dir." - Vielleicht war es richtiger so.
„Meine Freunde wollen dich nicht. Sie sagen mir: ‚Komm lass es einfach sein, hau ab.' Ana, bitte lass mich los. Du machst mich kaputt."
Obwohl es nicht Wincents Stimme war, gingen mir die Worte nicht mehr aus dem Kopf und ich bekam gar nicht mit, welcher Song als nächstes kam. Ana, bitte lass mich los. Mein Kopf wiederholte es auf Dauerschleife und ich fing noch mehr an zu weinen.
Obwohl ich es nicht wollte, kreisten meine Gedanken darum, ob Wincent nicht ohne mich besser dran wäre. Er war ein Star, der seinen Fans so extrem viel bedeutete. Den meisten zumindest. Ich wollte nicht dazwischenfunken. Er sollte sich nicht zwischen mir und seinen Fans entscheiden müssen. Doch genau das würde er tun, wenn wir weiterhin zusammen bleiben. Immerhin konnte es Jahre dauern, bis Marta verschwunden war.
Allerdings würde ich eine Trennung von Wincent gar nicht überleben. Das war doch alles Scheiße.Wincent
Nach einem aufwühlenden Telefonat mit Amelie, brauchte ich erstmal noch einen Kaffee. Ich liebte meine Fans, aber manchmal ging es echt zu weit. Glücklicherweise gab es keine neuen Fotos, aber dafür Anschuldigungen gegen Anna, die mir fast das Herz brachen. Wie konnten Menschen so sein? Vor allem Menschen, denen ich angeblich wichtig war. Was ging in deren Köpfen eigentlich ab? Woher nahmen sie sich diese Freiheit, einfach über unbekannte Menschen zu urteilen?
Anna war doch kein Unmensch. Sie war die Frau, die mich einfach nur glücklich machte. Wieso sah das niemand? Warum wurde sie direkt angegriffen? Und vor allem: Woher wussten sie, dass Anna hier war?
So langsam bekam ich Angst um Anna und um mich. Ich war es fast gewohnt, kaum Privatsphäre zu haben, doch langsam ging das zu weit. Ich war zum ersten Mal froh, dass Anna nicht lesen konnte, was ihr vorgeworfen wurde.
Apropos. Wo war Anna? Normalerweise war sie doch schon wach.
Ich ging leise Richtung Treppe und Fritz folgte mir. Er wollte vorhin unbedingt mit nach unten, als Amelie mich anrief.
„Komm, wir gehen mal dein Frauchen wecken", sagte ich an ihn gewandt und schwanzwedelnd lief er neben mir die Treppe hoch.
Leise öffnete ich die Tür zum Schlafzimmer und bekam sofort ein schlechtes Gewissen, dass ich nicht früher nach Anna gesehen habe. Mit total verweintem Gesicht lag sie auf meiner Bettseite unter die Decke gekuschelt und hatte die Augen geschlossen. Im Hintergrund lief gerade mein Song ‚Vergiss mich'.
„Anna?", fragte ich vorsichtig, aber sie reagierte nicht. „Maus?"
Ich setzte mich neben sie aufs Bett, aber Anna weinte nur weiter. Also rutschte ich einfach zu ihr unter die Decke und zog sie in meine Arme.
Fritz lief unruhig neben dem Bett hin und her. Das machte mich zunehmend nervös.
„Na los. Komm her", forderte ich ihn auf und im nächsten Moment sprang er aufs Bett und legte sich auf Annas andere Seite.
Nach einer ganzen Weile hatte sie sich etwas beruhigt. Ich wischte ihr die letzten Tränen weg und redete beruhigend auf sie ein.
„Besser?", fragte ich vorsichtig.
„Ja", erwiderte sie leise. „Danke."
„Willst du drüber reden?", fragte ich und setzte mich vorsichtig auf.
Anna setzte sich auch hin und ich zog sie direkt wieder in meine Arme.
„Du... Ich... ich hab dich gar nicht verdient", murmelte sie leise.
„Das ist vollkommener Blödsinn", widersprach ich direkt.
„Ist es nicht. Du... Ich mach dich doch nur kaputt. Ich meine, ich bin blind, hab eine Essstörung und kann eigentlich nicht alleine sein. Wie soll das denn zu dir passen?"
„Anna, ich liebe dich. Und nur das zählt. Deine Blindheit stört mich nicht. Sie gehört einfach zu dir. Und deine Essstörung bekommen wir gemeinsam wieder hin."
„Ich liebe dich auch. Aber..."
Ich legte ihr schnell einen Zeigefinger auf den Mund.
„Kein aber", erwiderte ich und küsste sie dann ganz sanft.
„Wince", hauchte sie, als ich den Kuss langsam beendet hatte.
„Es ist alles gut, okay? Ich bin immer da und ich lasse dich nicht alleine."
Dieses Mal küsste sie mich und ich legte all meine Gefühle für sie in den Kuss. Hoffentlich vergaß sie all ihre unsinnigen Zweifel direkt wieder. Ich liebte Anna und das würde sich auch nicht ändern.
Nach dem Kuss kuschelten wir einfach nur, wo sich Fritz auch einmischte. Er legte sich einfach quer über unsere Beine und mit dem Kopf zwischen uns. So konnte man gar nicht vergessen, ihn zu streicheln. Lächelnd kam ich seiner stummen Aufforderung nach.
„Mit wem hast du eigentlich vorhin gesprochen? Und worum ging es?", unterbrach Anna irgendwann die Stille.
Etwas überrascht von dieser Frage, brauchte ich einen kurzen Moment, bevor ich antworten konnte.
„Ich hab mich mit Amelie, meiner besten Freundin über meine Fans unterhalten", antwortete ich ehrlich.
„Gibt es wieder Fotos?", fragte sie weiter und ihre Stimme zittterte leicht.
Sofort zog ich sie noch enger an mich.
„Nein."
„Aber?"
„Willst du das wirklich wissen?"
„Ändert es etwas zwischen uns?"
„Nein."
„Dann ja."
„Es hat wohl jemand herausgefunden, dass du in München bist. Und weil ich ja nur zur Reha hier bin, poste ich quasi gar nichts. Also immer wieder Snapchat-Storys vom Sport, aber mehr nicht. Ist auch absolut nicht spannend." Ich machte eine Pause.
„Und weiter?"
„Naja, es gibt Menschen, die der Meinung sind, dass ich mich deinetwegen nicht häufiger melde. Als würdest du mir irgendwas verbieten." Ich konnte die Wut in meiner Stimme nur schwer verbergen. Es regte mich einfach auf.
„Aber es weiß doch niemand, dass ich zu dir gefahren bin", kam es irritiert von Anna. „Also abgesehen von..."
Sie brach ab und ich hielt sie noch fester. Feststellen konnte ich mir das eigentlich nicht, aber es gab keine andere Option. Vor allem wusste sie heute früh Bescheid und hatte recht schnell eine vermeindliche Lösung parat. Es wollte nicht zu meinem Bild von Lara passen, aber manchmal trog mich auch meine Menschenkenntnis.Annalena
Mein Herz wurde heute zum zweiten Mal gebrochen. Eigentlich konnte ich mir nicht vorstellen, dass Lara so etwas tun würde. Doch wer sonst? Niemand außer Lara, Mats, Wincent und mir wusste, dass ich in München war. Hatte Lara sich verplappert? Doch bei wem? Und wieso postete man das? Wer wusste alles von Wincent und mir?

DU LIEST GERADE
Bin ich für sie blind?
Fiksi Penggemar„Sag mir, bin ich für sie blind?" Wincent ist verwirrt. Seit seinem Konzert in Berlin, wo Mats Anna kennengelernt hat, scheint sie ihn regelrecht bei seinen Auftritten zu verfolgen. Das zumindest erfährt er von Mats, denn er selbst bemerkt es gar ni...