1 Kubanische Zigarren

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Tom, Nikos und Phil folgten dem syrischen General mit hängenden Schultern. Ihr Besuch in Damaskus im September 1972 war bisher durchaus erfolgreich gewesen: das Gespräch mit Abu Reza, ihrem Kontaktmann zur PLO, über die Entführung einer Lufthansa-Maschine, die der fingierten Freipressung der Münchner Olympia-Attentäter dienen sollte, war gut verlaufen. Das konnte man über die letzten Minuten ihres Abendessens im Offiziersklub der syrischen Hauptstadt nicht behaupten.

Das Essen, ein Fünfgangmenü französischer Art, und zwei Stunden Smalltalk verliefen harmonisch, doch die Stimmung war in dem Augenblick gekippt, als die Sprache auf den Auftrag kam, den sie für die deutsche Regierung ausführen sollten. General Al-Hamidi, den Tom gedanklich dem syrischen Militärgeheimdienst zuordnete, hatte sie in scharfer Form vor „ungesetzlichen Aktivitäten" gewarnt, und Torsten, als Mitarbeiter des Bonner Außenamts auf dem Papier der Diplomat der Delegation, hatte die Syrer durch seine zögerliche, um nicht zu sagen feige Haltung erzürnt.

Beinahe verächtlich hatte der General diee Gruppe gesprengt: Diplomat Torsten und MAD-Major Klaus blieben mit einem General und zwei Obersten in dem mit Bildern aus den syrisch-israelischen Kriegen geschmückten Raum, in dem sie auch gespeist hatten, während Tom, Nikos und Phil, die europäischen Majore in libyschen Uniformen, mit Al-Hamidi zwei Türen weiter gingen.

An den Wänden des gemütlichen Zimmers standen drei tiefe, weiche Sofas, die mit dunkelgrünem Stoff überzogen waren, in der Mitte ein niedriger Tisch mit einem silbernen Kasten voll kubanischer Zigarren, zwei schweren Aschenbechern und Teegläsern, die von einem Ordonanzsoldaten gefüllt wurden.

Der General öffnete die Knöpfe seiner Jacke, bot ihnen Zigarren an, nahm sich selbst eine, biss ein Ende ab, steckte sie an, zog ein paarmal heftig und blies Kringel in die Luft. Tom, Nikos und Phil nahmen das Angebot dankend an, wenngleich sie sonst nie Zigarren rauchten. Prompt verschluckte sich Tom, der an der edlen Zigarre zog wie an einer Zigarette. Al-Hamidi schmunzelte, als Tom versuchte, sein Keuchen in den Griff zu kriegen. Tom merkte, wie er rot wurde.

Der Syrer kehrte zu dem verbindlichen Ton zurück, der während des Essens geherrscht hatte:

„Vergessen wir die Palästinenser und Ihre Begleiter. Reden wir über Sie. Wir haben uns ein wenig umgehört. Man hört, Sie hätten Libyen wertvolle Dienste erwiesen, durch Informationen, die Sie den libyschen Behörden zur Verfügung stellen."

„Wer spricht in Syrien von uns?" fragte Phil.

„Nun, Sie wissen, dass unser politischer Ansatz dem von Herrn Gaddafi sehr ähnlich ist. Unsere Geheimdienste tauschen manchmal Informationen aus. Ich gebe zu, dass wir nicht genau wissen, welche Art Informationen Sie den Libyern zukommen lassen, aber Sie würden hier nicht als libysche Majore sitzen, wenn es um Lappalien ginge."

Tom, Nikos und Phil fühlten sich unbehaglich. Sie mussten sich absprechen.

„Herr General," sagte Phil betont höflich, um einer Zurechtweisung vorzubeugen, wie sie Torsten über sich ergehen lassen musste. „Die Situation ist für uns überraschend. Dürfen wir uns kurz auf Deutsch beraten?"

„Gerne. Ich will Sie nicht in Verlegenheit bringen."

„Der will doch was," meinte Phil. „Was sagen wir ihm?"

„Keine Lügen. Teilwahrheiten. Informationshandel. Schutz Libyens vor Angriffen," schlug Nikos vor. „Ist doch klar, was er will."

„Der will uns fragen, ob wir ihm auch was verkaufen würden," ergänzte Tom. „Und? Würden wir?"

„Ich wüsste nicht, was wir ihm verkaufen könnten. Ich habe noch nie irgendwas gesehen, das mit Syrien zu tun hatte," antwortete Nikos.

„Wir haben auch nie danach gefragt," sagte Tom. „Zypern ist sehr nah an Syrien. Ich schätze mal, er hofft, dass wir etwas über die Entwicklung dort wissen, also was die Athener Obristen auf Zypern planen und so."

Die richtigen Leute Band 8: 6.000 Jungs wie IhrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt