An diesem Morgen waren es Klaus, Torsten und der General, die nicht ausgeschlafen waren. Sie hatten bis in der Frühe in Torstens Zimmer gesessen und geredet. Die Noratlas, mit der Stavros sie nach Al-Adam flog, war nicht dazu geeignet, Schlaf nachzuholen, und so dösten sie auf den harten Klappbänken vor sich hin oder betrachteten durch die Bullaugen die Wüste unter ihnen.
„Schwimmen oder Radfahren verlernt man ja auch nicht," kommentierte der General die skeptischen Blicke der Majore, als sie sich alle auf den Fallschirmsprung vorbereiteten. Nach gut drei Stunden Flug tauschte er Anzug gegen Militärhose und Pullover und schnallte sich einen Fallschirm auf. Auch Klaus und Torsten zogen strapazierfähigere Sachen an.
Stavros ließ sie auf 2000 m Höhe hinaus, sodass sie richtig lange dem Sand der Wüste entgegenfallen konnten. Tom versuchte, so nah wie möglich bei den Jeeps zu landen, die auf einer Sandpiste in dem weitläufigen Luftwaffengelände auf sie warteten. Alle schafften es, heil im Umkreis von 400 m Boden unter die Füße zu bekommen. Fred machte bei der Landung eine gute Figur - er lief einfach gegen den Wind und musste sich nicht einmal abrollen wie Tom, der seine Geschwindigkeit unterschätzte.
„Mach Du," flüsterte Phil Tom zu, und der baute sich vor dem Stützpunktommandanten auf und machte eine militärische Meldung.
„Schön, Sie wiederzusehen," sagte der Oberst, „und herzlich willkommen Ihnen allen. Herr General, es ist mir eine Ehre. Ihr Sprung, wie aus dem Bilderbuch, alle Achtung. Hauptmann Al-Yunani, Ihr erstes Training ist um zwölf Uhr. Ich höre, die Herren Majore unterstützen Sie heute?"
„Heute ja," bestätigte Tom. „Morgen haben wir etwas anderes zu tun."
„Ich weiß. Tom, Sie kennen Major Ali. Er ist jetzt hier im Stab für die Versorgung zuständig, aber heute und morgen steht er zu Ihrer Verfügung. Herr General, während die jungen Männer arbeiten, zeigt Ihnen Major Ali gerne Tobruk und das Denkmal."
„Können wir das nicht nach dem Training noch machen?" fragte der MAD-Chef. „Ich würde das Training gerne sehen."
„Ich brauche drei Stunden," sagte Spiros. „Danach ist es noch lange genug hell, das würde schon gehen."
„Gut, machen wir das so," stimmte der Oberst zu. „Major Ali zeigt Ihnen Ihre Unterkunft und die Kantine. Sie sind sicher hungrig. Heute Abend darf ich Sie zu einem Essen mit unseren Offizieren einladen. Wenn Sie einen Wunsch haben, wenden Sie sich an Major Ali."
Sie brachten ihr Gepäck in die Zimmer. Der General lehnte es ab, in einem anderen, komfortableren Gebäude untergebracht zu werden. Das Privileg, ein Zimmer für sich zu haben, nahm er aber dankbar an.
„Keine Nachtschicht mehr an der Grenze?" fragte Tom Ali, nachdem er ihm zur Beförderung gratuliert hatte. Der Major hatte sie mehrmals an der Grenze in Empfang genommen und ihren Weitertransport organisiert.
„Ich hab zwischendurch die Lehrgänge gemacht," sagte Ali. „Es ist schon angenehmer, wenn man tagsüber arbeitet und nachts bei der Familie ist. Wir haben jetzt ein Häuschen in Tobruk."
„Hast Du auch Kinder?"
„Noch nicht, aber bald." Er unterbrach sich und biss sich auf die Unterlippe. Tom sah ihm an, dass er mit sich kämpfte.
„Was ist los, Ali?"
„Warum fahrt Ihr nach El-Salloum?" fragte der Major.
„Wir treffen uns mit einem Freund," antwortete Tom. „Wir sollen ihm was übergeben."
„Und das ist Euer einziger Auftrag?"
„Nein, wir sollen auch etwas von ihm bekommen."
„Das muss was sehr Wichtiges sein. Was Gefährliches."
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Die richtigen Leute Band 8: 6.000 Jungs wie Ihr
Historical FictionIn „6.000 Jungs wie Ihr", dem 8. Band meiner Reihe „Die richtigen Leute", geht es um die Vorbereitung und Durchführung einer vorgetäuschten Flugzeugentführung, die dazu dient, die überlebenden palästinensischen Attentäter des Anschlags auf die Olymp...