31 Nicht ohne ihren Anwalt

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Phil meldete sich erst, als er wieder in seiner Wohnung war. Die Crew der „Kiel" war in einem Hotel untergebracht worden und würde am nächsten Tag nach Deutschland fliegen, aber die Geiseln wollten so schnell wie möglich nach Hause.

„Die Männer aus der Kiel waren nicht sehr gesprächig," berichtete Phil Tom. „Vielleicht hat sie meine Uniform gehemmt - ich konnte mich ja nicht als Mitglied des Stabes zu erkennen geben. Hamit vermutet, sie wollen nicht erzählen, was in der Maschine unterwegs passiert ist..."

„Wir haben ihnen eingeschärft, dass sie unter Geheimhaltung stehen," erinnerte ihn Tom. „Logisch, dass sie nichts gesagt haben, schon gar nicht, wenn sie nicht wussten, wer Du bist..."

„Stimmt. Ich konnte kurz auf dem Gang mit dem Piloten sprechen. In Zagreb, das muss grenzwertig gewesen sein. Als die Palästinenser die Maschine verkabelt haben, ist einer der Geiseln zusammengebrochen, und das hat ein paar andere kurzfristig angesteckt. Auch die Geiselnehmer. Als dann die Erlaubnis zum Betanken kam, haben sich alle wieder zusammengerissen, sagt er. Wieso hat das eigentlich so lange gedauert?"

„Ich erzähl's Dir, wenn wir in Tripolis sind," versprach ihm Tom. „Aber es war wirklich eng. Nikos und ich haben gebetet."

„Wo denn? In Eurem Dienstzimmer?" fragte Phil.

„Ja, sicher. War keine Kapelle in der Nähe, wo man eine Kerze aufstellen kann."

„Gut. Wir sehen uns übermorgen. Ach, ich habe gerade den Fernseher angemacht, da läuft die Pressekonferenz. Ganz schön was los."

„Kannst Du mir übersetzen, was die Palästinenser sagen?"

„Lieber nicht, sonst wird Dir schlecht. Du wirst es sowieso in der Zeitung lesen. Übrigens: überleg Dir gut, ob der Mann, den Ihr mitbringt, an dem Essen Dienstagabend teilnehmen soll. Du weißt, wen ich meine – den Mann von der anderen Seite. Das Essen ist bei mir in der Wohnung, und ich möchte nicht, dass seine Leute wissen, wo die ist."

„Ich überleg's mir. Mach's gut, Bruder."

Um Mitternacht war der „Stab" dann vollzählig. Dem einen oder anderen fielen schon die Augen zu. Torsten, Manfred und der Lufthansa-Chef waren die Letzten, die die Diensträume auf der Hardthöhe erreichten. Alle versammelten sich in der „Kommandozentrale", und der MAD-Chef rief den Kanzleramtsminister an, der dem Stab sehr förmlich für die geleistete Arbeit dankte und alles andere auf die Besprechung am nächsten Tag um 14 Uhr verschob. Er war offensichtlich nicht allein im Zimmer und konnte nicht offen sprechen. Dann diskutierte der Stab noch eine halbe Stunde.

„Jetzt gibt's drei Möglichkeiten," sagte Klaus, als Lufthansa-Chef Campmann gegangen war und keiner so recht wusste, was sie nun machen sollten. „Wir können hier zusammensitzen und weiterreden, oder jeder fährt nach Hause und schläft, oder wir setzen uns alle in mein Wohnzimmer, trinken ein Bier und erzählen uns noch was."

Sie nahmen seine Einladung gerne an.

Er versorgte alle mit Bier - richtigem Bier, also Veltins, nicht Kölsch. Tom legte Bob Marley auf, und Nikos drehte eine Zigarette, die dem General ziemlich groß vorkam.

„Seid vorsichtig mit den Drogen," ermahnte er die jungen Männer. „Auf die Dauer ist das nicht gut."

„Wir rauchen sowas niemals im Dienst," entgegnete Tom. Die Antwort des Generals überraschte alle:

„Das ist auch besser so. Wir mussten eine Zeitlang Drogen nehmen, die wurden in der Wehrmacht verteilt."

„Wie bitte?" fragte Klaus ungläubig.

„Ja, Pervitin hieß das Zeug. Amphetamin. In Afrika haben sie es uns gegeben, damit wir tagelang wachbleiben konnten. Wir nannten das „Panzerschokolade". Später, in Berlin, hat man es an solchen Tagen bekommen, wie wir gerade zwei hinter uns haben. Manche von uns sind süchtig geworden. Die Amis machen es mit ihren Piloten in Vietnam übrigens nicht anders, um sie wachzuhalten."

Die richtigen Leute Band 8: 6.000 Jungs wie IhrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt