Das maltesische Flugzeug, das pünktlich in Tripolis landete, war eine längere Version des Learjet, der auf jeder Seite des Mittelgangs fünf Ledersitze hatte, von denen zwei entgegen der Flugrichtung angebracht waren, sodass es zwei Vierergruppen gab. Tom teilte sich mit Phil und ihren beiden „Gästen" eine solche Sitzgruppe, denn sie hatten sich vorgenommen, Farouk und Rahim auf den Zahn zu fühlen.
„Ich will auch bald studieren," verbog Phil die Wahrheit ein wenig, als sie ihre Flughöhe über dem Mittelmeer erreicht hatten. „Und zwar auch im Ausland, in London. Wie ist das in Libyen? Wie kommt man da an ein Auslandsstudium?"
„Wir waren ziemlich gut in der Schule," antwortete Farouk sehr zögerlich, was den Verdacht untermauerte, den Tom und Phil hegten.
„Das war meine Freundin auch, aber sie muss in Tripolis studieren," bemerkte Phil leichthin.
„Für Studentinnen gibt es nicht so viele Stipendien," erklärte Farouk.
„Musstet Ihr denn vorher in die Armee?" kam Phil zum Punkt.
Die beiden Libyer wurden sichtlich unruhig. Phil spendierte eine Runde Tomatensaft.
„Wir haben beide die Grundausbildung gemacht," sagte Rahim und sprach dann einige hastige Sätze auf Arabisch zu Farouk. Phil tat so, als hätte er sie nicht verstanden, wechselte das Thema und erzählte von seiner Familie. Die Studenten gingen dankbar darauf ein.
Phil gab ihnen fünf Minuten. Dann überfiel er sie mit einer Frage, die sie aus der Fassung brachte:
„Seid Ihr Soldaten oder Geheimagenten?"
Seine Gegenüber blieben stumm, wie sie es eben auf Arabisch abgesprochen hatten. Phil erhöhte den Druck:
„Ihr habt ja mitgekriegt, dass ich Major in der libyschen Armee bin. Mich würde Euer Dienstgrad interessieren."
„Wir sind beide Feldwebel," gab Farouk zu.
„Dann antwortet gefälligst auf meine Frage," wurde Phil deutlich.
„Wir sind offiziell in der Armee, aber während des Studiums schreiben wir einmal in der Woche einen Bericht. Der geht wohl an den Geheimdienst."
„Daher also das Stipendium."
„Aber wir waren auch gut in der Schule."
Tom übernahm die Rolle des Good Cop und unterhielt sich mit Farouk und Rahim über ihre Berufsperspektiven nach dem Studium. Beide schrieben schon an ihrer Diplomarbeit und wollten in der Ölindustrie arbeiten, denn in Libyen gab es genug Jobs für Geologen, gut bezahlte obendrein. Dann funkte wieder Phil dazwischen:
„Was ich Euch jetzt sage, sage ich als Major und als Phil. Beide können sehr böse werden, wenn Ihr ein Wörtchen darüber in Eure Berichte schreibt, was Ihr mitkriegt, solange Ihr mit uns zusammen seid. Habt Ihr mich verstanden?"
Die beiden Libyer nickten verunsichert. Tom und Phil war klar, dass sie keine hartgesottenen Geheimagenten, sondern eher unbedarfte Informanten waren.
Trotzdem schärfte auch Tom ihnen, wenn auch etwas verbindlicher, ein:
„Das hier ist ein Flugzeug der deutschen Regierung. Wir waren auf einer wichtigen Mission in Tripolis. Gestern hatten wir ein Gespräch mit dem Revolutionsführer. Haltet Euch bitte an das, was Major Phil gesagt hat. Irgendwelche niederen Geheimagenten, die Eure Berichte lesen, sollen nicht wissen, was wir mit Oberst Gaddafi besprochen haben."
Wie erhofft brauchten sie den Polizisten, die sie am Flugzeug abholten, noch nicht einmal ihre Ausweise zu zeigen. Sie wurden bis zum Ausgang begleitet, wo Torsten, Phil und Nikos ein Taxi bestiegen, während Tom, Klaus, Farouk und Rahim zu Toms Auto gingen. Die libyschen Studenten hatten sich inzwischen gefangen.
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Die richtigen Leute Band 8: 6.000 Jungs wie Ihr
Historical FictionIn „6.000 Jungs wie Ihr", dem 8. Band meiner Reihe „Die richtigen Leute", geht es um die Vorbereitung und Durchführung einer vorgetäuschten Flugzeugentführung, die dazu dient, die überlebenden palästinensischen Attentäter des Anschlags auf die Olymp...