6 Man erkennt Seinesgleichen

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Mr. Robbins, der Schulleiter der Finchley Grammar School war nervös, was ihn wunderte. Als der neue Schüler, Philipos, sich vor einem Monat vorgestellt hatte, hatte er gleich erkannt, dass der Grieche in keine der gängigen Kategorien seiner Schüler passte. Der Besuch des Secret-Service-Agenten, der sich nur als Richard vorstellte und ihn in ein Gespräch über eben jenen Philipos verwickelte, hatte ihn veranlasst, den jungen Griechen unbemerkt genauer zu beobachten.

Phils schulische Leistungen waren tadellos, und er hatte es ohne Gewaltanwendung geschafft, sich gegen die Gruppe durchzusetzen, die in der Schülerschaft das Sagen hatte: die Söhne einiger alt- und neureicher Familien, die intellektuell eher schwachbrüstig, dafür umso dreister in der Durchsetzung ihrer Privilegien waren.

Besonders beeindruckt war er von der Art und Weise, wie der Grieche den Ägypter Hamit offenbar ganz bewusst an die Hand nahm, den die Schule auf Bitten des Außenministeriums aufgenommen hatte, und der sich binnen Kurzem als unbeherrscht und vorlaut, dabei aber sehr intelligent erwiesen hatte. Der Schulleiter nahm sich vor, zu klären, ob der Geheimdienst Phil auf Hamit angesetzt hatte. Er fand, dass in seinem Verantwortungsbereich kein Schüler derartige Geheimnisse haben sollte.

Er nahm einen Schluck Tee und beobachtete Richard, den Geheimagenten, wie er den Schulhof überquerte. Mr. Robbins hatte schon lange nichts mehr mit Polizei oder gar Geheimdiensten zu tun gehabt.

Exzellente Leistungen an Schule und Universität und acht Jahre Militärdienst hatten es ihm ermöglicht, die hoch angesehene und gut bezahlte Stellung an der Eliteschule zu ergattern, und das, obwohl er Nordire und katholisch war.

Zwanzig Jahre lang war der dunkle Fleck auf seinem weißen Hemd nicht aufgefallen - eine Jugendsünde, sicher, aber es gab Sünden, die nicht verjährten. Richard kam wegen Phil, versuchte er sich zu beruhigen, nicht seinetwegen.

Er bot dem Geheimdienstmann einen Platz auf einem mit leicht abgewetztem Leder bezogenen Sessel an. Seine Sekretärin brachte neuen Tee.

„Wie macht sich denn der griechische Schüler, Phil?" fragte Richard.

„Er ist einer der besten," antwortete der Direktor. „Wenn er nicht dauernd fehlte, wäre er vermutlich der beste. Sozial sehr kompetent. Guter Sportler. Ich wollte, ich hätte ein paar mehr von der Sorte."

„Sie machen es mir leicht, Mr. Robbins."

„Danke, aber wie meinen Sie das?"

„Nun, ich habe eine Bitte. Phil will ja nur ein Jahr hierbleiben, dann will er für sein letztes Schuljahr zurück nach Griechenland. Ich frage mich, ob es Ihrer Schule nicht gut anstünde, einen solchen Schüler bis zum Abschluss zu führen?"

Daher wehte also der Wind. Offensichtlich war der Grieche für den Geheimdienst recht wichtig, dachte Mr. Robbins.

„Jede Schule würde sich darüber freuen. Im Prinzip," sagte er.

„Haben Sie Vorbehalte?" fragte Richard.

„Keinen Vorbehalt wirklich, aber ein gewisses Unbehagen. Wissen Sie, ich kenne meine Schüler ziemlich gut. Bei den Internatsschülern weiß ich auch, wie sie ihre Freizeit verbringen, und mit wem. Bei Phil ist das anders. Es würde mir leichter fallen, seinen Verbleib zu unterstützen, wenn ich etwas mehr über ihn wüsste, vor allem über seine Fehlzeiten."

Richard schmunzelte. Wie wortreich man doch den Begriff „Neugier" umschreiben konnte. Andererseits konnte er den Schulleiter schon verstehen.

„Ich kann Ihnen leider nicht mehr sagen, als dass er für uns zusammen mit anderen jungen Leuten aus verschiedenen Ländern manchmal kleinere Aufträge übernimmt," sagte er gerade so viel, wie er meinte, verantworten zu können.

Die richtigen Leute Band 8: 6.000 Jungs wie IhrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt