Nikos war auf dem Rückweg von einer ausgedehnten Tour durch Athen. Er hatte in dem syrischen Reisebüro eine Mappe abgegeben, die unter anderem eine Übersicht über griechische Truppenbewegungen und Hinweise auf die Infiltration der zyprischen Behörden durch Vertraute von Ioannidis enthielt, dem griechischen Geheimdienstchef. Weitere Stationen waren der libysche Laden in der Nähe des Busbahnhofs und ein Café außerhalb Athens, wo er Herrn Al-Aziz von der ägyptischen Botschaft traf. Er parkte den Mustang, der nun nicht mehr nur geliehen war, vor Sandys und Manos' Haus in Agios Andreas.
Ein verführerischer Duft lockte ihn in die Küche, wo Manos' Mutter, Ioanna und Sophia Eintopf zubereiteten, denn am Abend stand zwar keine Party, aber doch ein munteres Beisammensein an. Maher hatte in seine neue Wohnung geladen, aber weder seine Küche noch die seiner Freundin Sophia eignete sich, für die große Gesellschaft zu kochen.
„Heike hat heute Mittag angerufen," berichtete Sophia. „Was ist da eigentlich los in Bonn? Sie sagt, Phil war schon wieder da, und Tom wohnt bei einem von der Bundeswehr?"
„Wir haben einen ziemlich lukrativen Auftrag vom deutschen Geheimdienst an Land gezogen," erklärte Nikos. „Ich fliege in zwei Wochen auch noch mal hin. Ein paar Tage später kann ich Dir alles erzählen, jetzt leider nicht. Wie läuft's mit Maher?"
Sophia sah ihn schräg an.
„Gut läuft's, wieso?"
„Interessiert mich halt. Ist doch sicher jetzt ganz was anderes, als ihn für ein paar Tage zu Besuch zu haben, wenn er jetzt dauerhaft hier ist."
„Noch ist es nicht wirklich anders. Er ist ja noch nicht lange hier. Noch trägt er mich auf Händen, auf sehr starken Händen."
„Du traust dem Braten nicht?"
„Doch, Nikos, sei ganz unbesorgt. Ich habe mit meinen Eltern gesprochen. Das war nicht so schlimm wie befürchtet. Seit ich nicht mehr da wohne, hat sich mein Vater verändert. Er ist nicht mehr so verbohrt. Nächste Woche machen wir den Antrittsbesuch, Maher und ich."
Ioanna hörte still zu. Sie wusste, dass Sophia nicht ehrlich war, nicht zu Maher, nicht zu Nikos, und nicht zu sich selbst. Sie war in Maher verliebt, das schon, und sie waren ein wunderschönes Paar. Aber angesichts der zahlreichen Gelegenheiten, bei denen sie im Lauf der letzten Wochen Sophia immer wieder trösten musste, war es für sie nur eine Frage der Zeit, wann die kaum verheilte Wunde wieder aufbrach – Sophias Liebe zu Tom, die noch längst nicht erloschen war. Außerdem traute selbst Sophia dem Gesinnungswandel ihres Vaters nicht, das wusste Ioanna. Auch Nikos war nicht wirklich überzeugt.
Die Einzugsparty wurde zu einer politischen Diskussion, die bis zum frühen Sonntagmorgen dauerte. Sophia, Georgios, Nikos, Michael, Stella, Lucas und Alexander erzählten von ihren Aktivitäten an der Uni oder Schule. Die Bereitschaft der Studenten, sich an politischen Aktionen zu beteiligen, war zum Semester sprunghaft angestiegen, und sie hatten Mühe, einen Überblick über die neu gegründeten Gruppen zu gewinnen.
In einigen Fakultäten gab es schon Streiks gegen die mangelnde Mitbestimmungsmöglichkeit der Studenten, und viele Gruppen riefen zum aktiven Widerstand gegen das Obristenregime auf, das mit selektiver Härte reagierte. Während an einigen Instituten die Studenten unbehelligt protestieren durften, waren an der Athener Hochschule die ersten männlichen Studenten von jetzt auf gleich zum Militär eingezogen worden, und einige Studentinnen wurden zwangsexmatrikuliert. Es war zu früh zu beurteilen, ob sich die Studentenschaft dadurch einschüchtern lassen würde, aber es war schon festzustellen, dass einige Gruppen, besonders kommunistische, als Reaktion auf die staatlichen Repressalien eine Wiederaufnahme der gewaltsamen Aktionen diskutierten.
***
Hauptmann Hassan holte Tom und Phil am Morgen ab. Phil unterhielt sich angeregt auf Arabisch mit ihm, und Tom ahnte, dass die beiden etwas ausheckten. Er hatte auch eine Ahnung, um was es dabei ging, aber sie ließen ihn im Ungewissen. Al-Marzouki empfing Tom und Phil mit Umarmungen.
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Die richtigen Leute Band 8: 6.000 Jungs wie Ihr
Ficción históricaIn „6.000 Jungs wie Ihr", dem 8. Band meiner Reihe „Die richtigen Leute", geht es um die Vorbereitung und Durchführung einer vorgetäuschten Flugzeugentführung, die dazu dient, die überlebenden palästinensischen Attentäter des Anschlags auf die Olymp...