Torsten war erleichtert. Nachdem der erste Probelauf der Einweisung der „Entführungsopfer" am Nachmittag zeitlich völlig aus dem Ruder gelaufen war, klappte es am Abend ganz ordentlich. Jeder hatte seinen Teil der Einweisung vor den anderen Mitgliedern des Stabes für besondere Aufgaben vorgetragen, die sich Notizen machten und anschließend den Referenten mit allen Fragen löcherten, die ihnen einfielen.
Das waren anfangs allerdings so viele, dass die ganze Veranstaltung über vier Stunden dauerte, und manche Antworten kamen ihnen selbst nicht sehr überzeugend vor, sodass sie noch einmal das Dossier des Geheimdienstes durcharbeiteten und die Dinge diskutierten, die dort nicht erörtert wurden.
Die fünf Seiten, die der MAD-Chef ihnen in die Hand gedrückt hatte, und die großspurig mit „Leitfaden für das Verhalten bei einer Flugzeugentführung" überschrieben waren, legten den Schwerpunkt auf das individuelle Verhalten der Geiseln gegenüber den Geiselnehmern und vernachlässigte völlig Maßnahmen, mit denen die Geiseln sich gegenseitig unterstützen und eine Panik vermeiden konnten.
Beim zweiten Durchgang am Abend in Tannenbusch hatten sie ihre Vorträge verbessert und die zuvor aufgetauchten Fragen mit eingearbeitet. Es dauerte zwar immer noch zwei Stunden, aber so konnten sie Pausen einlegen, um den Zuhörern Zeit zu geben, alles zu verarbeiten, ohne die Veranstaltung über die avisierten drei Stunden hinaus auszudehnen. Als sie gerade fertig waren, um kurz nach elf, rief Basilis aus Athen an. Nikos sprach mit ihm und lud Tom anschließend auf einen Spaziergang durch den nasskalten Bonner Vorort ein.
„Phil und Hamit haben einen neuen Auftrag an Land gezogen," gab er die Neuigkeiten weiter, die Basilis ihm mitgeteilt hatte. „Basilis sucht zwei Leute, die diesen englischen Drogendealer am 12. November in Empfang nehmen und vom 13. bis 15. auf der Tut nach Alexandria begleiten. Der trifft sich auf dem Schiff mit Richard vom britischen Secret Service. Basilis fragt, ob wir das übernehmen können. Wir wären also vom 12. bis 17. November unterwegs. In Ägypten übernimmt Serhat den Mann und fährt mit ihm ans Rote Meer."
„Hm, ich schätze, wir kommen ungefähr am 3. November aus Tripolis zurück, das ist ein Freitag," kalkulierte Tom. „Montag und Dienstag haben wir bestimmt noch in Bonn zu tun. Dann wäre ich gerade drei Tage in der Kaserne und müsste schon wieder Urlaub nehmen. Das kriege ich zwar hin - der MAD-General wird mir das schon bewilligen. Aber ich habe Angst, dass ich zwei Sachen verpasse, die Voraussetzung für den Unteroffizierslehrgang sind. Ich rufe morgen meinen Kompaniechef an und frage, wann das ist. Davon mache ich das abhängig."
Nikos kannte Toms Einstellung in dem Punkt, und er konnte sie inzwischen auch verstehen. Ohne den Lehrgang würde seine restliche Zeit bei der Armee Langeweile pur. Abgesehen davon hatte er selbst auch Bedenken:
„Ich wollte auch nicht gleich das erste Semester in den Sand setzen, und das passiert, wenn ich im November schon wieder blau mache. Andererseits interessiert mich dieser Sparks schon. Phil wird uns am Wochenende einiges über ihn erzählen können. Wenn Richard extra mit ihm bis nach Ägypten fährt, muss er wohl eine etwas größere Nummer sein. Gangster, lass uns mal wieder eine kleine Schiffsreise machen."
„Ich spreche mit meinem Chef, dann sehen wir weiter. Wenn wir Glück haben, kann ich anschließend sogar ein paar Tage in Athen bleiben. Der General hat mir nicht widersprochen, als ich ihn nach Sonderurlaub gefragt habe."
Am nächsten Morgen gab es eine große Besprechung mit Bilski, dem Kanzleramtsminister, dem MAD-General und dem Lufthansa-Chef. Torsten, Klaus, Manfred, Tom und Nikos trugen ihre Referate vor. Der Lufthansa-Manager bat um Ergänzungen, die vor allem Klaus und Nikos einarbeiten mussten, aber Motte lobte sie:
„Das war doch gut. Kommen wir zum 2. Tagesordnungspunkt, dem Dienstplan ab Freitag. Der Stab wird dann durch zwei weitere Leute aus Toms Gruppe verstärkt, Phil und Hamit. Klaus, wie haben Sie sich das vorgestellt?"
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Die richtigen Leute Band 8: 6.000 Jungs wie Ihr
Historical FictionIn „6.000 Jungs wie Ihr", dem 8. Band meiner Reihe „Die richtigen Leute", geht es um die Vorbereitung und Durchführung einer vorgetäuschten Flugzeugentführung, die dazu dient, die überlebenden palästinensischen Attentäter des Anschlags auf die Olymp...