32 Sich abstechen zu lassen ist kein Verdienst

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Mr. Robbins stand am Fenster des Direktorats der Grammar School in Finchley und schaute seinen Schülern im Hof zu. Der Schreck fuhr ihm in die Glieder, als er den Mann bermerkte, der einen langen Mantel und einen schwarzen Hut trug, den er zum Schutz vor dem Nieselregen tief ins Gesicht gezogen hatte. Richard, der Agent des MI6, bahnte sich seinen Weg durch die Jungen, die trotz des lausigen Wetters draußen herumtobten. Es konnte nichts Gutes bedeuten, dass er ohne Vorankündigung kam, befürchtete Mr. Robbins, zumal die beiden Schüler, um die er sich so rührend kümmerte, mal wieder abwesend waren, was er ihm nicht wie gewünscht gemeldet hatte. Das roch nach Ärger.

„Nehmen Sie Platz, Richard. Sie möchten sicher gerne Tee, bei diesem schrecklichen Wetter."

„Gerne, Mr. Robbins, danke."

„Was kann ich für Sie tun?"

„Ich hätte gerne mit Phil und Hamit gesprochen. Ich habe sie gar nicht auf dem Schulhof gesehen," sagte Richard mit vorwurfsvollem Unterton.

„Ja, sie haben eine Prüfung, die mehrere Stunden dauert," log Mr. Robbins, was Richard augenblicklich durchschaute.

„Ach so? Sind Sie sicher, Herr Direktor?" insistierte er. Mr. Robbins sah keine andere Möglichkeit, als seine Lüge beizubehalten:

„Ja, natürlich. Dieser Englischtest für die Unis, wissen Sie."

Die Sekretärin brachte Tee. Mr. Robbins konnte in Richards Gesicht nicht lesen, ob er seine Ausrede geschluckt hatte. Der MI6-Mann rührte einen Löffel braunen Zucker in seinen Tee und nippte an der Tasse.

„Ausgezeichnet, Darjeeling passt gut zu dieser Tageszeit. Sagen Sie, Mr. Robbins, Sie würden mich doch sicher nicht anlügen?"

Dem Schulleiter brach wieder einmal der Schweiß aus, was seinem gegenüber durchaus nicht verborgen blieb.

„Warum sollte ich?" fragte Mr. Robbins mit leicht bebender Stimme.

„Tja, warum? Ich bin enttäuscht, Mr. Robbins. Ich glaube Ihnen nämlich nicht. Um korrekt zu sein, ich weiß, dass Phil und Hamit nicht da sind. Und nun frage ich mich schon, warum Sie mich nicht informiert haben, wie ich Sie gebeten hatte."

Mr. Robbins überlegte ganz scharf. Richard wusste von seiner Jugendsünde, und damit war er ihm ausgeliefert.

„Es tut mir leid, Sie haben recht," gab der Direktor kleinlaut zu. „Ich hätte Sie anrufen sollen. Eigentlich wollte ich Phil und Hamit gar nicht beurlauben, aber Phil weiß auch von meinem Geheimnis, woher auch immer, und er hat mich gebeten..."

„Sie glauben doch hoffentlich nicht, ich habe es ihm verraten?"

„Nein, das wäre zeitlich nicht möglich gewesen. Er hat es mir am selben Tag gesagt wie Sie."

„Ja, sie sind clever, die jungen Männer. Dann seien Sie mal so freundlich: wo sind sie, die beiden?" fragte der Geheimdienstmann, obwohl er ganz genau wusste, wo sich Phil und Hamit herumtrieben – schließlich hatte ihn der Chef des MAD in Kenntnis gesetzt.

„Ich habe keine Ahnung, wirklich nicht."

„Was werden wohl die Eltern der beiden Jungen sagen, wenn sie erfahren, dass Sie ihren minderjährigen Schülern einfach frei geben, ohne sie um Erlaubnis zu fragen? Oder wissen die Eltern das?"

„Das glaube ich nicht. Ich weiß nicht. Vielleicht doch?"

Richard erkannte, dass Mr. Robbins offensichtlich ahnungslos war. Dennoch wusste Richard, dass sein Weg nicht umsonst war: immerhin würde sein Dienst in etwa drei Minuten einen neuen Informanten haben.

Die richtigen Leute Band 8: 6.000 Jungs wie IhrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt