22 Ein Gemüsehändler, Abteilung Kräuter

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Woodrow Sparks dachte einen Moment lang über die Idee nach, seine beiden Leidenschaften zu kombinieren: man könnte doch europäische Bands in den USA auf Tournee schicken und ihre Anlagen, die von Jahr zu Jahr umfangreicher wurden, als Transportbehälter nutzen. Dann wanderten seine Gedanken zurück zu seinen beiden jugendlichen Gesprächspartnern.

Sollten sie ihm nicht eigentlich eine Botschaft des Geheimdienstes überbringen? Stattdessen waren sie – ohne dass sie es ahnten – gerade dabei, ihm einen entscheidenden Impuls auf dem Weg zu seinem Traum zu geben. Die jungen Leute passten in die Reihe derer, die in verschiedenen Ländern sein Netzwerk bildeten. Leute, die ähnlich tickten wie er – genauso wie er tickte natürlich niemand – und ein unkonventionelles Leben führten. Es könnte sich lohnen, sie näher kennenlernen.

„Wo hat Eure Band denn gespielt, doch wohl nicht in Libyen?"

„Doch. Ein Freund von uns hat für Gaddafi eine Nasserbüste aus Marmor gemacht. Wir waren mit der Band eingeladen, bei der Einweihung zu spielen, und dann gab es noch ein Konzert in der Stadt. Ein anderes Mal haben wir vor Soldaten gespielt."

„Eine Büste für Gaddafi? Heißt das, Ihr kennt ihn persönlich?"

„Ja, flüchtig. Interessanter Mann," blieb Phil vage.

Hamit räusperte sich. Es war zwar durchaus im Sinne seiner Strategie, Vertrauen zu schaffen, dass Sparks ihnen eine Frage nach der anderen stellte und sie treu und brav antworteten, aber sie mussten gleichzeitig versuchen, ihn kennenzulernnen und nebenbei unter Beweis zu stellen, dass sie keine reinen Boten und Befehlsempfänger waren.

„Erzählen Sie uns doch mal von den Leuten, mit denen Sie in Pakistan und Afghanistan Geschäfte machen," wechselte Hamit also das Thema.

„Wisst Ihr, das ist da ganz anders als in Europa," referierte Sparks, der sich anscheinend ganz gerne selbst reden hörte. „Die Staaten sind nicht so wichtig, die Stämme sind wichtig. Man muss an die Stammesführer ran. Ich schätze, deswegen will der Geheimdienst sich mit mir unterhalten. Im Militär und in den Provinzregierungen haben die Stammesfürsten das Sagen. Meine Geschäftspartner mischen da überall mit. Die Zentralregierungen sind schwach, anfällig für Einflüsse, sagen wir mal."

Phil verstand, was Hamit vorhatte. Wenn sie mit Sparks womöglich ins Geschäft kommen sollten, wäre es gut, ihn besser einschätzen zu können. Als erfolgreicher Großdealer musste er in der Lage sein, sein Außenbild im Griff zu haben. Phil wollte ebenso wie Hamit hinter die Fassade schauen und fragte Sparks:

„Was ist Dein Ziel? Ich meine, wir machen sowas wie das heute für Geld, mit dem wir den Widerstand gegen das Militärregime in Griechenland unterstützen. Geht's bei Dir um irgendwas anderes als reich zu werden? Um Politik ja wohl eher nicht."

„Reich werden will ich auch, aber nicht nur," widersprach Sparks. „Ich will, dass die Menschen überall auf der Welt gutes Haschisch rauchen. Ich bin sicher, dieser Stoff würde viele Probleme lösen, wenn er überall frei zu kaufen wäre. Das hat auch mit Politik zu tun."

„Das wäre mal ein neuer Ansatz," kicherte Phil. „Du meinst, wir sollten für das Geld, das wir in den Widerstand stecken, lieber Haschisch verteilen, besonders an die Athener Obristen, dann würden die das alles viel entspannter sehen? Ich weiß nur nicht, was die Führung unserer Widerstandsgruppe dazu sagen würde."

„Ihr seid Sozialisten, ja? Und gegen die Militärdiktatur. Und da macht Ihr mit Gaddafi Geschäfte? Der selbst Militärdiktator ist, und ob man ihn als Sozialisten bezeichnen kann..."

„Das kann man so und so sehen," meinte Phil. „Weißt Du, wie sich Gaddafi die Zukunft seines Landes vorstellt? Ich finde, er macht's um Längen besser als andere, die Saudis oder die Perser zum Beispiel. Aber Libyen ist ein Sonderfall für mich, weil ich Major der libyschen Armee bin und meine zukünftige Frau dort lebt. Wir handeln auch mit anderen Ländern, die nicht so lupenrein sozialistisch sind. Aber wer ist das schon? Unser Hauptanliegen ist die Finanzierung des griechischen Widerstands."

Die richtigen Leute Band 8: 6.000 Jungs wie IhrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt