Die Vergangenheit 🌶️

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Das leise Rascheln von Buchseiten weckte mich sanft auf. Schlaftrunken kuschelte ich mich ein und analysierte langsam meine Umgebung.

Ich lag noch immer auf Lukes Schoß, es schien als hätte sich mein Mann keinen Zentimeter bewegt, seitdem ich eingeschlafen war.

Er blätterte abermals eine Seite weiter und ich erkannte mein Buch Mansfield Park, das Schriftstück welches ich gerade dabei war zu lesen: „Wieder wach?" Überrascht schaute ich zu meinem Mann hoch und nickte. Er legte es beiseite und strich durch mein Haar: „Wie fühlst du dich?" Das Pochen in meinem Kopf war noch immer so laut wie eine Trommel: „Besser denke ich. Ich sehe wieder scharf und fühle mich weniger fiebrig." Luke nickte: „Gut. Meinst du, du bist dazu fähig etwas zu dir zunehmen? Du hast heute noch nichts gegessen." Ein Blick aus dem Fenster ließ mich vermuten, dass es schon später Abend war: „Ja, ich denke schon." Luke schob behutsam meinen Oberkörper von seinem Schoß und stand auf: „Ich hole Suppe und Baguette, magst du noch etwas?" Ich schüttelte leicht den Kopf und versuchte ebenfalls aufzustehen. Mein Mann hielt mich zurück: „Ich hole es." Wieder kopfschüttelnd setzte ich mich auf: „Ich will aus dem Bett heraus, ich kann nicht mehr liegen." Luke schien einen Moment zu überlegen und half mir schließlich dabei aufzustehen. Ich machte ein paar unsichere Schritte und lehnte mich unsicher an meinen Mann. Der Boden vor mir schien wieder zu wackeln und ich merkte wie meine Füße unter mir beinahe zusammen brachen. Mir wurde übel und ich drehte mich zurück zum Bett um mich wieder hinzulegen, als Luke unter meine Knie und den Rücken griff und mich geschickt hoch hob: „Ich trage dich. Wir können auf dem Sofa essen." Dankbar ließ ich mich gegen seine Brust sinken und schloss für einen Moment die Augen um die Übelkeit los zu werden. Leichter gesagt als getan, wenn man gerade Treppen heruntergetragen wird. Doch auf dem Sitz-Mobiliar angekommen, wurde es wieder besser.

Luke holte uns beiden Suppe, die wie immer köstlich schmeckte. Entgegen meiner Erwartung konnte ich sie ohne Probleme zu mir nehmen.

Danach ging es langsam aber sicher wieder Bergauf. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, kam der Arzt und bestätigte dass das Fieber gesunken sei. Auch die Kopfschmerzen waren besser geworden. Nur der Husten und die Verschleimung würden mich vermutlich noch einige Tage begleiten. Mittags ging es mir wieder so gut, dass Luke und ich einen kleinen Spaziergang machten. Sein Verhalten mir gegenüber war liebevoll, doch er hielt mich mehr oder weniger auf Distanz. Sprach nicht viel, wenn doch brachte er nur kurze und abgehakte Sätze heraus. Der Streit des vorletzten Tages stand noch immer zwischen uns, Luke konnte ihn scheinbar nicht vergessen.

Mir war klar, dass ich diejenige sein müsste die das Thema ansprach. Und ich müsste es schaffen ruhig zu bleiben, andernfalls würde es nur wieder im Geschrei, ohne einer Lösung, enden.

Ich saß abends auf unserem Sofa und spielte mit der Decke zwischen meinen Fingern. Als Luke mir Tee brachte, bedeutete ich ihm sich zu mir zu setzen. Er merkte, dass etwas nicht stimmte und nahm in einer abwehrenden Haltung am anderen Ende der Sitzgelegenheit Platz.

„Du baust die Thematik der letzten Tage fast schon wie eine Mauer zwischen uns auf. Ich habe das Gefühl, als würde diese Wand mit jeder Stunde höher werden, also lass uns reden."

Er blieb stumm, seine Kieferknochen spielten leicht. Ich seufzte: „Was willst du wissen? Ich erkläre dir alles." Luke schien mir nicht zu glauben und forderte mich mit seinem Blick heraus: „Dann erzähl mir von Kilian. Eure ganze Geschichte. Von dem ersten Tag bis zu unserer Hochzeit." Ich schluckte fest: „Nagut.

Ich habe Kilian schon mit acht Jahren kennen gelernt. Er war der Sohn unserer neuen Schneiderin, diese nahm ihn oft zu uns mit, besonders in den jungen Jahren. Wir verstanden uns gut, er spielte hin und wieder mit meinen Schwestern und mir. Seine Mutter war ebenfalls gut mit meiner befreundet. Als er mit Zwölf die elementare Schule abgeschlossen hatte, bot meine Mutter an, dass er an meinem Privat-Unterricht teilnehmen konnte. Er war beinahe zwei Jahre älter, doch unser Wissenstand war damals recht ähnlich. Ich glaube Mama wollte etwas Gutes für ihre Freundin tun und Kyle eine gute Ausbildung ermöglichen.

KittenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt