Kein absehbares Ende

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Sofort rennt ein Feuerwehrmann zu Jennifer. Es ist Jake. „Hey. Es wird wieder alles gut." Versichert er ihr leicht panisch.

Jennifer probiert etwas von sich zu geben, aber sie ist zu schwach dafür. Schnell verabreichen die Sanitäter ihr Medikamente. Doch als der eine Sanitäter ihr Top etwas hoch zieht um freie Sicht auf ihren Bauch zu bekommen, schüttelt er nur seinen Kopf.

Es ist... sehr ... schlimm ..... oder?...." Fragt Jennifer mit gebrechlicher Stimme.

Ich will einfach nur auf sie los stürmen, doch Ingo hält mich zurück. Er selbst scheint auch sprachlos zu sein.

Es hat sich viel zu viel Blut in ihrem Bauch angesammelt. Wir vermuten einen Riss an der Aorta." Erklärt der eine Sanitär und in diesen Moment hat er wohl Jennifers Todesurteil ausgesprochen.

Hilfesuchend streckt Jennifer erschöpft ihre Hand nach Jake, der sie sofort nimmt und festhält. „Versprich mir.....dass du auf..... Sandy und Miriam....aufpasst.....bitte....sie..... brauchen jemanden...., der ihnen Kraft..... gibt..... So wie..... du es damals...... bei mir gemacht hast...." Bittet Jennifer schwach. Jake nickt traurig. „Nicht traurig sein.... bitte.... das soll nicht.... meine letzte Erinnerung..... an dich sein..." Jennifers Stimme wird immer schwächer. Man kann förmlich merken, wie das Leben langsam immer mehr aus ihr verschwindet. Aus der einst so lebensfrohen Jennifer ist jetzt nicht mehr viel übrig.

Schwach atme sie nur noch, dabei spuckt sie immer wieder ein bisschen Blut. Jake wischt ihr vorsichtig weg. Wenn ich daran denke, wo ich sie das erste Mal gesehen habe. Eine starke, selbstbewusste Frau, die mir Mut zu sprach, an mich glaubte und jetzt liegt sie da. Bereit zu sterben. Dabei hat sie zwei Töchter, die heute ihre Mutter verlieren werden.

Jennifer, ich liebe dich, wie meine Schwester." Sagt Jake mit Tränen in den Augen. Jennifer lächelt ihn an und erwidert schwach: „Ich weiß." Dann schließt sie ihre Augen für immer.

Jake deckt sie vorsichtig zu, bevor er noch ihr einen Kuss auf die Stirn gibt. Dann lässt er niedergeschlagen von ihr ab.

Jetzt brechen bei mir die Tränen durch. Ingo nimmt mich vorsichtig am Arm und wir gehen zurück zum
Fahrschulauto. Ich soll wahrscheinlich nicht sehen, wie Jennifer im Leichenwagen abtransportiert wird.

Dann gibt mir Ingo ein Taschentuch. „Ich sage eben kurz im Büro im Bescheid." Teilt er mir mit. Einen Moment später ist er auch schon am telefonieren. Ich starre unterdessen auf den entgleisten, zerstörten Zug. Wie kann sowas passieren? Sollte die Technik nicht problemlos funktionieren?

Langsam steige ich wieder ins Auto. Aber dieses Mal auf den Beifahrersitz. Ich kann jetzt nicht fahren. Nicht nachdem ich Thomas da tot liegen gesehen habe. Vielleicht ist er schon längst im Helikopter gestorben, ohne dass ich es jetzt mit kriegen würde.

Traurig schaue ich nach draußen. Mehrere tote Menschen werden abtransportiert. Andere Menschen stehen wieder um sie rum und weinen bitterlich. Ein Junge sitzt jetzt gerade neben seiner leblosen Mutter. Er rüttelt und schüttelt sie. Doch sie gibt keinen Ton mehr von sich. Der Junge schreit: „Bitte Mama wach auf." Doch sie wird nie wieder mehr aufwachen, so wie Jennifer.

Zum Glück kommt Ingo endlich wieder. Er steigt zügig ein. „Wir fahren erstmal zur Fahrschule. Willst du irgendjemanden Bescheid sagen, der dich von da dann abholt?" Fragt er gefasst. Ingo wirkt fast so wie ein starker Fels in der Brandung. Einer, den nichts aus der Bahn werfen kann. Ein fester Anker.

Ja. Ich werde meinem Vater eine Nachricht schreiben." Antworte ich, mit einer weinerlichen Stimme. „Du kannst natürlich solange dann in der Fahrschule warten. Ich werde heute keine Fahrstunden mehr geben." Bietet Ingo mir freundlich an. Ich nicke dankend. Er will nicht, dass ich jetzt alleine bin und das weiß ich wirklich zu schätzen.

Dann hole ich mein Handy raus und schreibe an meinen Vater.

Es gab einen schlimmen Unfall. Kannst du mich gleich von der Fahrschule abholen?💝

Versendet und ausnahmsweise sofort gelesen von ihm. Normalerweise braucht er mindestens eine Stunde bis er sie liest.

Natürlich. Ich bin in ca. einer Stunde da😃. Ist dir denn etwas passiert? Also hast du dich verletzt?🤕

Der typische Emoji bei Vätern, genauso wie der Daumen hoch. Zügig antworte ich.

Mir geht es gut. Aber es sind mehrere Personen gestorben🖤

Diese Fahrt ist Ingo ausnahmsweise mal still. Die Stille ist bedrückend, so als wenn sie einen ersticken wollen würde. Ich selbst kann kaum atmen. Jetzt wäre ich einfach gerne an Thomas Seite. Aber würde er auch das gleiche für mich tun?

Nach 20 Minuten kommen wir endlich an der Fahrschule an. Ingo und ich steigen ohne ein Wort zu sagen aus. Dann betreten wir die Fahrschule.

Nicole, die im Empfang sitzt, guckt uns zwei sprachlos an. „Dann ist es also wirklich wahr, dass Thomas ins Krankenhaus geflogen werde musste und Jennifer tot ist?" Fragt sie geschockt. Ingo nickt. „Wer weiß es schon alles?" Fragt er sachlich zurück. Nicole antwortet: „Der Chef, Andreas und natürlich seine Ehefrau Simone."  Ja, stimmt seine Ehefrau gibt es ja auch noch.

Aus dem Nebenraum, wo immer der Theorieunterricht stattfindet kann man Stimmen vernehmen. „Der Chef erzählt es gerade Saskia." Erklärt Nicole.

Genau eine Sekunde später öffnet sich die Tür, die zum Nebenraum führt und eine weinende Saskia kommt uns entgegen. „Bleib bitte hier." Bittet Carl Dieter, der Chef der Fahrschule. Doch Saskia geht weiter mit den Worten. „Morgen werden Sie meine Kündigung vorfinden. Ich kann das nicht. Sie ist tot und er wahrscheinlich auch, weil sie Fahrlehrer waren. Und jetzt muss ich zur Schule fahren und ihre beiden Kinder abholen. Dann darf ich ihnen sagen, dass ihre Mutter tot ist. Ich kann das nicht mehr."

„Was kannst du nicht mehr?" Fragt der Fahrlehrer Martin, der gerade auch in die Fahrschule betreten hat. „Jennifer und Thomas hatten einen Autounfall. Thomas ist schwer verletzt. Vielleicht, ...vielleicht schafft er es nicht und Jennifer...." Antwortet Nicole, die dabei etwas stottert vor Traurigkeit.

Was ist mit Jennifer?" Fragt Martin geschockt. „SIE IST TOT!" Schreit Saskia, bevor sie dann die Fahrschule verlässt. Martin geht ihr natürlich sofort hinterher. So aufgebracht habe ich Saskia noch nie gesehen.

Kurz darauf gehe ich auch noch draußen. Saskia und Martin stehen am Auto und Martin hat Saskia im Arm. Sie weint so bitterlich, dass es einem schon weh tut, beim Angucken.

Dann vernehme ich schon das Hupen von meinem Vater und er weiß nicht, was schreckliches passiert ist....

Ein sehr trauriges Kapitel. Ich hoffe es hat euch dennoch gefallen. Schreibt mal gerne eure Meinung dazu in die Kommentare☺️ Nächste Woche werden übrigens zwei Kapitel veröffentlicht🥰

Forbidden desireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt