Yannick

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Das helle Licht der Krankenhausbeleuchtung blendet mich, während die Schwester gerade meine Wunde reinigt. Zum Glück ist sie nicht alt zu tief. Dennoch wird das jetzt gleich weh tun.

Der Doktor kommt sofort." Teilt mir die Schwester freundlich mit. Genau als sie diese Worte ausspricht betritt Yannick, der Freund von meiner Schwester das Zimmer. Wahrscheinlich ist er heute für die Notaufnahme zuständig.

Nachdenklich mustert mich Yannick. So als wenn er probieren würde, die richtigen Worte zu finden. „Hey, die Wunde ist zum Glück nicht tief, so dass keine Arterie großartig verletzt wurde. Ich muss es dennoch kurz nähen. Danach bringt dich Tia auch nach Hause." Erzählt mir Yannick, während er die Nadel auspackt.

Gut, danke." Sage ich etwas müde. Es ist immerhin schon 2 Uhr. „Wird gleich kurz etwas pieksen." Weißt mich Yannick nett drauf hin, bevor er mit der Nadel schließlich in meine Haut rein piekst. Der Schmerz ist erträglich. Zwar etwas unangenehm, aber geht noch.

Während Yannick meine Wunde näht unterhalten wir uns nett über meine Fahrprüfung morgen. Er berichtet mir dabei von seiner, wo er fast jemanden angefahren hätte. Ich hoffe, dass mir sowas nicht passiert. Um ehrlich zu sein, will nach all dem einfach nur noch den Führerschein hinter mich bringen. Doch so leicht wird das nicht.

Eine andere Ärztin betritt eilig das Zimmer. „Wann ist nochmal der Termin zur Gehirnwasser Untersuchung von Herr Seidler ?" Fragt sie hastig, während sie dabei gestresst auf ihre Uhr schaut. „Heute um 16 Uhr." Antwortet Yannick, der fast fertig ist, mit dem Nähen meiner Wunde.

Direkt nach seiner Antwort verschwindet die Ärztin schon. Herr Seidler? Meint sie damit etwa Thomas? Meine Augen fangen an zu leuchten bei dem Gedanken und ein kleines Lächeln breitet sich auf meinen Gesicht aus, das aber kurz darauf sofort wieder verschwindet. Die Traurigkeit erfüllt wieder meinen Körper. Am liebsten würde ich jetzt wieder los heulen, wie an dem Tag meiner Theorieprüfung.

Yannick fällt mein Stimmungswechsel sofort auf. „Hat es etwas mit dem Patienten zu tun, nachdem die Ärztin gefragt hat?" Fragt Yannick einfühlsam. Ich nicke traurig, bevor ich antworte. „Ja, er war ja mein Fahrlehrer und ich war da als er fast gestorben ist. Kann ich bitte nicht einmal sehen? Er war der tollste Fahrlehrer, denn ich je hatte. Bitte! Ich will ihn nur einmal sehen."

Bei meinem Flehen kommen wir fast wieder die Tränen. Yannick denkt kurz nach, bevor er dann sagt: „Komm morgen Abend um 21 Uhr vorbei. Dann habe ich Nachtschicht." Ich springe ihn aus Dankbarkeit freudestrahlend um den Hals. Ja, endlich darf ich Thomas besuchen.

Danke! Danke! Das werde ich dir nie vergessen." Sage ich mit einem riesen Lächeln im Gesicht. „Kein Problem. Kannst du denn so morgen die Fahrprüfung machen?" Fragt Yannick leicht besorgt. Ich antworte optimistisch: „Bestimmt, er tut ja nur zum Glück bei bestimmten Bewegungen weh."

Kurz darauf wurde ich schon von meinem Vater abgeholt. Liam sitzt jetzt erstmal in Untersuchungshaft und ich schlafe diese Nacht zur Sicherheit in einem anderen Zimmer.

Erschöpft schlafe ich ein.

Um ca. 11 Uhr weckt mich mein Wecker. Aber zuerst entspanne ich noch etwas in meinem Bett, bevor ich mich dann fürs Frühstück fertig mache. Heute esse ich alleine. Tia pennt noch von der Nachtschicht und mein Vater ist heute schon früh in sein Studio gefahren. Carl Dieter muss heute morgen schon um 9 Uhr die Teamsitzung in der Fahrschule leiten. Dann wird Ingo heute wieder bester Laune sein.

Meine Fahrprüfung habe ich heute um 15 Uhr. Eigentlich hätte ich sie lieber etwas früher gehabt, dann hätte ich sie jetzt schon hinter mir. Aber man kann ja nicht immer alles haben.

Dazu geht mir die letzte Nacht nicht aus dem Kopf. Jedesmal wenn ich zur Küchentür schaue, sehe ich da Liam drin stehen. Ich fühle mich hier wirklich nicht mehr sicher. Nachdem Abi werde ich hier ausziehen, daran führt kein Weg dran vorbei.

Den Rest des Vormittags verbringe ich mit Lernen für die Prüfung, also halt die technischen Fragen. Wir haben erst letzte Woche die Technik am Auto gründlich besprochen. Ingo hat wie immer alles perfekt und sachlich erklärt. Er weiß echt viel und kann es auch gut vermitteln. Ich glaube, ich habe beim ihm sogar etwas mehr übers Fahren und über das Auto gelernt, als wie bei Thomas.

Um ca. 13:50 Uhr mache ich mich auf den Weg zur Fahrschule. Leider kann mich heute niemand hinbringen und mich beruhigen. Ich bin genauso aufgeregt, wie an dem Tag, als ich meine erste Fahrstunde hatte.

Als ich an der Fahrschule ankomme, steht Ingo schon da mit seiner E Zigarette in der Hand. „Hallo Chloe. Pünktlich wie immer. Komm ruhig einen Moment rein." Sagt Ingo zur Begrüßung. Noch einen Moment mit rein? Sollten wir nicht gleich schon los fahren in Richtung TÜV? Aber Ingo ist der Fachmann und nicht ich.

Kurz gehe ich noch in die Fahrschule. An der Wand hängt eine Pinnwand, wo von jedem Fahrlehrer in der Fahrschule ein Foto mit Name hängt. Natürlich hängt da auch eins von Thomas. Es muss so schon drei Jahre bestimmt alt sein. Wenn ich das Foto anschaue, werde ich wieder traurig. Müsste er jetzt nicht eigentlich hier an meiner Seite sein? Aber nein, dass ist er nicht. Irgendwie fühle ich mich im Stich gelassen, obwohl er ja gar nichts dafür kann.

Chloe komm mal." Fordert Ingo mich auf, der sich in den Bürostuhl gesetzt hat. Da, wo Thomas immer saß.

Natürlich komme ich der Aufforderung nach. „Wir haben heute den Herr Meier als Prüfer." Teilt Ingo mir mit. „Und wie stehen die Chancen bei ihm?" Frage ich sachlich. Ja, ich probiere gefasst zu bleiben, was mir leider etwas schwer fällt, aber brauch ja niemand zu wissen.

Die Chancen stehen bei jedem gleich. Hängt ja schlussendlich immer von deinem Fahren ab, was du dem Prüfer präsentierst. Aber was ich dir jetzt zeigen wollte." Ingo holt sein Handy raus und öffnet Google Maps. Dann zeigt er auf eine Stadtkarte.

Das letzte Mal als ich ihn hatte, sind wir diese Strecke hier lang gefahren. Eigentlich ist an der Strecke nichts besonderes, außer diese Kreuzung. Da musst du besonders beim Fahrstreifenwechsel darauf achten, dass du blinkst, sonst fällst du sofort durch." Erklärt Ingo gründlich. Ich höre ihm dabei zwar zu, aber ich sehe auch gleichzeitig die Zeit immer mehr an mir vorbei rasen.

Gut, ich denke, dann sollten wir uns mal auf den Weg machen." Sagt Ingo und dann machen wir uns endlich auf den Weg zum Fahrschulauto. Jetzt führt kein Weg mehr an der Prüfung vorbei. Ob ich sie bestehe?.....

Was denkt ihr fällt sie durch oder besteht die die Fahrprüfung auf Anhieb?

Forbidden desireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt