Ophelia
»Es tut mir so unglaublich leid, Signora Fratelli. Wir haben unfassbar viel zu erledigen gehabt und nicht gehört, dass sie eine von uns—«
»Es ist alles in Ordnung, Maria. Ich verstehe das.« Lächelnd drehte ich mich zu ihr und ließ mir von ihr das weiße Abendkleid herbringen, um es mir anzusehen. Der Schlitz am linken Bein, der rechte Träger und der kleine Rand von Glitzersteinen über der linken Brustverdeckung entsprach aus einem seltsamen Grund dem Geschmack meines Mannes und würde auch hoffentlich an mir gut aussehen.
»Soll ich Ihnen ihr Schmuckkästchen bringen?«
»Den Goldschmuck bitte nur.«
Sie verschwand mit einem Nicken und ließ mir das Kleid auf dem Bett liegen.
Ich drehte mich zurück zum Spiegel, betrachtete durch diesen das Foto von mir und Antonio und bemerkte dadurch, dass mir seine Anwesenheit doch irgendwie fehlte.
Mittlerweile waren drei Monate vergangen und die Machtübernahme von seinem Vater würde heute Abend besiegelt werden. Irgendein seltsames Ritual musste von uns beiden vollzogen werden, was zur Folge hatte, dass sämtliche Männer dieses Hauses nicht parat waren und ich die Anwesenheit meiner Schwiegermutter ganz alleine genießen konnte.
Unser Verhältnis versprach ja auch so viel dafür, dass ich jede noch so freie Sekunde meines Tages mit ihr verbringen wollte. Und mir ihre Lästereien über mich selbst anhören wollte.
»Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Madame?«
Sie überreichte mir mit einem Lächeln die Schmuckschatulle.
»Das war alles. Danke, Maria. Und bitte sag mir doch, wenn ihr Hilfe bei etwas benötigt.«
»Natürlich, Madame.«
Sie drehte sich und öffnete die Tür – sank den Kopf, als meine Schwiegermutter mit einer älteren Frau hineinkam und mir damit wies, mich zu erheben.
»Ci accompagna, per favore?« {Würdest du uns bitte begleiten?}, bat sie mich in einem aufdringlichen Ton.
Ich nickte nach einem Moment, stieg die Treppen zum oberen Stockwerk hinauf und sah mich in den Raum um, in dem sie mich führte.
»C'è qualche problema, Vittoria?« {Gibt es ein Problem, Vittoria?}, erkundigte ich mich und bemerkte, wie die ältere Dame ein Ultraschallgerät in den Raum schob.
»Per favore, si sdrai sul divano lì« {Bitte leg dich dort auf das Sofa}, schrieb sie mir vor und deutete auf den Morgenmantel, den ich trug. Ohne etwas zu sagen, tat ich es und spürte, wie mir etwas Kaltes auf den Bauch gegeben wurde.
»War Ihnen in letzter Zeit schlecht oder haben Sie Veränderungen an Ihrem Körper vernommen?«, fragte mich die Dame und setzte das Gerät an meinen Bauch.
Wieso dachten sie, dass ich schwanger war?
Es gab keinen Moment, an dem Antonio und ich alleine waren. Ich meine auf diese besondere Weise.
»Ich kann nicht schwanger sein«, bestritt ich schluckend, ließ diese Prozedur dennoch über mich ergehen und hörte das frustrierte Seufzen meiner Schwiegermutter, welche darauf begann, ihre Schläfe zu massieren.
»Sie und Ihr Mann probieren es aber regelmäßig, oder?«
Was sollte ich darauf denn jetzt antworten? Die Familie ging offensichtlich davon aus, dass Antonio und ich Sex hatten und probierten, ein Kind zu bekommen.
Wie sollte ich also vor seiner Mutter offenbaren, dass es nicht so war?
»Ein- bis zweimal die Woche«, murmelte ich unsicher und wischte mir mit einem Tuch den Bauch ab. »Wieso schauen Sie denn so?«
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𝐏𝐥𝐚𝐲𝐟𝐮𝐥 𝐂𝐨𝐧𝐭𝐫𝐚𝐜𝐭
Teen FictionWas für ein Leben führst du, wenn nichts, was du tust, in deinem eigenen Interesse liegt? Mein Schicksal stand bereits als Embryo im Leibe meiner Mutter fest. Ich würde ihn heiraten. Mein Leben wurde auf diesen Tag aufgebaut, meine Bildung wurde auf...