Antonio
Ich hatte vorher nie wahr genommen, wie schrecklich es war von Ophelia getrennt zu sein. Die letzten Wochen hatten wir ständig die Zeit miteinander verbracht und uns bei jeder Kleinigkeit unterstützt. Und nun von ihr getrennt zu sein wirkte auf mich wie eine Qual, die kein Ende nahm. Geschäftsdeals zu unterbreiten, dies alleine, stellte für mich eigentlich überhaupt kein Problem dar. Nur würde ich lieber in diesem Moment bei meiner Frau sein und anderes tun, als alten Männern zuzuhören, die sich weigerten, die Geschäfte an ihre Nachkommen zu übergeben, die wahrscheinlich eine angenehmere Gesellschaft wären als meine jetzige.
Herrgott, konnte man mich nicht endlich hier rausholen?
Ich nahm mir das Glas Wasser vor mir, tippte immer wieder auf der Glasplatte des Tisches herum und versuchte dem Gespräch gedanklich zu folgen. Das war schwieriger, als ich dachte.
»Ich bin mit diesen Änderungen nicht einverstanden« wendete ich nach kurzem schweigen ein. Die Blicke der Männer fielen auf mich. »Mag sein, dass Sie mich alle nicht für kompatibel genug halten oder nicht verstehen wollen, dass ich über Ihnen stehe, aber einer Preisminderung werde ich nicht zustimmen. Ich kann nicht in Kauf nehmen, dass Sie es bei mir günstiger kaufen, um es dann teurer zu verkaufen.« Ich massierte mir die Schläfe aufgrund der aufkommenden Proteste. »Sie haben Familien, genauso wie ich. Der Unterschied ist nur, dass Ihre Frauen noch arbeiten können, meine hingegen es aus Sicherheitsgründen nicht darf, um ihren Schutz zu gewähren. Von der Erbschaft ganz abzusehen: Ich muss meine gesamte Familie versorgen können und nebenbei auch noch an meine Arbeiter denken. Ich versorge 2,5 Millionen Menschen, wenn nicht sogar mehr, und darf es mir da nicht leisten, Geld zu verlieren.«
»Sie verlieren doch genauso viel, wenn Sie ihrer Frau alles bezahlen«, spottete eine der Männer, während sich eine Hand auf meine Schulter legte.
»Wissen Sie eigentlich, dass meine Frau etwa 6,7 Milliarden Dollar erben wird und sie monatlich nur um die 500.000 verdienen? Von dem Geld, das sie monatlich erhält, ganz zu schweigen.« Er verengte die Augen. »Meine Frau ist die Erbin des New Yorkers Kartells, das Kalifornien auch noch unter der Kontrolle hat. Wenn Sie also meinen, weiter schlecht über Sie zu sprechen, haben Sie nicht nur meine Leute gegen sich.« Ich wusste, was danach kommen würde: Wieso sollte Ophelia mich heiraten, wenn sie das Kartell erben würde? War das nicht nur so, da ihr Vater sie nicht für tauglich genug dafür hielt? Und ich wusste, dass ich das mit einem »Ja« beantworten würde. Dennoch war Ophelia mit mir gleichgestellt. Sie hatte genauso etwas zu sagen, wie ich. Und sie hatte das letzte Wort über alles, was ich tun würde.
»Dein Bruder ist am Telefon«, flüsterte mir meine rechte Hand darauf zu und hielt mir sein Handy hin.
Ich nickte einmal, verschwand nach draußen und hielt mir das Handy ans Ohr.
»Was gibt es?«
»Ich glaube, dass etwas mit Ophelia etwas nicht stimmt. Sie lässt niemanden zu sich und starrt wie angewurzelt an die Decke, will aber auch nicht, dass ich dich anrufe«, erklärte mir Romeo und räusperte sich. »Hast du das Gespräch durch?«
»Noch nicht.« Ich sah herüber. »Ich bin in 20 Minuten da.«
🃁 🃁 🃁
Ich betrat auf schwachen Beinen und mit einem seltsamen Gefühl in meiner Brust mein Elternhaus; ging die Treppen hinauf und begegnete meinem Bruder, der schweigend auf die Tür meines Zimmers starrte und offensichtlich überfordert wirkte.
»Sie übergibt sich«, sagte er mir und wischte sich mit einer Hand über sein Gesicht. »Ich glaube nicht, dass du das mit ansehen wolltest.«
»Ja, vielleicht.« Obwohl ich es sagte, ging ich ins Zimmer und öffnete die Tür zum Badezimmer. »Lia?«
»Geh weg«, stöhnte sie und hielt sich die Hand an die Stirn. »Bitte... D-Du sollst das nicht sehen.«
»Ich habe dich bereits in schlimmeren Positionen gesehen. Da ist das doch nichts.« Ich hielt ihr die Haare aus dem Gesicht und streichelte über ihren Rücken. »Du musst etwas Falsches gegessen haben. Ich rufe einen—«
»Ich bin überfällig.« Sie neigte ihren Kopf herunter und atmete durch. »Es ist ... Scheiße.«
»Was ... was meinst du?«
Sie seufzte, neigte ihr Gesicht zu mir und rieb sich über ihren Brustkorb. »Meine Periode ... sie ist ausgeblieben.« Oh. »Ich war noch nie in meinem Leben überfällig. Ich weiß, dass da etwas nicht stimmt.«
»Du denkst, du bist schwanger?« Es war vier Wochen her, dass wir das erste Mal miteinander geschlafen haben. Theoretisch gesehen könnte das also der Fall sein.
»Ich hatte kurz bevor wir nach New York geflogen sind meine Blutung. Und die für letzten Monat ... sie ist ausgeblieben. Ich dachte, dass es an den neuen Umständen liegt, aber diese Option klingt dann doch irgendwie absurd.« Sie lachte verzweifelt und zögerte, bis sie sich an meine Brust lehnte. »Wir müssen das abklären.«
Ich nickte schwach. »Ich frage meine Mutter nach dem Namen ihrer—«
»Ich möchte nicht, dass es die Familie erfährt.« Ich sah verwirrt herunter. »Wir haben gesehen, wozu eure Feinde in der Lage sind. Ich wurde bereits einmal entführt. Ich möchte das nicht noch einmal erleben.«
»Das verstehe ich.« Ich ging mit ihr vorsichtig zum Waschbecken und reinigte ihr Gesicht. »Ich telefoniere herum. Eine private Praxis wäre wohl besser als ein Krankenhaus.«
Sie nickte schwach und begleitete mich in unser Zimmer. »Was machen wir, wenn—«
»Wir wussten doch, dass das passieren kann.« Ich küsste ihre Stirn zart. »Ich liebe dich. Ich hoffe, du weißt das.«
Sie nickte und fasste um meine Hände. »Wir bekommen das hin, oder?«
»Natürlich.« Auch wenn sich da ein gewaltiger Schauer in meinem Körper ausbreitete.
Niemand dürfte davon erfahren.
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𝐏𝐥𝐚𝐲𝐟𝐮𝐥 𝐂𝐨𝐧𝐭𝐫𝐚𝐜𝐭
Novela JuvenilWas für ein Leben führst du, wenn nichts, was du tust, in deinem eigenen Interesse liegt? Mein Schicksal stand bereits als Embryo im Leibe meiner Mutter fest. Ich würde ihn heiraten. Mein Leben wurde auf diesen Tag aufgebaut, meine Bildung wurde auf...