Ophelia
Trotz der tiefen Temperaturen und dem schaurigen Wind, der über das Meer fegte, entschied ich mich, mit einer Tasse Tee und einem Roman mich aufs Deck zu setzen und mich in die Ruhe Atmosphäre zu vertiefen. Mein Mann und meine Schwäger schlummerten in der Stille noch vor sich hin und das Personal hatte ich am heutigen Tag auch noch nicht zu Gesicht bekommen, was ich durch die frühe Morgenstunde verstehen konnte. In sonstigen Fällen wäre ich auch noch nicht wach gewesen, doch durch all die Rüttelungen konnte ich kaum Ruhe finden. So gern ich das Meer auch hatte.
Ich blätterte die erste Seite des Buches auf, scrollte nebenbei durch mein Handy und sah danach für einen kurzen Moment auf meinen Ring.
Kaum zu glauben, dass ich in drei Monaten bereits ein Jahr verheiratet sein würde; dass sich das Verhältnis von Antonio und mir so geändert hat und ich solch ein Leben erleben durfte.
Ich seufzte auf, nahm mir das erste Kapitel vor und legte meine Sachen folgend hin, um an den Schiffszaun zu gehen. Ich legte meine Hände um dieses und genoss den Wind – schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken, als sich Arme um meinen Bauch legten.
»Ich habe dich im Bett vermisst«, flüsterte mein Mann rau und küsste sich einen Weg von meinem Ohr zu meinem Hals.
»Ich wollte dich nicht wecken«, wendete ich ein, drehte mich und küsste ihn zart. »Du erkältest dich noch, wenn du dir nichts anziehst.«
»Ich hatte auch vor, mit dir im Bett zu bleiben.«
Ich legte meine Arme nachdenklich um seinen Hals. »Ich bin wund, Toni.«
»Ich weiß«, grinste er mich schief an, streifte die Strickjacke enger um meinen Körper. »Wir könnten trotz dessen im Bett bleiben.«
»Müssten wir nicht bald anlegen?« Er nickte. »Wir legen bald in Genua an und fahren von dort weiter nach Mailand.« Er streichelte eine meiner Haarsträhnen zurück. »Ich werde heute zwar wahrscheinlich um ein paar Millionen leichter, aber wenn ich dir ein Lächeln auf die Lippen zaubern kann, tue ich alles.«
»Ich liebe dich«, flüsterte ich und hörte ein Pfeifen, sobald ich meine Lippen auf seinen hatte.
»Nehmt euch ein Zimmer.« Die gesamten Fratelli-Brüder standen hinter meinem Mann und grinsten vor sich hin.
Gäbe es nicht ein besseres Gefühl?
»Was treibt ihr hier?«, erkundigte sich mein Mann und drehte sich genervt zu den Vieren.
Romeo räusperte sich.
»Unser Frühstück wird hier serviert. Du wolltest doch, dass wir Zeit zusammen haben: Da hast du sie endlich.«
»Ich bereue das gesagt zu haben«, brummte mein Mann, nahm meine Hand und hob mein Gehen meine Sachen noch auf, um uns danach zum Tisch zu bringen.
Mir begegnete ein Büfett, welches von herkömmlichen Früchten bis zu Pancakes über französische Kost reichte und mich tief im Inneren unglaublich freute.
»Könnten wir das nicht auch Zuhause haben?«
»Wenn es deinen Appetit steigern würde, sicher, nur glaube ich nicht, dass wir den Dienstmädchen auch noch das aufbürsten könnten. Sie müssen ja bereits diese Trottel versorgen.«
Ich schenkte ihm ein kurzes Lächeln, setzte mich und nahm mir etwas von dem Orangensaft, welcher deutlich besser schmeckte als der Zuhause.
»Was magst du haben?«, erkundigte sich mein Mann und gab mir vorerst bereits einige Blaubeeren.
»Etwas von dem French Toast, vielleicht.«
Er lächelte und legte mir ein paar Scheiben darauf, um sich danach ebenfalls etwas zu nehmen und sich mit seinen Brüdern zu unterhalten, die deutlich entspannter als Zuhause wirkten.
Etwas Positives hatte dieser Trip also doch für alle.
🃁 🃁 🃁
»Wie kann ich Ihnen denn weiterhelfen?«, erkundigte sich eine Verkäuferin und lächelte mich mit verschränkten Händen warm an. Ich wagte einen kurzen Blick zu meinem Mann, der mit seinem Bruder in ein Gespräch verwickelt war und mich zum ersten Mal am heutigen Tage alleine ließ. Was definitiv auch einmal gut war.
»Ich würde mir gern ein paar Handtaschen ansehen. Am liebsten eine klassische, die recht schlicht ist.«
»Da gibt es einige Modelle, die ich Ihnen zeigen kann. Begleiten Sie mich doch einmal.«
Ich folgte ihr durch den Shop, sah mir die verschiedensten Modelle an und entdeckte nach kurzem eine Handtasche, die ganz anders wirkte als die anderen.
»Haben Sie diese vielleicht noch in Schwarz?«
»Ich hole Sie gerade«, lächelte sie schwach und verschwand durch eine Tür. Ich sah mich weiter um, sah danach nach meinem Mann, welcher zu mir kam und mich zart küsste. »Etwas gefunden?«
»Eine Handtasche. Die Verkäuferin besorgt mir gerade nur eine schwarze von dem Modell.«
Er nickte mit einem Lächeln und sah sich kurz um. »Ich treffe nachher ein paar Geschäftspartner bei einem Abendessen. Magst du mich begleiten?«
»Eigentlich schon... ich fühle mich nur so unglaublich müde.«
Er lachte. »Verstehe ich. Du hast in den letzten zwei Nächten kaum Schlaf abbekommen.« Und das nur seinetwegen. »Wir fahren hiernach ins Hotel. Ich nehme dann einfach meine Brüder mit, damit du dich ausruhen kannst.«
»Danke«, seufzte ich und war überrascht, als er der Verkäuferin aufwies, noch ein paar Ohrringe passend zu der Handtasche herauszusuchen.
»Insgesamt macht das dann einmal 11.660 Euro.« Ohne darüber nachzudenken, legte Antonio seine Karte auf das Gerät und nahm die Tüte entgegen. »Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag«, lächelte sie anschließend.
Oh, ich glaubte, dass wir denn haben würden.
Wie gefällt es euch? ❤️
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𝐏𝐥𝐚𝐲𝐟𝐮𝐥 𝐂𝐨𝐧𝐭𝐫𝐚𝐜𝐭
Teen FictionWas für ein Leben führst du, wenn nichts, was du tust, in deinem eigenen Interesse liegt? Mein Schicksal stand bereits als Embryo im Leibe meiner Mutter fest. Ich würde ihn heiraten. Mein Leben wurde auf diesen Tag aufgebaut, meine Bildung wurde auf...