Kapitel 29

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-Harry-

Die Kinder amüsierten sich prächtig. Ich konnte es an ihren Gesichtern erkennen. Sie strahlten uns an, als hätten sie schon lange nicht mehr so einen Spaß gehabt. Ich wusste, dass sie erst am Wochenende mit meiner Schwester und meinem Schwager in Seattle waren und einen kleinen Ausflug in die USA gemacht hatten. Sie erzählten Emma und mir viel von ihrem Ausflug, den sie unternommen hatten. Ich war mir sicher, dass sie viele Dinge hinzu dichteten, die wahrscheinlich gar nicht geschehen waren, sondern sich in ihren Gedanken abspielten. Ich hörte ihnen zu, antwortete ihnen auf ihre Fragen und stellte ihnen welche, wenn sie passend waren. Voller Euphorie erzählten sie mehr und mehr, während wir zwischen den Fahrgeschäften hin und her liefen. Milena hatte mir gerade von ihrem Ausflug in das Umland von Seattle erzählt, als sie ein Karussell sah, mit dem sie unbedingt fahren wollte. Sie war Feuer und Flamme und bettelte darum, eine Runde drehen zu dürfen. Während ich eher skeptisch war, erlaubte Emma es ihnen, mit dem Hinweis, dass sie sich unbedingt festhalten mussten und auf ihren Bruder aufpassen musste, der selbstverständlich ebenfalls fahren wollte, nachdem seine Schwester es angesprochen hatte. Sie baten und bettelten darum, dass wir ihnen einen Fahrschein kauften, bis ich schließlich ebenfalls nachgab und sie auch darauf ansprach, dass sie auf sich und ihren Bruder aufpassen sollte. Milena bestätigte dies mit einem überdeutlichen Nicken, während sie die Hand ihres Bruders ergriff und mit den Tickets auf das Karussell zulief.

Emma, die in etwas Abstand zu mir stand, schaute ihnen hinterher. Mit ihren grünen Augen verfolgte sie jeden Schritt der Kinder. Nach ihrem kleinen Ausflug im New Brighton Park ließ sie keinen der beiden mehr aus den Augen. Einmal verlieren reichte. Ein zweites Mal musste nicht sein. Ich betrachtete sie aus etwas Entfernung und stellte fest, dass sie überhaupt keine Ähnlichkeit zu Trish hatte. Weder äußerlich, noch der Charakter. Die einzige Gemeinsamkeit, die beide teilten, war ihre Haarfarbe. Beide waren blond. Emma war einen guten Kopf kleiner als Trish und trug ihre Haare kürzer und lockerer. Während meine Verlobte sie gerne zu einem strengen Zopf oder Dutt zusammenband, fasste Emma sie eher locker zusammen, sodass sich häufig mehrere Strähnen lösten. Auch von ihrem Charakter her, konnten sie unterschiedlicher kaum sein. Trish war herrisch und nahm sich das, was sie wollte, fuhr leicht aus der Haut und war rasend schnell eifersüchtig. Sie war ein Arbeitstier und wahnsinnig ehrgeizig, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Emma war ebenfalls ehrgeizig, allerdings nahm sie sich nicht das, was sie wollte und meinte, ihr zu gehören. Sie kämpfte eher wie eine Löwin, konnte sich jedoch ebenfalls im gleichen Moment in sich hinein verziehen und war verschlossen, wie eine Tür. Bis Emma aus der Haut fuhr, musste man sie reizen und einen wunden Punkt treffen. Sie liebte ihren Job als Au-Pair, das konnte ich ihr ansehen. Sie liebte meine Nichte und meinen Neffen, als wären sie ihre eigenen Kinder. Milena und Dominic liebten sie ebenfalls, während sie vor Trish große Angst hatten. Ich hatte mir schon immer eigene Kinder gewünscht und hatte gehofft, dass Trish mir diese eines Tages schenken würde, aber seit ich Emma kannte, war ich mir diesbezüglich nicht mehr sicher. Wenn ich Emma ansah, wie sie mit Dominic und Milena umging, so würde Trish in hundert Jahren nie mit ihnen umgehen. Sie würde ihr Kind lieben, aber würde sie es genug lieben, um es liebevoll großzuziehen? Oder würde sie die Erziehung an mich abdrücken und sich auf ihre Karriere stürzen, sobald sie die Möglichkeit dazu hatte? Ich wusste nicht, ob ich mit Trish überhaupt Kinder haben wollte. Ich wusste nicht mal, ob ich sie überhaupt noch heiraten wollte. Meine Welt hatte sich auf den Kopf gestellt und ich wusste, dass Emma nicht allein Schuld daran hatte. Auch bei mir musste ich suchen.


„Willst du mich noch lange dämlich von der Seite ansehen?" Emma hatte sich zu mir umgedreht und starrte mich mit einem grimmigen Blick an. „Solltest du nicht eher den Kindern zusehen, dass sie keinen unnötigen Unfug anstellen?"


„Redest du also wieder mit mir?"


„Willst du mich verarschen? Du hast mich heute Morgen angegriffen und hast mich verurteilt, dass ich meine Aufgaben vernachlässigen würde und wunderst dich, warum ich nach deiner Attacke kein Wort mehr mit dir rede?"

Still The OneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt