Kapitel 51

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- Harry -

Wir waren in Montreal gelandet und hatten vor fünf Minuten unser Zimmer im Hotel Manoir Sherbrooke im Herzen der Innenstadt bezogen. Es handelte sich um ein schönes Zimmer. Das große Bett bot genügend Platz für zwei Personen. Ihm gegenüber befand sich ein Schreibtisch an der Wand, über dem ein kleiner Fernseher hing. Rechts neben dem Zimmereingang befand sich unser Bad mit Badewanne. Der Wandschrank war rechts neben dem Bett eingelassen. Für ein paar Tage konnte man es hier aushalten. Vorausgesetzt, man war mit der richtigen Frau hier. Eine Frau, die sich für einen interessierte und nicht umgehend ihren Laptop auf dem Schreibtisch aufstellte und aufklappte. Trish hatte kaum das Zimmer betreten und dachte umgehend wieder an die Arbeit. Wir waren keine Stunde an unserem Urlaubsort angekommen.

Genervt rollte ich mit meinen Augen und ließ ein lautes Schnauben verlauten. Trish hörte mich nicht. Sie kramte ihre Utensilien hervor und stapelte sie säuberlich neben ihrem Laptop auf. Wann war es so weit gekommen, dass sie ihre Arbeit mir vorzog? Seit wann war Trish zu einem Workaholic mutiert, der nichts anderes im Kopf hatte, als Aufträge abarbeiten? Ich verstand, dass es manche Aufträge gab, die wichtiger waren, als andere. Aber seit Monaten tat sie nichts anderes mehr, als an ihrem Schreibtisch zu sitzen und in ihre Tastatur zu hauen oder ihr Telefon zu streicheln.

Wir hatten früher bessere Zeiten erlebt. Zeiten, an denen sie mich zu Spielen begleitete, nicht schnell genug ihren Arbeitsalltag hinter sich bringen und mir in die Arme fallen konnte. Tage, an denen sie nicht ansatzweise an ihren Job dachte und stattdessen mit mir die Gegend unsicher machte.

Wir hatten das Heidelberger Schloss besichtigt, hatten die Altstadt unsicher gemacht, waren bummeln gewesen und hatten deutsches Essen in einem Restaurant gekostet, auf dessen Tischen die Studentenverbindungen der Umgebung ihre Zirkel eingeritzt hatten. Wir waren in Speyer gewesen, hatten einen rheinischen Kaiserdome angesehen, dessen Krypta besucht, waren dort im Technikmuseum und waren in der schönen Altstadt und hatten zur Weihnachtszeit den Weihnachtsmarkt besucht, der sich quer durch die Innenstadt zog.

In Urlauben war sie vollkommen frei, konnte nicht schnell genug das Hotelzimmer verlassen, um die Gegend unsicher zu machen. Sie wollte so viel wie möglich von der Stadt sehen, in der wir uns befanden.

Ich fragte mich, wo waren diese Zeiten geblieben und wann hatte sich das Blatt gewendet. Auf der einen Seite vermisste ich die alten Zeiten, auf der anderen Seite war ich froh, dass sich die andere Seite der Medaille zeigte. Ohne diese wäre es mir nicht möglich gewesen, meine Gefühle für Trish zu vergessen und welche für Emma aufzubauen.

Es war richtig, wir hatten schöne Zeiten erlebt, aber gerade zeigten sich die schlechten Seiten. Diese häuften sich und ich war nicht bereit, diese weiterzuführen, sondern wollte so schnell wie möglich aus meinem Käfig ausbrechen.

Selbstverständlich war ich mir dessen bewusst, dass eine Partnerschaft nicht nur aus rosaroten Brillen bestand. Aber man fühlte sich hintergangen, wenn der Partner keine Zeit für einen aufbrachte. Ich fühlte mich einsam in unserer Beziehung. Ich wollte Abenteuer, ich wollte Aufregung, ich wollte Spaß, ich wollte genauso geliebt werden, wie ich liebte. Ich wollte an regnerischen Tagen auf der Couch sitzen, eingekuschelt und in den Fernseher starren, ebenso wollte ich mit meiner Freundin im Regen tanzen. Ich wollte reisen, neue Orte der Welt entdecken und nicht meinen Urlaub nur zu Hause verbringen. Ich wünschte mir Schmetterlinge in meinem Bauch, wenn ich meine Partnerin umarmte und nicht Magenschmerzen verspüren, wenn ich nur an sie dachte. Nichts davon gab mir Trish. Sie war zu einer Einsiedlerin mutiert, die ein Ziel hatte - Den Kunden glücklich machen. Koste es, was es wollte.

Ein Scheitern der jahrelangen Beziehung schien sie in Kauf zu nehmen. Selbstverständlich machte sie mich dafür verantwortlich. Mittlerweile war ich es gewohnt und konnte damit umgehen. Insgeheim wusste ich, dass ich es mir nicht mehr lange gefallen lassen musste. Bald war ich ein freier Mann und konnte tun und machen was und mit wem ich wollte.

Still The OneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt