Kapitel 61

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- Harry -

Das erste Training auf dem Eis war eine reine Katastrophe. Wir übten Schüsse, trainierten die Kondition mit der Ausrüstung, probierten neue Strategien aus und integrierten die neuen Spieler, die seit dieser Saison unter Vertrag standen. Viele waren es nicht. Drei neue Spieler waren zu unserem Kader gestoßen, die sich an ein eingespieltes Team anpassen mussten. Mit einem der neuen, ein Verteidiger, stieß ich mehrfach zusammen. Am Anfang sah er es ziemlich sportlich, bis er sich belästigt fühlte. Obwohl ich mich entschuldigte, sah er mich böse an, wenn ich nur in seine Nähe kam. Es war nicht mein Tag. Ich hatte kaum geschlafen, fühlte mich ausgelaugt und schwach. Ich versuchte mich zurückzuhalten und hielt Abstand.

Als der Coach mitteilte, dass wir zum Abschluss zur Entspannung drei Runden um die Arena joggen sollten, war ich froh. Ich stöpselte mir meine Musik in die Ohren und rannte los. Liam, der hinter mir herlief, rief mir zu, ich solle langsamer machen, aber ich wollte allein sein. Für diesen einen Moment zumindest. Heute Abend würden wir wieder aufeinander hocken, grillen und ein paar Bierchen trinken. Liam hatte geladen, da Maya den Abend mit Felix' Freundin verbrachte. Liam hatte die neuen Spieler ebenfalls eingeladen. Er wollte sich als guten Gastgeber darstellen und einen guten Eindruck machen, sagte er. Ich vermutete eher, dass er sie einlud, weil ich mit dem neuen Verteidiger Shawn mehrfach aneinander geraten war und er es, in meinem Namen, gut machen wollte. Da er Shawn eingeladen hatte und es blöd aussah, nur einen der Neuen gefragt zu haben, sollten die beiden anderen ebenfalls kommen.

„Wir haben genug Fleisch und Bier. Auf eins oder zwei mehr kommt es nicht an."

So kam es, dass wir zu acht in Liams Garten saßen und uns kennenlernten. Shawn hatte sich den weit entferntesten Sitzplatz ausgesucht, um nicht in meiner Nähe zu sein. Christoph und Moritz hingegen saßen mir gegenüber. Mit ihnen hatte ich, im Gegensatz zu Shawn, keine Probleme gehabt. Sie sahen den Vorfall eher locker. Wir unterhielten uns auf Englisch, so wie auf dem Eis auch. Wir hatten uns darauf geeinigt, sodass niemand außen vor blieb und jeder jeden verstehen konnte. Natürlich passierte es, dass die Deutschen unter uns unbewusst in ihre Muttersprache wechselten. Merkten sie es oder machten wir sie darauf aufmerksam, wechselten sie direkt ins Englische.

Nach dem ersten Bier, schmiss Liam den Gasgrill an und warf die ersten Fleischstücke drauf.

„Was war denn heute mit dir los, Harry? Wo warst du beim Training mit deinen Gedanken?", erkundigte Felix sich.

„Heute ist ein komischer Tag. Ich habe schlecht geschlafen. Eigentlich gar nicht oder nur zwei, drei Stunden. Ich fühle mich schlapp, ausgelaugt und platt."

„Hast du das schon länger, dass du nicht schlafen kannst? Hast du bei der Erstuntersuchung mit dem Teamarzt darüber gesprochen?"

„Sollte ich? Ich habe einfach schlecht geschlafen und der Rattenschwanz zieht sich über den ganzen Tag. Morgen wird das wieder anders aussehen. Alles was ich brauche, ist eine Mütze voll Schlaf."

„Oder die richtige Frau an deiner Seite", murmelte Louis leise in seinen Bart, was ich dennoch verstand.

„Halt den Mund, Tomlinson! Es liegt nicht an der Frau. Ich habe einfach schlecht geschlafen. Das ist alles."

Natürlich tat es das.

„Wer's glaubt!"

„Kümmere dich um deinen eigenen Scheiß!"

Ja, ich hatte Probleme. Ich wollte nicht darüber sprechen. Nicht, wenn die Neuen anwesend waren. Sollten wir später eventuell allein sein und mich einer der alten Hasen ansprechen, würde ich vielleicht darüber sprechen wollen. Vielleicht!

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