Kapitel 53

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- Harry -

Der gestrige Tag fühlte sich an, als hätte sich nie etwas zwischen Trish und mir geändert. Als wäre sie nie zu dem Workaholic geworden, die sie nun war. Die Sonne hatte geschienen, das Thermometer zeigte angenehme zwanzig Grad an und wir genossen unseren Trip durch Montreal.

Nach einem ausgezeichneten Frühstück im Hotel hatten wir uns auf den Weg zu der nächsten Haltestelle der Bustour gemacht. Die Tour startete am Champ-de-Mars, einem ehemaligen Exerzierplatz, auf dem sich noch heute Überreste der Montrealer Stadtmauer befanden. Wir hatten nicht lange auf den Bus warten müssen, nachdem wir unsere Tickets gekauft hatten. Auf dem Oberdeck nahmen wir unseren Platz ein. Wir fuhren die Rue Notre-Dame Est entlang, von der wir erfuhren, dass sie eine bedeutende Straße in Montreal war. Insgesamt war sie fünfunddreißig Kilometer lang und führte durch den östlichen Teil des Stadtzentrums, der Altstadt Montreals und endete am Ufer des Sankt-Lorenz-Stroms an der Nordspitze der Île de Montréal.

Wir kamen an interessanten Sehenswürdigkeiten vorbei und fotografierten beide wie Weltmeister. Wir wollten Erinnerungen an diesen Urlaub behalten. Während Trish einfach drauf los knipste, versuchte ich die besten Motive zu erhaschen. An mancher Haltestelle stiegen wir aus, sahen uns die Sehenswürdigkeit an, machten mehrere Fotos, lasen Hinweistafeln und hörten hier und da einem Fremdenführer zu, der ein paar Informationen zum Standort mitteilte. Die interessanteste Station, die wir anfuhren und an der wir uns am längsten aufhielten, war die Notre-Dame de Montréal.

Wir waren etwas verwirrt, als der Fremdenführer des Busses uns mitteilte, dass der nächste Halt die Notre-Dame wäre. Für mich war es eine Kirche in Paris, nicht in Montreal. Als wir ausstiegen, stellten wir äußerlich kaum einen Unterschied fest. Sie wirkte kleiner, als die in Paris, aber optisch ähnelten sie sich etwas. Wir umrundeten die Kirche, nahmen jede Informationstafel mit und sammelten Eindrücke. Wir schauten uns natürlich auch die Kirche von innen an und stellten fest, dass sie, im Gegensatz zu ihrer großen Schwester in Paris anders aussah. Ich wusste nicht, wie lange wir an diesem Ort verweilten, aber es fühlte sich an, als wären es Stunden gewesen.

Im Anschluss an die Kirche gönnten wir uns um die Ecke einen Smoothie in einer hawaiianischen Espressobar. Der Rest des Tages verflog im Eiltempo. Als ich abends im Bett lag, hatte ich das Gefühl, als wäre ich vor ein paar Minuten aufgestanden. Stattdessen war ich den ganzen Tag auf den Beinen gewesen, hatte die Stadt unsicher gemacht, hatte Eindrücke gesammelt, Fotos geschossen und lecker gegessen. Trish schlief bereits, als ich mein Handy auf dem Nachttisch ablegte und das Licht löschte. Sie lächelte im Schlaf. Sie hatte sich nochmals kurz ihre Unterlagen für den morgigen Termin angesehen, ihr Outfit gerichtet und war im Anschluss rasch eingeschlafen. Wären die letzten Monate so gewesen, wie der heutige Tag, hätte ich niemals Zweifel an unserer Beziehung entwickelt, hätte mich wahrscheinlich niemals in Emma verliebt, sondern würde damit beginnen, meine Hochzeit zu planen. Doch erstens kam es anders und zweitens, als ich dachte.



Mittwoch. Trish war bereits früh auf den Beinen, hatte Frühstück auf das Zimmer bestellt und mich mit ihren letzten Vorbereitungen auf das Meeting in wenigen Stunden, aus dem Schlaf gerissen. Mein Handy zeigte acht Uhr morgens an, als es an der Tür klopfte und ein Page mit Servierwagen ins Zimmer fuhr. Trish überreichte ihm etwas Trinkgeld und scheuchte ihn in einer Schnelligkeit aus dem Zimmer, die er kaum realisieren konnte.


„Liebling. Ich habe uns Frühstück bestellt", flötete sie mir mit einer liebreizenden Stimme ins Ohr. „Aufstehen, Schatz. Ich habe alles bestellt, was uns schmeckt."

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