Kapitel 60

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- Emma -

Eine Arbeitswoche war seit Harrys Abreise vergangen. Ich hatte versucht, meinen Schein aufrecht zu halten, aber ich hatte festgestellt, dass Gemma ihn erkannte. Immer wieder sprach sie mich auf meine Gefühle und meinen Gemütszustand an. Sie hatte mich durchschaut und wusste, dass es mir nicht gut ging. Mehrfach wimmelte ich sie ab und teilte ihr mit, mir ginge es gut, dass ich zu tun hätte oder ein schlechter Zeitpunkt wäre. Doch am Freitag erwischte sie mich in einem für mich ungünstigen Moment. Ich hatte meine Sicherheitsantennen nicht ausgefahren und sie schnappte mich.


„Emma. Ich weiß, du hast viel zu tun, aber ich muss dich heute dennoch um einen Gefallen bitten. Ich muss gleich zur Arbeit und kann es nicht erledigen. Ich hatte gestern einen Videocall mit Harry und er bat mich darum, in sein Haus zu gehen und etwas zu holen." Nein, nein, nein und nochmal nein. Nie im Leben würde ich sein Haus betreten. Erst recht nicht, wenn er nicht im Land war und sicherlich nicht wollen würde, dass ich es betrat. Abgesehen von der Tatsache, dass Trish mich, sollte sie davon erfahren, in Deutschland aufsuchen und in tausend Teile zerreißen würde, was mir einfallen würde, ihre geheiligten Hallen, ohne ihre ausdrückliche Genehmigung, die ich wahrscheinlich nie erhalten würde, zu betreten. „Ich weiß, du wirst nein sagen, aber mir bleibt keine andere Möglichkeit. Ich muss weg. Ich habe ein wichtiges Meeting. Schnapp dir die Kinder und lauf schnell zu Harrys Haus. Es geht ganz fix, da es sich im Eingangsbereich befindet. Du musst aus dem Schuhschrank eine graue Schachtel mit roten Manolo Blahnik Pumps holen und sie in einer Tüte gut versteckt unter der Bank auf der Veranda stellen. Sie werden heute noch abgeholt. Nimm eine Einkaufstüte von uns mit und packe die Schachtel in sie ein. Macht einen Spaziergang, geht im Anschluss auf den Spielplatz, unternehmt was Schönes und macht euch einen schönen Tag. Wir sehen uns heute Abend. Du brauchst nicht zu kochen. Michal bringt Pizza mit."


Sie drückte mir einen Schlüssel in die Hand, verabschiedete sich winkend von mir und zog die Haustür hinter sich zu. Weg war sie. Wie ein begossener Pudel stand ich im Eingang, sah Gemma nach, die sich nicht mehr im Haus befand, sondern ihren Wagen bereits auf die Straße fuhr. Ich hatte keine Lust. Ich würde das Haus nicht betreten. Ich würde sagen, ich hätte den Auftrag vergessen. Nie und nimmer würde ich einen Fuß in Harrys Haus setzen. Ich war nicht lebensmüde und hing an meinem Leben.


„Wir gehen zu Onkel Harry?", hörte ich Dominic hinter mir auf der Treppe fragen. Ich wollte seine Frage schon verneinen, als er freudig aufschrie und seine Schwester aufmerksam machte. „Milena! Wir laufen mit Emma zu Onkel Harrys Haus. Mommy hat gesagt, wir müssen dort etwas erledigen. Anziehen und Mütze aufziehen. Wir wollen los!"


Danke. Nun hatte ich keine andere Wahl, als mich fertig zu machen und mit den Kindern zu seinem Haus zu laufen. Gemma hatte mich ausgetrickst. Sie wusste sicherlich, dass ihr Sohn auf der Treppe stand und hatte den Plan geschickt eingefädelt, dass ich keine Chance hatte, nein zu sagen. Ich war hintergangen worden. Das würde Gemma mir eines Tages, wenn ich besser drauf war, büßen.


„Alles klar. Eure Mom hat uns damit beauftragt, zu Onkel Harrys Haus zu gehen und etwas auf die Veranda zu stellen. Ihr putzt euch bitte die Zähne, wascht eure Hände und Gesichter und ich packe ein paar Sachen ein. Wir gehen nach dem Besuch auf den Spielplatz, auf dem ihr euch ein wenig austoben könnt. Und im Anschluss gibt es vielleicht ein Eis, wenn ihr artig seid und auf das hört, was ich euch sage", rief ich die Treppe nach oben in den ersten Stock. Ich hörte ein lautes Jubeln, das mir zu verstehen gab, dass sie damit einverstanden waren. „Vergesst eure Mützen und die Sonnencreme nicht. Es ist warm und ohne einzucremen verlassen wir das Haus nicht."


Ich verdrehte meine Augen, als ich sie erneut jubeln hörte und machte mich auf den Weg, die Rucksäcke zu packen. Trinken, eine Kleinigkeit an Obst und Gemüse, wie wir es immer dabei hatten, die EpiPens für den absoluten Notfall und das Erste-Hilfe-Pack, das wir immer am Start hatten, um kleine Wunden zu verarzten.

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