Kapitel 3
Ella
In der Dunkelheit und Einsamkeit der Nacht schlief ich ein. Den kühlen Schimmer meines Laptops ließ ich als meinen einzigen Begleiter zurück. Ich wurde abrupt von einer Störung meiner Ruhe geweckt. Die sanfte Helligkeit meines Laptops bereitete meinen Augen Unbehagen. Zuerst dachte ich, dass der Lärm, der meine Träume zerbrochen hatte, vom wieder Aufwachen meines Laptops stammen könnte. Doch dann sah ich eine Gestalt, die im diffusen Schein des Laptopschirms sichtbar wurde. Drake, mit seinen Augen auf den Bildschirm gerichtet, saß dort neben dem Gerät. Was machte er da? Missbrauchte er meine Privatsphäre, durchschauend, was ich zuletzt aufgerufen hatte? Schnell wuchs Wut in mir. Was machst du da?, forderte ich zu wissen. Eine sarkastische Bemerkung war seine Antwort. Ich sehe mir nur an, was du gesucht hast. Ich fühlte eine Welle des Protests in mir aufsteigen. Das geht dich aber nichts an, es ist meine Privatsphäre! Worte wie Eis, die im Raum zu hängen schienen. Er entgegnete mit verzerrtem Gesicht. Du wohnst hier bei uns umsonst genauso wie deine nervige Mutter. Ihr habt hier keine Privatsphäre. Die Worte trafen mich hart, doch ich ließ es nicht zeigen. Eine stille Rebellion entflammte in mir. Ich will hier nicht sein, ich muss hierbleiben. Es waren Worte, die an Wirkungskraft gewannen, indem sie unausgesprochen blieben. Und dann, unter dem gedämpften Licht, saß er immer noch da, seine Anwesenheit wie eine unbequeme Eindringlichkeit. Nur mit einer Jogginghose bekleidet, saß er auf meinem Bett. Die Situation war bizarr und ergab keinen Sinn. Ein Teil von mir sehnte sich danach, dass er einfach verschwinden sollte. Aber da war auch ein stiller Kampf in mir, denn trotz der ganzen Spannung, des Ärgers und der Invasion meiner Privatsphäre War er immer noch da. In meiner Welt. Auf meinem Bett. Und damit wurde ein Teil meiner Einsamkeit durch seine bloße Anwesenheit gelindert. In den vergangenen Monaten war meine Existenz geprägt von tiefer Einsamkeit. Das Verlangen nach Aufmerksamkeit pulsierte in meinen Adern, so intensiv, dass es beinahe schmerzte. Niemand hält dich hier gefangen, hörte ich ihn sagen, seine Stimme klang wie ein Echo in dem stillen Raum. Es liegt in deiner Hand, dir ein Leben zu gestalten, wie du es möchtest. Entscheide selbst, wo dein Platz auf dieser Welt ist. Du solltest nicht behaupten, jemand würde dich dazu zwingen bleiben zu müssen. Du warst schon einmal anderswo. Für uns wäre es besser, wenn du uns verlassen würdest. Sonst könnte es hier schwierig für dich werden. Ich sah ihn an, geschockt. Seine Augen, ein strahlendes Grün, wichen im kalten Licht des Laptopbildschirms einem undurchdringlichen Schwarz ab. Und doch waren sie wunderschön. Sein Gesicht war markant, attraktiv. Du hast Unrecht. Ich kann hier nicht weg, entgegnete ich heiser. Meinen Kopf senkte ich, hoffte, dass er die Tränen, die unaufhaltsam in meinen Augen brannten, nicht bemerkte. Wer sind die Menschen, die du gesucht hast?, fragte er, seine Stimme unerwartet sanfter. Ich musste antworten, obwohl es das Letzte war, was ich wollte. Wir gingen zusammen zur Schule, murmelte ich, zwischen den Worten zitterte eine stille Sehnsucht. Warum suchst du sie nun? Seine Frage hing in der Luft, eine unsichtbare Herausforderung. Ich möchte nicht darüber sprechen. Bitte, erzähle meiner Mutter nichts davon, flehte ich. Ich hob erneut meinen Kopf, um seine Reaktion zu studieren. Sein Blick verriet nichts. Ich werde darüber nachdenken, antwortete er. Seine Stimme klang wie eine Eisschicht. Sie legte sich über die eisige Kälte unseres Gesprächs. Dein weiteres Verhalten wird entscheidend sein. Sein Versprechen hallte in meinen Ohren nach Wie meinst du das? fragte ich ihn in einem undeutlichen Ton. Meine Worte hingen in der schweren Luft. Deine Mutter, sie soll von uns fernbleiben. Sie schafft es unfassbar, unseren Frieden zu stören. Sie ist unvernünftig, sie hintergeht unseren Vater, und das Schlimmste ist, er bemerkt es nicht einmal. Schweigen. Ich konnte nichts darauf erwidern. Mir fehlten die Worte, der Mut, der Entschluss. Ich kann das nicht, stammelte ich schließlich. Sein Gesicht verdunkelte sich. Ich konnte sehen, wie die Muskeln in seiner Wange sich angespannt haben. Alle Emotionen, außer Kälte, waren aus seinem Gesichtsausdruck verschwunden. Mit einer sanften fast liebevollen Geste strich er mir eine Haarsträhne hinter das Ohr. Sein Finger wanderte über meine Wange, eine tröstende Berührung, die eine viel härtere Bedeutung verbarg. Er hielt mein Kinn mit zwei Fingern fest. Ein eisiger Schauer lief mir den Rücken hinunter. Das ist dein Problem, sagte er, seine Stimme hart und unerbittlich. Ob du es kannst oder nicht. Es interessiert mich nicht wirklich. Hauptanliegen ist, dass wir endlich unsere Ruhe haben. Seine Worte trafen mich. In meinem Kopf wirbelten die Gedanken, die Emotionen hin und her. Ich wusste, dass ich handeln musste. Aber die Frage war, wie Und zu welchem Preis? Ich versuche es, murmelte ich in einem kaum hörbaren Flüstern. Er hatte das Zimmer bereits verlassen. Nun war ich allein – wieder einmal allein mit meinen Ängsten und den schwierigen Aufgaben, die vor mir lagen. Wie soll ich das nur schaffen?, fragte ich mich selbst, die Stirn in tiefe Falten gelegt. Sie will und sie kann nichts mit mir zu tun haben, das hatte sie mehr als klargemacht. Aber ich musste es mehr oder weniger hinbekommen. Ich wandte meinen Blick zu dem Fenster. Draußen war es schon hell; die ersten Sonnenstrahlen dieses neuen Tages kämpften ihren Weg durch das dichte Schneegestöber. Es war kalt, aber ich musste raus. Ich benötigte Bewegung, Freiheit, einen Weg aus dieser beklemmenden Situation. Ich benötigte das Auto meiner Mutter. Ein intensives Verlangen, hinauszukommen, verschlang mein Herz. Ich musste allein meiner alten Stadt fahren und herausfinden, was wirklich vorgefallen war. Es war mein letzter Funken Hoffnung, meine einzige Chance. Als ich heute in der warmen, Küche ankam, war, zu meiner Überraschung, auch Jeremy da. Seine Augen trafen meine, voller Freundlichkeit und Sorge. Ella, wie geht es dir?, fragte er. Seine Worte verhangen in der Luft wie eine unsichtbare Wolke von Emotionen. Gut gab ich die kurze Antwort von mir, während ich meine innere Angst vor ihm verbarg. Meine Stimme war so sanft und höflich, wie es nur möglich war. Ich stellte die Frage, die mich seit Stunden quälte. Mama, kann ich dein Auto nehmen? Zu meinem Bedauern war die Antwort genauso unsicher wie meine Gefühle. Ähm, ich weiß nicht. Das Auto gehört Jeremy. Ich glaube nicht, dass er damit einverstanden ist. Sie sprach diese Worte so leise aus, blickte dann weg. Ein flüchtiger Schmerz durchzog mich, da ich es mir schon gedacht hatte, dass sie es mir nicht gibt. Jeremy jedoch, stets der Gentleman, intervenierte. Ich bin damit einverstanden, sie kann es nehmen oder eins, das in der Garage steht. Sie gehört schließlich zur Familie. Doch während seines Tons selbstlos klang, bemerkte ich Drakes Blick auf mir. Er war sauer, fast so, als wäre jeder seiner Kerne mit Haas erfüllt. Meine Mutter, die immer die lieblose Mutter spielte, warf ihre eigenen Zweifel ein. Schatz, du bist schon sehr lange kein Auto gefahren. Ich denke, es ist keine gute Idee. Ihre Worte, obwohl sie nur wollte, da ich nicht herauskomme, klangen in meinen Ohren wie ein ungerechtfertigtes Urteil. Als gäbe es noch mehr zu sagen, hörte ich plötzlich Braden. Seine Stimme, tief und selbstsicher, drang in meine Gedanken. Ich fahre sie. Das wars. Braden, stets der Retter, hatte ein Angebot gemacht, das sowohl Jeremy als auch meine Mutter beruhigte. Na dann ist alles geklärt. Meinte Jeremy trocken. Meine Mutter musste immer alles wissen. Wo musst du denn hin?, erkundigte sie sich. Ich verstand ihre Sorge nicht, doch ich war kein Kind mehr. Ich muss etwas besorgen. Ich kann hier nicht nur so dasitzen. Unsicherheit mischte sich mit Entschlossenheit in meiner Stimme. Ich wusste, dass ich gehen musste, dass ich handeln musste. Es schmerzte, aber ich war bereit. Ich wollte mein eigenes, neues Leben gestalten. Doch zuerst muss ich die Wahrheit kennen. Mit eiserner Stimme verkündete Braden: Ich fahre jetzt in die Stadt, mach dich fertig. Benötigst du Geld?, fragte Jeremy. Nein, ich habe mein eigenes. Aber danke. Meine Worte hallten in dem kahlen Raum wider. Ich spürte den Blick meiner Mutter auf mir. Er war fragend und neugierig. Sie fragte sich bestimmt insgeheim, woher ich das Geld bekam. Ich hoffte, sie würde den Anstand bewahren und diese Frage nicht laut auszusprechen. Braden wartete draußen in der Kälte auf mich. Ich stand auf, zog meinen Mantel und Stiefel an und folgte ihm in sein Auto. Ich machte es mir neben ihm bequem. Ich schloss die Tür gegen den kalten Wind. Der Wind hatte meine Wangen rot gefärbt. Also, wo genau willst du hin? Seine Stimme klang nach purer Neugier, ohne jede Spur von Reizbarkeit. Kannst du mich ? Ich konnte meine Frage nicht zu Ende bringen. Unerwartet klopfte Drake an die Fensterscheibe. Dann öffnete er die Tür mit einem wütenden Ruck. Steig aus. Seine Befehle kamen wie Pfeile, scharf und unerbittlich. Fragend sah ich ihn an. Mach schon, ich fahre mit und du sitzt hinten. Ohne zu diskutieren, stieg ich aus und ging nach hinten. Nach einer kleinen Weile fragte Braden wieder: Also, wo willst du hin? Ich sah aus dem Fenster in die endlos erscheinende Leere. Sind wir sehr weit von Kanles entfernt? Kanles, die Stadt, die wir einst unser Zuhause nannten. Während ich den Namen aussprach, fühlte ich eine bittersüße Nostalgie, die mein Herz erfüllte. Braden nahm meine Frage zur Kenntnis und gab den Namen der Stadt in das Navi ein: Na ja, es ist 148 km entfernt. Ein schwerer Seufzer entkam meinen Lippen. Drake sah mich an. Was willst du dort? Seine Stimme klang jetzt ernst. Da ist unsere Heimat, dort haben wir noch vor einem halben Jahr gelebt, bis ich Ich verstummte abrupt, als mir klar wurde, dass ich beinahe alles verraten hätte. Drakes Augenbrauen zogen sich zusammen. Bis du was? Ich kann es nicht sagen. Wenn meine Mutter es herausfindet, wird sie mich einsperren. Seine Miene hellte sich auf, bei dieser neuen Information. So ist das also. Du warst gar nicht im Internat, stimmt das? Er ließ die Worte in der Luft hängen. Ja, ich war nicht dort. Aber bitte, frag mich nicht weiter nach Einzelheiten. Es war ein Lächeln, das seine Lippen säumte. Ein Lächeln, das einen verführerischen Reiz ausübte, aber doch tabu blieb. Gerade wird es interessant und du verbietest mir Fragen zu stellen? Das funktioniert nicht so, Ella. Seine Worte ließen mein Herz so heftig schlagen, dass es fast schmerzhaft war. Panik überwältigte mich. Die Angst, die Wahrheit vorzeitig preiszugeben, bohrte sich wie ein Dolch in meine Seite. Bis ich selbst alles erfahren hatte, durfte niemand sonst davon erfahren. Ich kann nur sagen, was ich weiß, beteuerte ich hastig. Aber bitte, lass uns das so belassen. Ich kann wirklich nicht mehr sagen als das. Vor einem halben Jahr ist etwas Schreckliches passiert. Warum, das weiß ich nicht, aber das ist es, was ich herausfinden will. Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, als würde bereits das Aussprechen meiner Gedanken zum Unheil beitragen. Ist das dein Ernst, Ella? Du solltest wenigstens das erzählen, was du weißt. Etwas musst du doch wissen! Drake sprach mit gierigem Interesse, aber sein Tonfall bot mir keinen Trost. Drake, lass sie in Ruhe. Wir sind bald da. Ich schlief während des Rests der Fahrt ein und wachte erst auf, als wir am Ziel ankamen. Ella, wir sind da. Wohin musst du genau? Ich gab die Adresse von Isabella an. Dort wollte ich zuerst hinfahren. Als wir ankamen, stieg ich aus und klingelte. Ihre Mutter öffnete die Tür. Ella, oh mein Gott, wo warst du? Ich habe dich so lange nicht gesehen. Tränen traten in meine Augen und ich bemerkte, dass auch Isabellas Mutter weinte. Du warst nicht auf Isabellas Beerdigung. Ich weiß, es tut mir so leid. Aber ich möchte die Wahrheit herausfinden und dabei benötige ich ihre Hilfe. Mein Flehen wurde erwidert von einer betont ruhigen Stimme. Wie kann ich dir denn helfen, Ella? War etwas anders an Isabella, bevor es passiert ist? Nein, sie war wie immer. Fröhlich und glücklich. Kannst du mir sagen, was an dem Abend passiert ist, bitte? Aber keine Antwort konnte ich geben. Ich weiß es nicht. Ich kann mich an die Hälfte nicht erinnern. Und was ich noch weiß, will mir niemand glauben. Alle halten mich für verrückt. Tränen glitzerten in meinen Augen, während ich um letzte Diskretion bat. Bitte, sagen Sie meiner Mutter nicht, dass ich hier war. Ich erzählte ihr alles, was ich wusste. Jede kleine Einzelheit und jedes unbedeutende Detail teilte ich mit ihr. Dabei hoffte ich, etwas Trost in der Transparenz zu finden. Sie versprach mir etwas Wichtiges. Ich möchte herausfinden, was genau vor sich geht. Sie würde deshalb immer für mich da sein. Sie wollte für mich da sein und zuhören. Trotzdem belasteten mich Gedanken an Jennys Mutter. Mein Herz zitterte bei jedem Gedanken an Jenny. Es fühlte sich an, wie ein Verrat. Dieses Gefühl bekam ich, wenn ich daran dachte, ihrer Mutter gegenüberzutreten. Es war schwer, Fragen zu stellen, nachdem sie ihre Tochter verloren hatte. Deswegen führen wir nicht zu Jennys Mutter. Wo fahren wir jetzt hin? Braden unterbrach meine Gedanken mit seiner Frage. Ich überlegte einen Augenblick und entschied dann, dass wir zu dem Ort fahren sollten, wo alles passiert war. Als wir dort ankamen, stieg ich aus dem Auto. Drake und Braden folgten mir. Das Ereignis fand im Wald statt, gleich neben dem Friedhof. Ich wollte Isabellas Grab besuchen. Nicht den Ort besuchen, der zum schlimmsten Tag meines Lebens geworden war. Was willst du hier? Braden schaute mich fragend an. Meine Freundin besuchen, war meine einfache Antwort. Ich hatte Isabellas Mutter gefragt, wo Isabellas Grab war. Als ich das Grab erreichte, kämpfte ich mit den Tränen. Es war überwältigend traurig, es lagen Blumen. Ihrer Ruhestätte, ein Zeugnis dafür, wie geliebt Isabella gewesen war. Wir machten uns schließlich auf den Rückweg zum Auto. Ich bekam das Gefühl, dass Drake und Braden nicht ohne Hintergedanken halfen. Warum helft ihr mir? Ich hielt kurz vor dem Auto an und schaute sie an, wartete gespannt auf eine Antwort. Wir suchen nach etwas damit du wieder verschwindest. wie wir dich loswerden können. Meine Gedanken drehten sich und es wurde mir klar, dass ich voreilig Annahmen getroffen hatte. Sie waren nicht nett, sie hatten ihr eigenes Spiel gespielt und ich, ich war nur ein Bauer. In diesem Moment erinnerte ich mich an Drakes Worte: Ich war unerwünscht. Sie würden alles über mich erzählen und dann würde ich wieder in der Psychiatrie enden. Sie wird es niemals zulassen. Sie wird niemals zulassen, dass ich mein eigenes Leben lebe, sie möchte über alles bestimmen, jedes Detail kontrollieren. Bitte, sagt meiner Mutter nichts davon, sie wird mich wegschicken, flehte ich die Jungs an. Doch, ich hatte keine Hoffnung. Ihr Lachen hallte in meinen Ohren wider, kalt und grausam. Es tat weh. Ich hatte Vertrauen in Fremde gesetzt, sie hatten dieses Vertrauen benutzt, ausgenutzt, zu ihrem eigenen Vorteil. Ich hatte keine Worte mehr für sie übrig. Die gesamte Heimfahrt war von totalem Schweigen gezeichnet. Wir kamen zu Hause an. Ich flüchtete sofort in mein Zimmer. Die Tür schlug ich hinter mir zu. Ich lehnte mich dagegen. Ich versuchte, meinen Atem und Herzschlag zu beruhigen. Dort in der Dunkelheit kam plötzlich ein Gedanke zu mir. Vielleicht gab es einen Ausweg. Vielleicht könnte ich lernen, meine verlorenen Erinnerungen wiederzugewinnen. Ein aufkommender Funken Hoffnung, so klein und zerbrechlich, aber dennoch spürbar. Also machte ich mich an die Arbeit und begann zu recherchieren. Viele Ratschläge und Tipps schienen nutzlos zu sein, füllten jedoch Seite um Seite in meinem Notizbuch. Es gab jedoch eine Information, die hervorstach: unter Stress könnten verlorene Erinnerungen möglicherweise wieder auftauchen. Ein dünner Strohhalm zum Festklammern, aber es war immerhin etwas. Es ist nicht so einfach, große Stresssituationen auszulösen. Oft fühlt es sich an, als ob alle Bemühungen umsonst waren. Ich bin verzweifelt und fühle mich nutzlos in diesen Momenten. Ohne Vorwarnung wird die Tür zu meinem Zimmer heftig aufgerissen. Was hast du in Kanles gesucht?, fragt eine Stimme, den Zorn darin kaum zu überhören. Sie versteht nicht. Sie will nicht verstehen. Du kannst dort nicht mehr hingehen, sagt sie und ich spüre, wie die Wut in ihr aufsteigt. Sie ist wütend, ja, aber mehr noch, sie ist enttäuscht. Die beiden Männer, die ihr alles erzählt haben, haben nichts unversucht gelassen, um sie gegen mich aufzuhetzen. Dann rede mit mir, bettle ich. Du kannst mich nicht einsperren und mir die Wahrheit vorenthalten. Ich habe es verdient, die Wahrheit zu kennen. Ihre Antwort kommt in Form einer Ohrfeige, die mir den Atem raubt. Ich stolpere rückwärts, Tränen fließen unaufhaltsam über meine Wangen. Ich hasse sie. Ich hasse sie so sehr, dass es schmerzt. Mit hasserfülltem Blick beobachte ich sie. Sie wird mich hier festhalten, das ist klar. Wieder einmal habe ich alles ruiniert, meine einzige Chance verschenkt. Du bleibst hier, sagt sie kalt, Ohne mich wirst du nirgendwo hingehen. Der Schmerz in meiner Wange pulsiert. Sie verlässt das Zimmer. Die Tür schlägt hinter ihr zu. Ich lasse mich auf den Boden fallen. Ich sitze da, auf dem kalten Boden, meine Hände auf den Oberschenkeln verschränkt. Dann öffnet Drake die Tür, ohne anzuklopfen. Mistkerl. Er hat alles ruiniert. Ich warte, bis er etwas sagt, aber ich habe keine Absicht, mit ihm zu sprechen. Er grinst nur, ein spöttisches Grinsen, das mich noch mehr in meiner Verzweiflung bestärkt. Alle Menschen, die ich einmal geliebt habe, haben mich verlassen. Ich bin allein, wieder eingeschlossen, ausgeliefert. Es ist zu viel. Ich stehe auf und ziehe meine Jacke an. Dann gehe ich hinaus auf den Balkon. Dort genieße ich die stille Nacht und den schönen Ausblick. Ich hoffe, dass er weg ist, wenn ich zurückkomme. Ich weiß nicht, wie lang ich dort war, vielleicht waren es fünf Minuten, vielleicht auch eine Ewigkeit. Doch als die Kälte in meine Knochen kriecht, gehe ich wieder hinein. Er ist nicht mehr da. In meinen Träumen kommen immer wieder kleine Details vor. Sie handeln davon, was in jener Nacht geschehen war. Aber ich bekomme sie nicht zusammen. Sie sind wie Puzzleteile, die nicht zueinanderpassen.
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The Truth
RomanceEs ist eine DARK Romance Geschichte Ich würde mich über ein Kommentar freuen wie ihr die Geschichte fandet.