Kapitel 25

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Kapitel 25

Drake

Ihr Verschwinden drängt mich an die Schwelle der Verzweiflung, doch ich weigere mich, die Hoffnung zu verlieren. Schon über einen Monat ist es her, dass sie fort ist – ohne eine Spur, ohne ein Lebenszeichen. Wo kann sie nur sein? Beharrlich kehre ich zur Hütte zurück, ihrem letzten bekannten Aufenthaltsort. Nicht wirklich gesehen, dennoch bin ich mir sicher, dass sie dort war. Die geringste Chance, sie dort anzutreffen, ist es, die meinen Willen stählt. Ich habe eine Nachricht hinterlassen, gekritzelt auf sprödem Papier – eine stummes flehen dass sie sich melden möge, sollte es in ihrer Macht stehen. Doch meine Zettelchen verbleiben unberührte Einsiedler auf dem Tisch der Hütte. Mit jedem Tag, der ins Land zieht, zerrinnt die Aussicht, sie zu finden, immer mehr. Der Verlust schleicht sich langsam heran, quälend langsam. Braden jedoch scheint ihre Abwesenheit nicht wahrzunehmen – sein Rhythmus der Gleichgültigkeit bleibt unverändert, als wäre sie nie wichtig gewesen, als hätte es sie nie gegeben. Doch ich werde nicht aufgeben. Nächste Woche werde ich erneut die Hütte aufsuchen, ein weiteres Mal, vielleicht sogar zum letzten Mal. Von neuem setze ich all meine Hoffnungen darauf, sie an diesem vertrauten Ort anzutreffen. Die Warnungen von Alexo an Shana hallen schwer in meinen Gedanken: Sollte Shana Ella nicht aufspüren, droht ein Krieg auszubrechen. Ich erinnere mich deutlich an ein Gespräch, das ich heimlich belauscht hatte – ein scharfer Tadel zwischen meinem Vater und Shana. Er konfrontierte sie, warf ihr Betrug vor; sein sonst so robustes Vertrauen schien an einem seidenen Faden zu hängen. Die Schmerzgewalten von Wut und Enttäuschung in seiner Stimme, als er sie der Lügen bezichtigte – ein unerträglicher Schmerz. Ich spürte, dass es dabei um Ella ging. In einem heftigen Erdrutsch von Emotionen hat er Shana des Hauses verwiesen. Sie durfte nicht länger unseren Weg kreuzen – eine Anweisung, die bei mir paradoxerweise für Erleichterung sorgte. Es war weder gerecht noch leicht, aber es war notwendig, dass er sich dieser bitteren Wahrheit stellte. Die Worte, die Gesten, sie vibrieren in mir nach. Wir sind die stillen Beobachter einer herzergreifenden Geschichte im Entfalten und ich frage mich, welches Kapitel es als nächstes aufschlagen wird. Er kam zu uns, am Tag nach der Konfrontation, und legte alles offen, was er nun wusste. Jedes Detail seines Gesprächs mit Shana, die Ereignisse der Vergangenheit, und unsere Entdeckung, dass unser Vater einst Ella gerettet hatte. Die Erkenntnis, dass Shana unsere Hoffnungen hintertrieben hatte, traf uns tief. Aber seit dem Erscheinen von Enriquo und Alexo begann mein Vater, die Wahrheit hinter dem Schleier zu sehen. Er entfachte das Feuer der Hoffnung auf eine vernünftige Erklärung für Ellas Verkauf, doch Shana konnte nichts Logisches vorbringen. So offenbarte sie meinem Vater die Wahrheit und seitdem – Stille und Abwesenheit. Unser Vater, getrieben von einem unbekannten Motiv, schlug vor, Ella weiter zu suchen und sie zu verstecken. Die Frage, die ich nicht abschütteln konnte – verfolgte er dieselben dunklen Absichten wie mit den anderen Mädchen? Mit zitternder Stimme konfrontierte ich ihn. "Hast du auch vor, Ella zu verkaufen?", meine Worte legen sich schwer in die Luft. Verwirrt blickte er mich an, fragte "Würde es dich denn stören?". Von seiner bizarren Antwort unbeirrt erwiderte ich: "Sie hat es nicht verdient. Ihr Leben war schon schwer genug." "Genau aus diesem Grund müssen wir sie vor Shana oder Alexo finden", antwortete er. Sollten wir sie also retten? Oder wollte er, dass wir weitersuchen, während er sein Schachspiel der Geheimnisse weiterspielt? Ich werde das Schauspiel mit Adleraugen beobachten. Es gibt so viele unbeantwortete Fragen, so viel verborgene Wahrheiten. Neugierig und hoffnungsvoll bleibe ich gespannt auf das nächste Morgen, berauscht von der Vorstellung, dass jede neue Entdeckung uns Ellas Lachen wiederschenken könnte und die Wärme ihrer Gegenwart, die unsere Tage einst erleuchtet hat. Die Wahrheit, ich fühle es, ist nahe – und mit ihr, die Freude eines wiederentdeckten Glücks.

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