Kapitel 32

19 3 0
                                    

Kapitel 32

Ella

Im eisernen Griff der Stille umfing mich die Fahrt. Versunken hinter getönten Scheiben, verriet der Fahrer nicht, welches Ziel uns ansteht. Ein bizarres Haus, fremd und doch bedrohlich, goss Zweifel in meine müden Gedanken. James wohnte hier nicht; hatte ich mich etwa in das Netz meiner Mutter, oder schlimmer noch, in das von Alexo verirrt? Wo sind wir hier? Meine Stimme war ein flüchtiger Schatten in der beklemmenden Atmosphäre des Autos. Jemand wird gleichkommen, um Sie abzuholen, erwiderte er, ominös und ungerührt. Abholen? Eine zaghafte Panik regte sich in meiner Brust, als ich vergebens versuchte, die verriegelte Tür zu öffnen. Öffnen Sie die Tür, ich will hinaus!, rief ich, meine Stimme ertrank in der Furcht, die mich zu ersticken drohte. Sie müssen warten, kam es zurück, kalt, unheilvoll. Mein Puls raste, wild und ungezähmt, als schlüge er gegen die Wände meines eigenen Gefängnisses. Die Tür sprang auf, ein Befehl: Bitte steigen Sie aus. Und ich gehorchte, Fuß um Fuß, hinein in ein Schauspiel, das mich zum Hauptdarsteller ernannte, ohne mein Einverständnis. Die Villa, die kein Zuhause war, empfing mich mit offenen Armen und verschlossenen Absichten. Sie warteten schon, schweigsame Gestalten, im prunkvollen Entree. Mister Da Konza wird gleich erscheinen. Mein Herz stürzte in einen Abgrund. Nicht er. Warum? Instinktiv suchte ich den Ausweg, die Flucht, doch kräftige Hände zerrten mich zurück ins Zentrum des Geschehens. Mein Aufbegehren wurde im Keim erstickt: Ein Schlag, und die Welt verblasste zu einem leisen Summen. Da ist meine Ella. Endlich zuhause, tönte seine Stimme, gesättigt mit Besitzanspruch. Als er sich mir näherte, spuckte ich ihm ins Gesicht, ein Akt verzweifelter Widerspenstigkeit. Sein Gelächter grollte wie Donner, ein Omen des Unheils. Bringt sie in den Keller. Schließt sie ein. Der Keller empfing mich feindselig, eine Zelle aus Schatten und kaltem Beton. Die Toilette, ein trügerischer Luxus inmitten der Düsternis. Ketten von der Decke, Seile und ein Schrank, versiegelt mit einem Schloss, das Geheimnisse bewahrte. Flecken, düster und bezeichnend wie vergossenes Blut, befleckten den Boden. Bitte lass es nur Farbe sein. Ich sank in den Stuhl in der Ecke, verloren in der Gewissheit des Wartens. Bald kam er. Hast du Angst vor mir?, erkundigte Alexo sich, der Klang seiner Stimme eine Herausforderung. Lass mich gehen, antwortete ich, meine Gleichgültigkeit eine dünne Maske. Ich habe so lange darauf gewartet, dich hier zu haben. Du glaubst doch nicht, dass ich dich jetzt einfach gehen lasse. Er trat vor mich hin, nahm meine Hand, und mit jeder Faser meines Seins leistete ich Widerstand gegen die erbarmungslose Festigkeit seines Griffes. Er zerrte mich zu dem Tisch, blank und steril wie in einem Operationssaal. Was für ein finsteres Meisterwerk plante er hier? Er griff nach den Ketten und fesselte mich damit, die Seile straff um meine Handgelenke ziehend. Was soll das werden? fragte ich, meine Stimme ein zitterndes Echo in dem düsteren Raum. Was wohl?, erwiderte er kalt und ohne auch nur einen Funken Mitgefühl. Du warst ungehorsam, und ich musste ewig auf dich warten. Du verlangst nach einer Strafe. Seine Worte trafen mich wie Peitschenhiebe, doch eine andere Frage brannte in mir stärker. Wo ist meine Mutter?, fragte ich verzweifelt, hoffend auf ein Zeichen der Güte in seinem kalten Blick. Deine Mutter?, spottete er mit einem grausamen Grinsen. Die Frau, die dich verkauft hat? Glaub mir, sie kümmert sich nicht um dich. Seine Worte trafen mich ins Mark. Hatte Braden mich verraten oder wussten sie bereits von meinem Aufenthaltsort? Es schien ohnehin belanglos, denn mein Hier und Jetzt bestimmte meine düstere Realität. Es ging nicht mehr um Herkunft oder Verrat, nur um die Rache, die ich schwor, aus den Tiefen meiner Seele zu schmieden. Alexo stand hinter mir, unsichtbar, aber in seiner Anwesenheit allgegenwärtig. Ich konnte nicht sehen, was er tat, doch ich hörte das Öffnen und Schließen von Metallschranktüren, das Klirren von Gegenständen und sein Murmeln. Plötzlich stand er still direkt hinter mir. Folge meinen Anweisungen, befahl er leise, und dir wird nichts geschehen. Aber wehe, wenn du widerständig bist. Dann werde ich dich so bestrafen, wie heute. hoffnungsvoll wartete er auf meine Antwort, doch ich konnte bloß in stummem Schmerz verharren. Der erste Schlag traf mich, und ich schrie verzweifelt auf. Versuchte, die Hiebe zu zählen, doch nach zehn gab ich auf, während sie auf meinen Rücken, mein Gesäß und meine Beine niederprasselten. Trotz meiner Kleidung brannte jeder Treffer wie Feuer und versprach tiefe, dunkle Blutergüsse. Tränen stahlen sich über meine Wangen. Mein Körper hing schlaff, die Kraft entwich mir, ich war nichts als eine Hülle des Schmerzes. Ich wollte nur, dass es aufhörte, dass die brütende Dunkelheit der Kammer und die erbarmungslosen Schläge verschwanden und mich schließlich Freiheit und Morgenlicht begrüßen würden. Heute Nacht bleibst du hier, sprach er mit einer Ruhe, die mich erschauern ließ. Er verließ den Raum, die Tür knarrend und endgültig hinter ihm ins Schloss fallend, mich zurücklassend in Ketten, gebrochen, doch nicht besiegt. In meinem Herzen begann ein Funke der Entschlossenheit zu lodern, fein und kraftvoll wie das Licht eines entfernten Sterns. Ich würde diese Dunkelheit überwinden und selbst in der Schwärze der Nacht eine Flamme der Rache leuchten lassen.

The Truth Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt