Kapitel 27

27 3 0
                                    

Kapitel 27

Ella

James hatte uns unserer Zweisamkeit überlassen, mit der schlichten Bemerkung, dass ein Gespräch anstünde. Während ich innerlich eine Flut von Fragen an Drake hatte – was war geschehen, wo befand sich meine Mutter, welche Rolle spielte Jeremy in all dem – stand die Aussicht auf Antworten in weite Ferne. Kaum hatten wir mein Zimmer erreicht, überkam mich Drakes Leidenschaft. Er küsste mich mit einer Gier, als könne er ohne den Hauch meiner Nähe nicht atmen. Ich verhielt mich zunächst zurückhaltend. "Du wirst bestraft", sagte er, und in das Labyrinth seiner Worte gezwungen, verharrte ich regungslos. "Was?", fragte ich irritiert. "Du bist geflohen, ohne auch nur einen Ton, ich suchte überall nach dir und doch verstrichen die Stunden, also, die Strafe wirst du tragen", sagte er, sein Gesicht erhellte sich in einem schalkhaften Grinsen. Ich runzelte die Stirn in Ratlosigkeit darüber, was er mit 'Strafe' meinte. "Was genau verstehst du unter 'bestraft'?", fragte ich. "Das wirst du sogleich erfahren", erwiderte er mit einem erneuten Grinsen. Drake schloss die Zimmertür, hob mich hoch und trug mich über seine Schulter zum Bett, auf dem er mich sanft absetzte. "Warte hier", befahl er. Dann verschwand er im Bad und kehrte mit einem Gürtel von einem Bademantel zurück – zweifelsohne nicht, um diesen einfach zu benutzen. Vor mir stehend, band er meine Hände mit dem Gürtel zusammen und fixierte sie am Bettgestell. Ratlosigkeit spiegelte sich in meinen Augen und ich spürte eine merkwürdige Mischung aus Aufregung für das, was er wohl vorhatte, und Angst vor dem unbekannten Schmerz, den ich vermutete. Die Erinnerung an das, was Braden einer anderen Frau angetan hatte, schlich sich wie ein dunkler Schatten in meine Gedanken. "Drake?" Meine Stimme zitterte leise und unsicher. "Ella?" Seine Antwort klang scherzhaft. "Ich habe Angst", gestand ich. Er lachte. "Vor mir?" "Ja, du machst mir Angst." "Ich verspreche dir, es wird dir gefallen", sagte er mit einer Gewissheit, die in mir widersprüchliche Empfindungen wachrief. Ich lag dort, mein Herz schlug heftig, als er mein Shirt mühelos aufschlitzte und meinen BH vom Körper riss, als wären die Träger aus nichts weiter als Spinnweben gefertigt. Hose und Slip entfernte er auf herkömmliche Weise. Nachdem er sich seiner eigenen Oberkleidung Kleidung entledigt hatte, legte er sich neben mich und flüsterte mir ins Ohr: "Verschwinde nie wieder, ohne mich. Nimm mich das nächste Mal mit." "Ich soll Bescheid sagen, bevor ich fliehe, ist das dein Ernst?", erwiderte ich provozierend. Sein Blick verdüsterte sich und seine Lippen pressten sich fest auf meine, während seine Hand zärtlich meine Brust massierte. Langsam küsste er sich abwärts, zuerst sanft saugend an der einen Brust, dann an der anderen, und schließlich biss er leicht zu – es schmerzte, aber in dem Schmerz lag auch ein süßes Gefühl, das mich gefangen hielt. Beharrlich küsste er sich weiter hoch zu meinem Hals. Zwischen meinen Beinen spürte ich ein drängendes Verlangen, doch er ließ sich Zeit, fuhr fort, mich an allen Stellen zu berühren, nur nicht da, wo ich es so sehr begehrte. "Drake, bitte", hauchte ich. "Ich habe dich nicht verstanden", erwiderte er mit einem Grinsen. "Drake, bitte!" Und er, das Grinsen noch immer auf den Lippen, fragend zurück: "Was bitte?" Da platzte es aus mir heraus, das Geständnis meiner Begierde, klar und unumwunden, und ich spürte, wie sehr ich mich schon jetzt in dem Netz unserer eigenwilligen Zweisamkeit verloren hatte. Verlegen und mit leicht erröteten Wangen fixierte ich Drakes Tiefseeblick. "Nicht so eilig", flüsterte er mit einer Stimme, die das Verlangen in mir entflammte, jedoch auch eine unerklärliche Furcht weckte. "Wenn ich bereit bin, werde ich dich auf jene Weise lieben, die du dir ersehnst." Was genau fertig sein bedeutete, verschwand im Nebel seiner geheimnisvollen Aura. Mein Herzschlag beschleunigte sich, ein banges Gefühl legte sich wie ein kaltes Tuch auf meine Seele. Seine Lippen wanderten in einer kontemplierenden Langsamkeit über meine Haut, als wolle er jede Pore auswendig lernen. Widerwillig, doch getrieben von der unerklärlichen Magie seines Wesens, spreizte ich meine Beine in einem stummen Bitten, das mehr nach Fortsetzung als nach Stopp verlangte. "Nicht so schnell," hauchte ich wieder, und es klang in meinen Ohren fast wahnsinnig. Seine Hände geleiteten über die Innenfläche meiner Oberschenkel, als streichelte er einen kostbaren Schrein. Mein Körper reagierte instinktiv, schob sich dem Ursprung meiner Erregung entgegen. Drake ließ ein verschmitztes Lächeln aufblitzen, die Freude an meinem sich abzeichnenden Verlangen offen zur Schau stellend. Doch dann änderte sich das Spiel, und seine Küsse wanderten tiefer, erweckten sinnliche Feuer, bevor sie jäh erstickt wurden. Eine kurze Ewigkeit später griff er in seine Hose und förderte einen Gegenstand zum Vorschein. Mein Atem erstarrte, als ich die Konturen einer Waffe auf dem Nachttisch bemerkte. Verunsichert traf mein Blick den seinen. Wofür benötigt er eine Waffe? Hatte sich das Schicksal gegen mich verschworen? Angst kroch in meine Adern und ließ mein Blut zu Eis gefrieren. Nicht genug damit, folgte ein Klappmesser und sein ebenso kompromissloses wie bedrohliches Funkeln im Auge, als er es unwiderruflich in der Hand hielt. Meine Angst war greifbar, doch ich hoffte, sie bliebe im Dunkel meines inneren Aufruhrs versteckt. Er näherte sich erneut, das Messer wie einen Teil seines Körpers mit sich führend. "Drake, was wird das?" Meine Stimme zitterte wie das Laub im Wind. Drakes Mundwinkel hoben sich, sein Blick war ein Feuerwerk des Begehrens. Bilder vergangener Grausamkeiten, die Braden an einer Frau beging, blitzten in meinem Geist auf, unaufhaltsam und quälend. Drake kniete vor mir, setzte die Messerspitze auf meine Haut und zeichnete, als wäre sie seine Leinwand, mit ihrer Kälte eine Spur, die mir Gänsehaut bescherte. "Vertraust du mir Ella?" In einem Anflug von Vertrauen und Wahn stammelte ich ein leises "Ja", als Drake nach meiner Zuversicht fragte. Die Messerspitze drückte härter, ein Vorgeschmack von Schmerz und Panik flutete durch mich. Doch ich verharrte regungslos, aus Furcht, der fatale Bewegungen zu provozieren. Dann jedoch wandelte sich seine Grausamkeit in beruhigende Zärtlichkeit, sein Mund fand wieder den Weg zu meiner empfindlichsten Mitte. Das Messer, nun ein Instrument seiner vielschichtigen Leidenschaft, fügte einen Schnitt zu, flach und schnell, worauf seine Zunge das entweichende Rot koste. In diesem Augenblick des schmerzvollen Genusses befreite er sich von den letzten Fesseln seiner Kleidung und enthüllte die Macht seiner körperlichen Präsenz. Sein Körper war eine stolze Skulptur, Muskeln und Schweiß unter der sanften Beleuchtung unseres heimlichen Heiligtums tanzten. Sanft drang er in mich ein, jeder Bewegung ein Versprechen von Ekstase. Als Drake schließlich seinen Rhythmus beschleunigte, als würde er mit jeder Regung das letzte Stück meiner Vernunft davontragen, verlor ich mich in dem Ozean vehementer Emotionen. Das Schlürfen an meiner Brust wurde zum Rhythmus meines Atems, einem Crescendo der Lust, das sich unaufhaltsam seinem Höhepunkt näherte. In diesem Labyrinth der Sinnlichkeit und des Schmerzes hatte Drake mich genommen, mit jeder Faser meines Seins, und ich verlor mich bereitwillig in diesem unbeschreiblichen Gefühl, das uns für eine flüchtige Ewigkeit verband. Plötzlich stoppt er und mit einer schnellen Bewegung bringt er mich in eine neue Position, der Gürtel spannt und verwindet sich knapp. Er dringt von hinten in mich ein, diesmal mit mehr Geschwindigkeit, ich ringe nach Atem und stöhne auf, als er unerwartet fest auf meinen hinter schlägt. Seltsamerweise empfinde ich Lust dabei, und als er es nochmals tut, kann ich einen lauten Seufzer nicht zurückhalten. Er bewegt sich unaufhörlich, bis wir beide den Gipfel der Lust erreichen. Nachdem wir zu Atem gekommen sind, legt er sich neben mich. Sein Blick ist leuchtend, und ich antworte mit einem Lächeln. Wir sind beide grausam, Ella. Seine Worte bringen meine Stirn in Falten. Ich verstehe nicht richtig. Nein, warum sagst du so etwas? Wir fügen anderen Schmerzen zu, lieben das, was im Verborgenen wehtut. Seine Stimme ist ein Flüstern, gefüllt mit einer düsteren Offenbarung. Ein Schatten des Bedenkens umhüllt meine Gedanken, doch erwidere ich: Aber das ist auch mir ein Vergnügen gewesen. Sein Lächeln breitet sich aus, wird fast triumphierend. Du bist perfekt für uns, Ella, weißt du das? Etwas tief in mir beginnt zu leuchten bei seinen Worten. 'Perfekt', das fühlt sich wie ein Strahl wärmenden Lichts in der Dunkelheit an. Bitte, lös die Fesseln, ich fühle meine Hände kaum noch. Er tut es sorgfältig, massiert Leben in meine Finger zurück. Dann fällt mein Blick auf die Waffe. Mein Herz schlägt einen Moment aus. Wozu brauchst du sie?, frage ich, Spuren von Angst in meiner Stimme. Ich habe gesagt, wir sind grausam. Seine Antwort ist ruhig, doch in seinen Augen lodert ein unruhiges Feuer. Das seid ihr nicht, ihr habt mir geholfen. Das ist etwas Gutes. Ich versuche, die Zweifel zu vertreiben. Wir helfen dir, weil du uns gehörst. Diese Worte lassen mich frösteln. Unsicher erkundige ich mich nach seiner Vergangenheit, und als ich ihn nach Morden frage, zögert er, wählt seine Worte mit Bedacht. Ja, das habe ich, aber dir werde ich nie etwas antun. Außer... Er sendet mir ein zwinkerndes Lächeln, seine Verspieltheit lässt mich für den Bruchteil einer Sekunde die Wirklichkeit vergessen. Drake, ich erinnere mich an alles, was passiert ist. Ich spüre einen Stich im Herzen. Und wie fühlst du dich damit? Er fragt nach meinen Empfindungen, als würde er über einen Sturm sprechen, den wir beide überlebt haben. Die Fragen klingen in mir nach: Isabell ist tot. Wo ist Jenny? Was hat dein Vater damit zu tun? Drake umfließt jede meiner Anschuldigungen mit ausweichenden Antworten. Sein Vater hat sich gegen meine Mutter gestellt, und nun ist sie fort, verbannt durch die Wahrheit. Mit jedem weiteren Wort Drakes steigt Unglauben in mir auf, Tränen suchen sich ihren Weg. Ich kann nicht fassen, wie sich mein Leben verändert hat, in ein Netz aus Sorge und Schutz, in dem ich bisher nur von meinem Vater umfangen wurde. Jetzt, da so viele Stimmen sich erheben. Könntest du mich zu meinem Vater bringen?, flehe ich, Gefühle stürzend wie Wasserfälle. Selbstverständlich, seine Antwort ist ein Fels in der Brandung meiner Unsicherheit. Er hält mich fest, sodass ich seinen Atem auf meiner Haut fühlen kann, seine Worte einen Anker bilden: Ich werde immer für dich da sein und dich überall finden. Ich strahle, von Zuversicht erfüllt, doch eine Frage bohrt sich in mein Bewusstsein, eine ungeklärte Sorge: Und was ist mit Braden? Drake weicht aus, weist mich an, Braden selbst zu befragen, und meine Brust zieht sich vor Kummer zusammen. Doch Drake steuert gegen, seine Stimme ist Zynismus und Trost zugleich. Er sieht mich an, seine Worte ein zartes Gewicht: Bist du nicht glücklich? Ich bin bei dir. Die Nacht breitet ihre Flügel über uns, und wir bereiten uns darauf vor, dem Tageslicht zu entfliehen. lass uns Schlafen, ich bin müde, murmelte ich und doch, bevor die Dunkelheit uns nimmt, sorgt er dafür, dass ich keine Schmerzen mehr habe an der wunde, die er mir zugewandt hatte.

The Truth Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt