Kapitel 51

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Kapitel 51

Ella

Seit einer kleinen Ewigkeit, genauer gesagt drei ganzen Monaten, ist die Stimme meiner Mutter verstummt. Ein stilles Echo in den endlosen Hallen des Schweigens, doch seltsamerweise hinterlässt ihre Abwesenheit keine Spur der Leere in meinem Herzen. Kaum mehr als ein flüchtiger Gedanke, ob es ihr gut geht, zuckt gelegentlich durch meinen Sinn, bevor er wieder in den Schatten meiner Gleichgültigkeit versinkt. Mein Vater, der stets eine wachsame Präsenz in unserem Leben war, findet nun seine Zuflucht im Heim von James - sein neues Refugium, in das er wie ein Müder Pilger geflohen ist. Dort hat er eine unerschütterliche Bruderschaft mit James geschmiedet, so als würden sie beide dem Rauschen der Vergangenheit zuhören, die nur sie verstehen können. Derweil hat uns Jeremy, fast vollständig verlassen. Sein Zimmer wirkt wie eine verlassene Bühne. In der Villa ist seine Präsenz nur noch eine flüsternde Erinnerung, die in der Winde verweht. Seine raren Besuche sind wie Sternschnuppen, flüchtig und allzu selten, ein flimmerndes Signal, dass er noch Teil unserer Welt ist. Doch für wie lange? Und so leben wir nun, in dieser Villa. James, der seltene Gast in diesem Zuhause, unseres familiären Friedens zu sein. Wenn er vorbeischaut, sind seine Besuche nüchtern und funktional, lediglich Kontrollgänge ohne ein Wort mehr als nötig. Jennys Anrufe durchbrechen regelmäßig die Stille meines Alltags - sie ist ein befreiter Vogel, dessen Dankbarkeit in jedem Wort mitschwingt. Mein Name ruft keine Groll in ihr hervor, was meine Angst vor ihrer Ressentiments grundlos macht. Ich hatte befürchtet, dass sie mir die Vergangenheit meines eigenen Blutes anlasten würde, doch sie sieht klar, dass ich nicht meine Mutter bin. Die gemeinsame Zeit mit ihr ist ein Geschenk, und bei jedem unserer Treffen, spürt sie neugierig nach, ob wir wirklich in trauter Dreisamkeit unseren Ruhepol gefunden haben. "Ella, wo steckst du?" Drakes Stimme hallt durch das Haus, geht über Stockwerke hinweg, bis sie mich erreicht. "Hier bin ich", antworte ich, lass die Antwort über die Wasserfläche des Pools tanzen, während meine Füße im kühlen Nass baumeln. "Was treibst du da?" Die Neugier in seiner Stimme lässt mich lächeln. "Ich sitze nur hier ... genieße den Moment." Sein Schritt nähert sich; er gesellt sich zu mir. Seine Worte strömen in einer Flut des Bedauerns auf mich ein: "Weißt du, ich denke oft darüber nach, ... wie anders alles sein könnte. Wäre meine Mutter nicht in das Leben deines Vaters getreten, ich hätte dich nie gekannt. Womöglich befände ich mich an der Seite von Alexo, oder ich wäre vielleicht gar nicht mehr am Leben." Die Traurigkeit in mir baut sich auf, wie eine Welle, die sich aufzutürmen droht. "Hör auf, solchen Unsinn zu denken", versucht er die Düsternis zu vertreiben. "Du bist hier bei uns. Alles, was geschehen ist, liegt hinter uns. Wir sind glücklich; das ist es, was zählt." Mein Lächeln ist wie ein Anker in der Strömung seiner Gedanken. Gott, sein Lächeln - es hat die Macht, mich jedes Mal aufs Neue zu schwächen. Ich schmelze dahin, gefangen in einem Moment teuflischer Zärtlichkeit. "Warum habt ihr mich nicht dazu geholt? Hattet ihr etwa ohne mich euren Spaß?" Braden, mit einem Anflug von Sarkasmus in seiner Stimme, hat sich in seine Badehose geworfen und stürzt sich mit einem Satz ins Wasser. Sein Eintauchen lässt kühle Tropfen in meine Richtung spritzen. Lachen, frei und beschwingt, schallt zwischen uns allen hin und her, während wir uns gegenseitig mit Wasser attackieren. Langeweile ist ein Fremdwort in ihrer Gesellschaft. Sie schwimmen zu mir herüber, einer frontal, der andere im Rücken, und umschließen mich in einer liebevollen Umarmung, als könnten sie mit ihren Armen die Welt für mich bannen. "Wisst ihr, ich liebe euch. Ich bin so dankbar, euch zu haben." Mit diesen Worten öffnet sich mein Herz weiter, und der Gedanke, mein Leben mit ihnen zu teilen, erscheint mir als das größte Glück, das ich mir hätte erträumen können. So verschmelzen Dankbarkeit und Liebe zu einer Trilogie des Glücks in meinem Leben. Sicherheit, Wärme und Lachen - die Zutaten unseres Daseins - bilden die Basis einer Existenz, die ich mir in meinen wildesten Träumen nicht schöner hätte ausmalen können. Und in diesem Augenblick, umgeben von den zwei Menschen, die meine Welt bedeuten, weiß ich, dass ich nach nichts mehr streben muss als nach diesem Gefühl der Vollkommenheit, das uns umgibt.

Vielen dank das ihr meine Geschichte gelesen habt ich würde mich über einen Kommentar freuen wie ihr sie fandet.

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