Kapitel 33

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Kapitel 33

Jeremy

Ich stand ratlos da, die Stirn in Sorgenfalten gelegt, überlegte, wie ich Ella zu neuer Freiheit verhelfen könnte. Schließlich kam ich zu einem Entschluss: Ich würde sie von Alexo befreien, indem ich ihn auszahlte. Ein beträchtliches Geldangebot sollte genügen, um Ella ihre Ruhe zu kaufen. Was mit Shana geschah, ließ ich außer Acht; mein Hauptanliegen war, dass Ella erlöst wurde. Am Vortag war Ella den gesamten Tag über in ihrem Zimmer, eingehüllt in Stille und Einsamkeit. Ich wollte ihr nicht zur Last fallen, also verletzte ich die heilige Ruhe nicht, die ihr Zimmer umgab. Doch heute war anders; sie musste zum Frühstück erscheinen. Niemand kann auf ewig vom Essen fernbleiben. Während die Haushälterin das Frühstück zubereitete, wartete ich auf die anderen. Drake und Braden betraten als Erste die Küche, doch Ella blieb unsichtbar. "Drake, hol Ella zum Frühstücken." Seine Zustimmung war still, gehorsam erhob er sich, um sie zu holen. Doch sein wiedererscheinen erfolgte viel zu rasch. "Sie ist nicht oben," berichtete er mit nachdenklicher Miene. "Sie ist schon wieder geflohen," entfuhr es mir, eine Mischung aus Resignation und Sorge in meiner Stimme. "Vielleicht ist es besser so," erwiderte Braden mit einer Spur von Gleichgültigkeit in seinem Tonfall. "Ohne sie haben wir all die Probleme nicht." Ich seufzte tief, bevor ich fortfuhr: "Gestern habe ich es Ella und Drake erzählt, aber du warst nicht dabei, Braden. Ich wiederhole es, damit auch du es verstehst. Ich habe schon immer Mädchen gekauft, und ihr wart beinahe stets an meiner Seite, wissend oder nicht. Mein Ziel war es, sie vor schlimmeren Schicksalen zu bewahren, vor Sklaverei, vor Verkauf an Kriminelle. Ich bot ihnen den Weg zu einem normalen Leben. Ich habe euch im Dunkeln darüber gelassen; andernfalls hätte mein Plan nicht funktionieren können." Der Schock stand ihnen ins Gesicht geschrieben, als sie die Wahrheit über ihre Mutter ergriff das ich sie auch gekauft hatte. Von ihr dachten sie, wir hätten uns auf einer Party kennengelernt. "Auch Ella will ich helfen," fuhr ich fort, meine Stimme schwankte kaum merklich. "Sie hatte bereits ein schweres Leben hinter sich. Ich hoffe, ihr könnt meine Entscheidung nachvollziehen." Nach einer kurzen, nachdenklichen Pause sagte Drake entschlossen: "Ich bin der Meinung, wir sollen ihr helfen." Die Stille, die darauffolgte, war erfüllt von einem unsichtbaren Bund, einem stillen Einverständnis, welches sich zwischen uns dreien webte. Es war der Beginn eines Wirkens im Verborgenen; einer Mission, die uns näher zusammenbrachte als alles zuvor und die Gewissheit gab, das Richtige zu tun. Alle Augen ruhten auf Braden – wir erwarteten seine Worte wie Urteile. Er aber, mit einem nonchalanten Schulterzucken und einem Gleichmut, der die Luft zu vereisen schien, sprach lässig: Von mir aus. Herr Wightwell, vor dem Tor steht ein James Wightwell – soll ich es öffnen?, fragte einer der Wachen. Teilen Sie ihm mit, ich wünsche nicht mit ihm zu sprechen, entgegnete ich kalt. Er behauptet, es wäre dringend. Es gehe um Ella. Drake platze mit seiner Antwort heraus, ohne meinen Einspruch abzuwarten. Einen Moment später als Zeichen meiner Zustimmung nickend, war mein Vater unerwartet in der Villa und breitete seine Arme aus, in einer Geste, die sowohl Drake als auch Braden umfing. Trotz meiner Unfähigkeit, ihm zu vergeben, spürte ich eine Sehnsucht; eine Sehnsucht nach dem Vater, den ich lange vermisst hatte. Was weißt du über Ella?, fragte ich ihn, die Stimme vor unterdrückten Emotionen. Sie kontaktierte mich gestern, begann er, mit der Bitte, zu mir zu kommen – es gäbe Schwierigkeiten hier. Ich stimmte zu und mein Fahrer sollte sie um elf Uhr abholen, doch sie war nicht aufzufinden. Seine Augen irrten umher, als suche er nach einem Anzeichen meiner Reaktion. Ist sie bei euch? Auf Nachrichten reagiert sie auch nicht. Konfusion umnebelte meinen Verstand – wie stand mein Vater in Verbindung mit Ella? Drake war bei ihm, und kehrte nun mit Ella im Schlepptau heim. Wo hast du Ella gefunden?, verlangte ich Aufklärung, meinen Blick auf Drake richtend. Doch es war mein Vater, der antwortete: Ich fand sie in meiner Hütte. Sie erzählte mir von ihren Sorgen, und ich bot meine Hilfe an. Drake suchte sie wohl dort und hinterließ seine Nummer – für den Fall ihrer Rückkehr. Ich war es jedoch, der dort ankam und Drake informierte, dass sie bei mir ist. Sie ist bei ihm, bestätigte Drake schließlich. Lassen Sie uns die Überwachungsaufnahmen prüfen, vielleicht zeigen sie uns, was geschehen ist, schlug ich vor, und mit einem Klick erschloss Drake die vergangenen Momente, eingefangen von der Kamera. Da war sie – Ella, nur wenige Schritte vom Tor entfernt. Nicht lange danach glitt sie in ein Auto und verschwand aus dem Blickfeld der Kamera. Es war Alexos Wagen. Und da standen wir, das Bild auf dem Bildschirm war erstarrt und doch auch ein lebender Beweis der verstreichenden Zeit, der verpassten Momente und der Lügen, die sich wie Rauch um uns gewunden hatten. Es war an der Zeit, alte Wunden aufzubrechen, um neue Heilung zu finden, und das Gefühl der Verwirrung wich langsam einer aufkeimenden Entschlossenheit. Meine Augen trafen die meines Vaters, und in diesem Blick lag das unausgesprochene.

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