Kapitel 19

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Kapitel 19

Braden

Warum stand Ella nur so da und sagte ihrer Mutter kein Wort? Ihre Mutter hatte sie geschlagen und sie fühlte einen überwältigenden Zorn in sich aufsteigen. Sie hätte sie am liebsten zur Rede gestellt, dieser respektlosen Person ein paar harte Worte gegeben. Ella senkte demütig ihren Kopf. Schau mich an, forderte ich sie behutsam auf. Ich sah mich um, um sicherzustellen, dass Shana nicht mehr anwesend war. Sobald ich sicher war, ging ich auf Ella zu. Sanft hob ich ihr Kinn mit meiner Hand an, sie hatte keine andere Wahl, als zu mir aufzusehen. Ich sehe Tränen in ihren Augen, die sie zu unterdrücken versucht. Ich ärgere mich, dass ich nicht früher eingegriffen habe. Ich nehme sie in den Arm und tröste sie, obwohl es nicht meine Art ist. Aber sie benötigt es – ich kann es nicht ertragen, sie so kaputt zu sehen. Ich werde dich hier rausholen, das verspreche ich dir. Flüsterte ich ihr ins Ohr. Bring mich bitte zu meinem Vater, flehte sie mich an. Du musst dich noch etwas gedulden, bitte", erwiderte ich mit einem Hauch von entnervter Geduld. Heute ist ein Treffen bei uns hier, die kommen deinetwegen und ich hoffe, da kommt endlich alles ans Licht, was damals passiert ist. Das willst du doch auch wissen, oder? Ich stellte die Frage. Sie nickte zustimmend. Na klar, wer will nicht die ganze ungeschönte Wahrheit wissen? Dann wurde unser Treffen unterbrochen. Dad hatte uns ins Büro gebeten. Als ich reinkam, war Drake schon bei ihm. Drake, dieser Vorzeige-Sohn, der immer genau im richtigen Moment auftaucht. Es scheint, als hätte er einen sechsten Sinn dafür, wann es Zeit ist, auf dem Bild zu erscheinen und den Tag zu retten. "So, ihr wisst, wir bekommen Besuch: Ein Kunde von mir. Er besteht darauf, euch und Ella, Shanas Tochter, kennenzulernen, darum kommt er heute mit seinem Neffen," er macht eine kurze Pause. "Warum will er uns kennenlernen?" frage ich neugierig. "Nun, er ist seit längerem schon mein Kunde. Ihr hattet bisher nicht das Vergnügen, ihn kennenzulernen. Da wir mittlerweile gute Freunde geworden sind und ich seine Familie kenne, soll er auch mein Kennen," erklärt er. Alles wirkt so merkwürdig. Versucht er mir weiszumachen, dass er nicht weiß, warum er kommt, oder stecken Shana und Enriquo de Konza unter einer Decke, und mein Vater hat noch nichts davon mitbekommen? "Es wird sicherlich ein strahlender Abend", verkündet Drake mit einer Spur von Ironie in seiner Stimme, die unschwer zu überhören ist. Unser Vater, stets der Beobachter, blickt träumerisch aus dem Fenster, bevor er seine Augen auf uns richtet. "Er ist schon da. Lasst uns ihn begrüßen", verkündet er mit einer solchen Beiläufigkeit, als hätten wir nichts Besseres zu tun. Da müssen wir jetzt durch für Ella. Drakes und mein Blick treffen sich in stummer Verwunderung. Warum zur Hölle findet dieses Treffen nicht am Abend statt, wie ursprünglich geplant? Aber anstatt zu protestieren, folgen wir unserem Vater hinaus. "Enrique, Alexo," beginnt mein Vater mit der ihm eigenen, überbordenden Herzlichkeit, als ob er zwei lang vermisste Familienmitglieder begrüßen würde, "schön, dass ihr da seid. Endlich könnt ihr meine Söhne kennenlernen. Das ist Drake" - er weist auf meinen Bruder - "und das ist Braden" - und nun auf mich. Ich setze mein bestes Lächeln auf, das wohl eher an ein gequältes Grinsen erinnert, und wir schütteln uns gegenseitig die Hände – als ob wir gerade irgendeinen bedeutungslosen Vertrag besiegelt hätten. Ach ja, das wird sicherlich ein unvergesslicher Tag werden. Schön, Sie kennenzulernen, murmele ich. Shana und Ella betreten die Szene, wie Stars auf ihrer eigenen glamourösen Bühne, die Treppe herabsteigend. Mein Blick fällt auf Ella, in ihrem Kleid, das eher einer Discokugel ähnelt. Offenbar ist Shana der neue Modedesigner von Ella. Ich werfe Drake einen Blick zu, der ebenso sprachlos ist wie ich. Wunderbar, wir haben einen Konsens. Sie beachtet hauptsächlich Drake, bis ihre Augen auf Enriquo fallen. Sofort ballen sich ihre Hände zu Fäusten. Sie kämpft sichtlich, bringt aber ein erzwungenes Lächeln zustande. Das ist Ella, meine Tochter, proklamiert Shana wie eine stolze Mutter. Enriquo streckt Ella die Hand entgegen. Sie zögert einen Moment - aber schließlich ergreift sie seine Hand. Lasst uns zum Tisch gehen und etwas essen, schlägt Dad vor. Ella nimmt neben mir Platz, Enriquo und Alexo gegenüber. Sie scheint sehr interessiert an ihrem Teller zu sein da sie nur es anstarrt. Hat sie ihn erkannt? Warum war sie so erschrocken, als sie ihn sah? Ella, wo willst du hin? höre ich meinen Vater fragen. Ich komme gleich, ich muss nur kurz in mein Zimmer. Sie lächelt dabei. Währenddessen geht das Gespräch weiter. Sie reden über ihren gemeinsamen Urlaub. Was für ein Klatsch! Ich hätte nie gedacht, dass sie gemeinsam in den Urlaub fahren. Ich sehe mal nach, wo Ella ist, sagt Shana. Sie ist schon ziemlich lange weg. Zu lang für ein 'kurz'. Aber wer bin ich schon, ihr Zeitgefühl zu beurteilen. Verflucht, irgendwas läuft hier schief. Alexo steht auf und folgt Shana. Meine Nerven liegen blank. Ist das etwa das Ergebnis ihres vorherigen Gesprächs? Hat sie das geplant, dass sie vom Tisch aufsteht und geht, damit man sie entführen kann? Nein, das kann nicht sein, so einen Schwachsinn. Was zum Teufel läuft, hier?, möchte ich wissen. Was meinst du, Braden?, fragt mich mein Vater. Shana geht zu Ella, Alexo folgt ihr. Vielleicht will Ella das gar nicht. Was zum Kuckuck geht, hier vor? Ich stand auf und schlug wütend mit den Fäusten auf den Tisch. Braden, beruhige dich, was ist los mit dir? Auf diese Frage antworte ich nicht. Mit schnellem Schritt steige ich die Treppe hinauf. Shana schreit aus Leibeskräften: 'Sie ist weg! Sie ist weggelaufen! Das kann nicht sein! Wo bist du, ich finde dich!' Ihre Worte hallen in der leeren Stille nach. Man könnte meinen, sie sei total verrückt geworden. Aggressiv und wütend packe ich Alexo, beginne mit den Fäusten auf ihn einzuschlagen. 'Wo ist sie? Wo hast du sie hingebracht?' Meine Stimme überschlägt sich fast vor Wut. Er wischt sich mühsam das Blut aus dem Gesicht, ein erschreckendes Bild des Schmerzes und der Verwirrung. "Du Idiot," spuckt er aus, "sie gehört mir. Weißt du das eigentlich? Ich habe sie gekauft, schon vor langer Zeit." Seine Worte stechen wie Messer. "Nur die Schlampe ist wieder weg. Sie ist weggelaufen." Wutentbrannt prasseln meine Schläge erneut auf ihn ein, doch dieses Mal wehrt er sich und trifft ein paar Mal mein Gesicht. "Hör auf, was soll das, Braden?" Seine Worte sind kaum mehr als ein zorniges Flüstern. Drake, der mich vor Schrecken von hinten packt und festhält. sucht sie lieber, bevor sie weit ist," sagt er und augenblicklich erstarrte ich. Ich starre meinen Vater an, der wie ein Phantom vor mir steht, eine dunkle Gestalt, die sich ihren Weg in unsere Welt gebohrt hat. Er wusste alles. Er steckte genauso wie Shana unter einer Decke, ein Komplott, das aus dem Schatten wie ein schlechter Roman herausplatzte. Doch wer könnte ihm einen Vorwurf machen, es geht ihm ja schließlich nur um Geschäfte, richtig? Ich wollte sie finden, ich musste sie finden. Doch in diesem gewaltigen Spiel musste ich den Regeln meines Vaters gehorchen, oder er würde uns nicht trauen, ein finsterer Schachzug von ihm. ihr Telefon ist hier, wir können sie nicht orten – so die karge Mitteilung von Alexo, der sich bemühte, irgendwie nützlich zu sein. Und dann war da Enriquo. Geht und sucht sie sofort, schrie er, seine Worte hallten wie ein Echo in dem Raum umher, eine dringende Forderung, die unter der Last unseres versagten Handelns zu zerbrechen drohte. Komm, wir suchen sie., sagte ich zu Drake, der immer noch nur so dastand und nichts sagte. Sie war nirgends zu sehen, doch sie konnte nicht weit sein. Es war Winter, die Kälte kroch in jede Ritze, jedes einzelne Haus in der Umgebung ist zu weit entfernt. Selbst wenn sie es bis dorthin schaffte, würde es eine Ewigkeit dauern. Ich überlegte, ob sie sich trauen würde, tiefer in den Wald zu gehen. Aber nein, das wäre sicherlich zu riskant, oder? Nun, in diesem absurden Verwirrspiel war nichts sicher. Es blieb uns nichts anderes übrig, als weiter in die Kälte hinauszugehen und sie zu finden. Sie ist entweder die Straße entlanggelaufen oder durch den Wald gerannt. Stundenlang suchen wir sie, doch sie ist nirgendwo zu finden. Wo zum Teufel hat sie sich nur versteckt? Sowohl unsere Leute als auch Enriquos Männer haben sie gesucht. "Sie gehört mir", droht er Shana. "Du bringst sie mir selbst. Schon wieder hast du es vermasselt. Du hast eine letzte Chance. Wenn sie nicht innerhalb von vier Wochen bei mir ist, wirst du bezahlen." Die Verzweiflung ist in ihrem Gesicht ablesbar. "Du wirst sie bekommen", verspreche ich. ER und Alexo fahren fort. Drake hat bis jetzt kein Wort gesprochen; er hat mitgesucht, war aber die ganze Zeit still. "Wütend sehe ich sie an. 'Hast du deine Tochter verkauft? "Ja, das habe ich. Sie ist für nichts mehr zu gebrauchen, diese Schlampe." Wütend spuckt sie die Worte aus. Ich schlage ihr ins Gesicht, die Handfläche brennt. Sofort steht Dad neben mir, vor Wut kochend. "Du kleiner Pisser, du wirst nie wieder die Hand gegen meine Frau erheben. Hast du das verstanden?" Seine Faust trifft mein Gesicht mehrmals, bis ich blute. Mit ihm ist nicht zu spaßen, er ist gewalttätig. Obwohl wir seine Söhne sind, hat er uns immer wieder geschlagen. Er würde uns sogar mit dem Tod bestrafen, wenn wir ihm nicht gehorchen.

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