Kapitel 18

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Kapitel 18

Drake

Braden und ich haben in seinem Zimmer aufgeräumt, in Erwartung auf den Besuch unseres Vaters morgen. Alles muss heute noch entfernt werden, denn er soll es nicht wissen. Parallel dazu finde ich meine Gedanken immer wieder zu Ella abschweifend, und an die Art und Weise, wie sie sich mir hingab. Braden hat kein Wort darüber verloren, seitdem Ella eingeschlafen ist. So kenne ich ihn; ein Abenteuer mit einer Frau und dann lässt er sie fallen. Mit Ella könnte es wohl genauso sein. Ich muss zugeben, ich habe oft ähnlich gehandelt. Selten verbringe ich mehr als eine Nacht mit einer Frau; danach haften sie an einem wie Kletten und werden lästig. Sophie war eine Ausnahme; wir verbrachten dreimal eine Nacht miteinander, jedes Mal betrunken. Mit Ella war ich unter der Dusche etwas garstig und distanziert. Und nun weiß ich nicht, wie ich mich verhalten soll. Würde sie nicht bei uns wohnen, wäre alles einfacher. Aber ihr dauerhaftes Hiersein macht alles komplizierter. Seit Anfang an haben wir uns gewünscht, dass sie verschwindet. Ich frage mich, ob Braden es heute noch so sieht. Er hat immerhin erreicht, was er wollte. Er meinte, wir werden sehen, ob sie mich will. Und er hat sich sehr bemüht, es mir zu beweisen. Mit einem Anhauch von Ironie in meinen Gedanken, denke ich über das völlige Durcheinander nach, dass sich mein Leben in letzter Zeit entwickelt hat. Sie tut mir leid, die arme kleine Maus. Mit ihrer Mutter, die sie behandelt, als wäre sie nichts wert, den niemand mehr haben will. Und ich? Ich bin der noble Ritter, der sie aus dem Elend ihrer Existenz retten will. Ja, ganz bestimmt. Aber ehrlich gesagt, bin ich mir nicht sicher, ob meine Ritterlichkeit ausreicht, um sie hier zu behalten. Es wäre wahrscheinlich besser, sie zu überzeugen, dass sie gehen sollte. Ja, ich werde einen Weg finden, sie zum Gehen zu bewegen. Sie wird sich der ganzen Wahrheit zu stellen müssen, das wird ein Riesenspektakel. Und dann, dann wird sie gehen. Mein Blick fällt auf das Überwachungssystem, das ich bequem von meinem Bett aus steuern kann. Hier liege ich nun, der Ritter in zerknitterter Bettwäsche, und sehe zu, wie sie auf dem Boden liegt, eingeschlafen. Genau wie an dem Tag, als Shana sie geschlagen hat. Heute entscheide ich mich dafür, nicht zu ihr zu gehen. Nein, stattdessen durchforste ich die E-Mails, die mir unser überaus fähiger Detektiv geschickt hat. Erstaunlicherweise hat er es geschafft, Ellas Handy zu knacken. Jetzt könnte er auch herausfinden, wer der unglückliche Absender ihrer Textnachrichten war. Ein gewisser Alexo de Konza, ein Verwandter von Enriquo de Konza, wie es scheint. Nun, das erklärt natürlich alles! Unsere Detektiv-Spürnase hat sich auch in Alexos Telefon gehackt, und das alles, weil das Ding auf einen anderen Namen registriert ist. Das ist doch praktisch, oder? Ein paar Gespräche hat er mir auch geschickt - angeblich konnte er das bequem mithören, da das Sicherheitssystem des Telefons - oh Wunder - lahm ist. Scheint, als wären wir auf einen wahren Meister der Informationssicherheit gestoßen. Braden steht plötzlich vor mir, und ich realisiere, dass ich überhaupt nicht gemerkt hatte, dass er das Zimmer betreten hat. Er erzählt mir, dass unser Vater eine Nachricht geschrieben hat und wir morgen Besuch bekommen. Ein Arbeitskollege von ihm. Wie aufregend. Wir sollten alle zuhause sein. Skeptisch sehe ich ihn an und frage, ob unser geliebter Vater auch den Namen dieses mysteriösen Besuchers erwähnt hat. Nein, natürlich nicht. Das hätte ja auch zu viel Sinn gemacht. Irgendetwas stimmt hier nicht, und zwar gewaltig. Früher haben wir nie jemanden eingeladen, den wir nicht kannten und der nicht ein enger Freund unserer Familie war. Hey Alexo, morgen haben wir ein Essen bei den Wightwells, du kommst mit", sagt er mit der Selbstverständlichkeit eines Königs. Wenn es so ist wie Shana sagt, dass sie sich an nichts mehr erinnert, werden wir sie mitnehmen morgen. Sie hat sie uns verkauft und dass noch im Sommer, sie gehört uns - oder eher gesagt, dir". Hmm, Tochterverkauf. Ich frage mich, ob unser Vater von diesem kleinen Detail wusste. Woher hast du diese Gespräche her?", fragt Braden mit gespieltem Erstaunen. Von unserem Detektiv", antworte ich. Du weißt, was das bedeutet: Unser Dad steckt mit ihnen unter einer Decke", sag ich, um die Spannung zu erhöhen. Warum sollte er denn sonst Ella erst einladen, wenn sie hier ist? Die sind nicht umsonst angeblich in den Urlaub gefahren." Ich schaue auf die Uhr, es ist Mittag und irgendjemand schreit laut. Ach, es scheint von Ellas Zimmer zu kommen. Zeit, meinen Laptop anzuschmeißen und meine Detektiv-Fähigkeiten einzusetzen. Und siehe da, Shana ist bei ihr. Sie schreit sie an, weil... nun, ich bin mir sicher, es geht um das Essen heute. Sie holt mit der Hand aus und schlägt sie ins Gesicht. Du machst das, was ich sage, und wehe nicht, Gnade dir Gott." Ella steht da wie angewurzelt und tut nichts. Sie sieht nur Shana ins Gesicht. So gerne ich auch sehen möchte, dass Shana für das bestraft wird, was sie Ella angetan hat, muss ich mich noch ein wenig zurückhalten. Für eine solch theatralische Rache braucht man das richtige Timing. Als wäre das Drama nicht schon aufregend genug, betritt Braden Ellas Zimmer und konfrontiert Shana: Was schreist du da rum, spinnst du? Ich habe geschlafen. Wo ist Dad? Shana dreht sich zu ihm um und sagt: Das geht dich nichts an, was ich hier mache, das ist eine Sache zwischen mir und Ella." Ja, sicher, lassen wir ihnen ihre Privatsphäre die alte Kuh. Zum Glück geht sie aus dem Zimmer und lässt Ella in Ruhe – wenigstens ein kleiner Sieg für heute.

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