Kapitel 43
Braden
Es dauert nicht lange und Ella erleidet einen Zusammenbruch; die Umstände sind einfach unerträglich. Überall ist Blut – ein Anblick, so verstörend, dass ihr Übelkeit übermannt. Trotzdem hoffe ich inständig, dass in ihre genügende Kraft ist, um das zu überstehen. Wutentbrannt steht sie neben mir, ihr Zorn gegen Alexo brodelt spürbar – nicht zu Unrecht, denn was er getan hat, verfolgt sie unablässig, sich immer wieder in ihren Gedanken manifestierend. Ihr Atem geht schwer, fast so, als drohte sie zu ersticken. Wo ist Enriquo?, bohrt Drake weiter, doch eine sinnvolle Antwort bleibt ihm verwehrt. Langsam beginnt auch in mir Ärger aufzusteigen, Alexos selbstgefälliges Grinsen raubt mir die letzte Geduld – dieser Mensch ist zutiefst gestört. Es missfällt mir zutiefst, seine abgründige Natur zu dulden, und ich kann nicht anders, als ihm entgegenzutreten. Beherrscht von einer schweren Entschlossenheit, ergreife ich ein Skalpell und presse es sanft, aber drohend, gegen seine Wange. "Nenn mir die Adresse," sage ich mit eisiger Stimme, während ich ihn vor eine letzte Wahl stelle. "Ich habe dich gewarnt. Sprich, oder ich übernehme die Kontrolle." Doch unbeeindruckt von der messerscharfen Bedrohung entgegnet er stur: Ihr werdet ihn selbst suchen müssen – ich werde kein Wort verraten. Plötzlich kocht die Wut in mir über und ich gerate außer Kontrolle; das Skalpell klirrt zu Boden, während meine Fäuste auf ihn niederprasseln, wütend, blind vor Zorn, begleitet von einem Sprühen seines Blutes in alle Richtungen. Hör auf, Braden, bitte hör auf!, schreit Ella, ihre Stimme zittert und ist durchdrungen von Angst und Entsetzen. Drake eilt herbei, greift ein und zwingt mich zur Vernunft. Hey, hör auf – wir brauchen ihn noch, spricht er mit einer Ruhe, die meinen Sturm dämpfen soll. Langsam lässt der Rausch des Adrenalins, doch in mir bleibt die tiefe Verachtung, ein Wunsch, der dunklen Seite meines Wesens freien Lauf zu lassen. Die Spannung dauert an, eine bedrohliche Stille erfüllt den Raum. Mein Atem flacht ab, und ich ringe nach Selbstbeherrschung. Wir alle stehen in dem schwülen, blutgetränkten Raum und sind gezwungen, der brutalen Realität zu begegnen, dass es Dinge gibt, die wir nicht beeinflussen können—und Personen, deren Seelen so düster sind, dass sie jegliches Licht zu verschlingen drohen. Im Tumult meiner Gedanken hoffte ich insgeheim, ihm dabei das Nasenbein gebrochen zu haben. So gewaltig, wie meine Fäuste auf ihn niedergegangen waren, schien es durchaus möglich. Erst als ich meine Wut gedämpft hatte, richtete ich meinen Blick auf Ella, die mit weit aufgerissenen Augen und stummer Fassungslosigkeit mich anstarrte. Ihr Entsetzen war meine Schuld; ich hatte es durch mein unkontrolliertes Verhalten hervorgerufen. Ich stürmte aus sie zu, und sie wich instinktiv zur Seite aus. Doch ich ließ nicht locker, nahm sie vorsichtig in meine Arme, umschloss sie fest und flüsterte beschwichtigend: "Ich wollte dir keine Angst machen. Fürchte dich nicht vor mir." Trotz meiner fleckigen, vom Kampf gezeichneten Hände hielt ich ihr Gesicht sanft in meinen Handflächen, und unsere Lippen trafen einander in einem Kuss, der die Dringlichkeit des Augenblicks einzufangen schien. Es war ein Moment voller stürmischer Gefühle, eine Mischung aus Schuld, Anziehung und der Bitterkeit des eigenen Versagens, die sich in mir ausbreiteten. Ihre Angst war das letzte, was ich beabsichtigt hatte, und doch hatte es ihr gegenüber einer seltsamen Faszination in mir geweckt. Nun, in Anwesenheit dieses Kerls – dieser unwürdigen Person, die immer noch benommen am Stuhl angekettet saß –, war es nicht der richtige Zeitpunkt für das Verlangen, das in uns beiden zu brodeln begann. Ein Knurren, ein stummes Eingeständnis meiner Frustration. Ich wollte alles, und zugleich war nichts möglich. Das Dilemma zerriss mich, und doch löste ich mich von ihr und suchte ihren Blick, suchte in ihren Augen jenes Feuer, das meine eigene Begierde widerspiegelte. Sie verstand, ohne dass Worte notwendig waren. Alexo war noch nicht bei Bewusstsein, die Situation ungewiss und bedrohlich. "Hey, ihr könnt auch warten, bis wir hier alles geregelt haben", durchbrach Drakes Stimme die gefährliche Stille. Sein Einwurf war gleichermaßen eine Mahnung wie ein Anker zurück zur Realität – es stand mehr auf dem Spiel als nur unsere ungestümen Gefühle. In diesem Moment entschied sich für mich, dass ich nicht der Schrecken in Ellas Leben sein wollte, sondern derjenige, der ihre Sicherheit und Verständnis bot. Die Wut und das Verlangen mussten warten, die Dunkelheit in mir zurückgedrängt werden. Denn in ihren Augen, die sich langsam von Angst zu etwas anderem wandelten, erkannte ich ein Versprechen, das mehr wert war als der unmittelbare Moment – es war ein Versprechen auf Zukunft, vorausgesetzt, ich war bereit, mich ihr würdig zu erweisen. Mein Blick fand erneut Alexo, der langsam zu Bewusstsein kommen sollte. Drake hatte ihn diesmal mit Wasser übergossen. Langsam hob Alexo seinen Kopf und fixierte Ella mit einem durchdringenden Blick. Das alles ist deine Schuld, du..., begann er zu schleudern, doch der Hass in seinen Worten wurde durchbrochen von Ella, die ihm furchtlos entgegentrat. Nein, das ist nicht wahr, entgegnete Ella fest. Du und dein Onkel, ihr seid in Menschenhandel verstrickt. Ihr seid die Schuldigen hier, die mit Gewalt nehmen wollten, was euch nicht zusteht. Ihr hättet es bei der Mutter belassen sollen und sie in Frieden leben lassen. Drakes Stimme hallte kraftvoll und erbost durch den Raum, als er sich Alexos Anschuldigungen entgegenstellte. Ella, deren Stimme zitterte, jedoch von unbeugsamer Stärke war, fuhr fort: Du bist verantwortlich für Isabells Tod und was immer du Jenny angetan hast, es war zweifellos nichts Gutes. Verzweiflung und Wut mischten sich in Ellas Worte. Du hast mich wie ein Tier eingesperrt, ohne jeglichen Grund geschlagen. Ein kurzer Moment des Zögerns überkam sie, während die Last ihrer Worte sie zu erdrücken schien. Doch es war vonnöten, diesen Schmerz auszusprechen; es war nötig, ihn damit zu konfrontieren. Mit erneutem Mut fand sie die Kraft fortzufahren. Und du... du hast mich berührt, gegen meinen Willen, du hast mich vergewaltigt – hilflos musste ich das Erdulden, du Abscheu. Tränen stahlen sich über ihre Wangen, Worte, die einem Sturm glichen, ließen ihre Lippen zittern. Ich hielt ihre Hand, fest und sicher, ein stilles Versprechen meiner stetigen Anwesenheit. Mit einer Stärke, die in ihrem Innersten entflammt war, schrie Ella, nun von einer ungekannten Kraft beseelt: Du hast all das verdient. Hörst du? Du hast es verdient – und noch viel Schlimmeres. Du wirst einen langsamen, qualvollen Weg gehen und bereuen. Du wirst betteln, dass wir aufhören. Ihr Schrei füllte den Raum, ein Echo der Gerechtigkeit, das nach Vergeltung rief. In der Stille, die ihren Worten folgte, lag eine schwere Erkenntnis in der Luft. Alexos Blick wich dem ihren, und in diesem Moment waren Rollen getauscht – die Jägerin stand nun vor ihrer Beute, ein Symbol des Umbruchs und der wiedergewonnenen Stärke. Die Gerechtigkeit war kein stummes Gebet mehr, sie war zu einer unausweichlichen Wahrheit geworden, geprägt von den Spuren einer Geschichte, die in unsagbarem Leid wurzelte, aber nun in triumphierender Überwindung mündete.
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The Truth
RomanceEs ist eine DARK Romance Geschichte Ich würde mich über ein Kommentar freuen wie ihr die Geschichte fandet.