Kapitel 23

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Kapitel 23

Drake

Ganz ehrlich, wir hatten es heute fest vor, zur Hütte von Großvater aufzubrechen. Aber wie immer hatte Vater andere Pläne, seine Schmutzarbeiten sollten wir wieder erledigen. Zum Glück ist diesmal alles glatt gelaufen, niemand wurde verletzt. Er bestand darauf, dass wir sofort nach Hause kommen und keine Zwischenstopps einlegen oder jegliche Ablenkung zulassen. Was hat er nur vor? Hat er einen Verdacht gehegt oder was ist sein Problem? Schon bei der Einfahrt sehe ich sie, Enriquo und Alexo, das unzertrennliche Duo, wieder da. Siehst du das Bruder? Ich muss Braden darauf hinweisen, und gleichzeitig eine Bestätigung von ihm bekommen. Deswegen wollte er, dass wir gleichkommen, erwidert er, und ich kann den Unmut in seiner Stimme hören. Wir betreten das Haus, alle sitzen im Wohnzimmer und trinken Kaffee, als wäre es ein normaler Samstagmorgen. Na, da seid ihr ja endlich. Shana versucht nonchalant zu wirken, als hätte sie ewig auf uns gewartet. Es war doch er, der uns die Aufgabe erteilt hatte. Wir tun so, als ob alles in Ordnung wäre und lächeln, obwohl unser Herz schwer wie Blei in unserer Brust liegt. Gibt es etwas Neues über Ella? will Braden unerwartet wissen. Ich bemühe mich, ruhig zu bleiben, nichts anmerken zu lassen, aber warum zur Hölle fragt er so etwas? Nein", kommt die Antwort, "wir wissen immer noch nicht, wo sie ist. Das ist gut. Sie sollten sie nicht finden. Nicht jetzt, oder vielleicht niemals. Ich habe gehört, dass ihr sie immer noch sucht? will Enriquo wissen, seine Stimme trieft vor Falschheit. Naja, wir waren nur bei der Bergwacht und haben dort gefragt, ob sie dort gesehen wurde, aber die haben sie nicht bemerkt, antwortet Braden, und ich bewundere seine Fähigkeit, seine wahren Emotionen hinter den Worten zu verbergen. Oh, aber wenn ihr wieder vorhabt, sie zu suchen, nehmt mich mit. Alexos Befehlston bringt mir Gänsehaut auf dem Rücken. Ganz sicher nicht, denke ich. Du wirst Ella nicht in die Finger bekommen, dafür werde ich sorgen. Ja, du kannst heute gleich mitkommen, erwidert Braden jedoch völlig unerwartet. Ich starre ihn schockiert an. Das kann nicht sein Ernst sein. Er kann ihn nicht zur Hütte mitnehmen, und wenn Ella dort ist... Zorn brodelt in mir hoch, ich presse meine Fäuste so fest an die Seite, dass die Nägel in meine Haut stechen. Ich werde Braden zur Rede stellen, das schwöre ich mir. Er hat sie nicht mehr alle. Wo wollt ihr sie noch suchen? will Vater wissen. Sein tiefer, monotoner Ton bringt einen kalten Schauer über meinen Rücken. In Großvaters Hütte, antwortet Braden, und ich kann sehen, wie das dunkle Feuer in Vaters Augen aufflammt. Es war verboten, Großvaters zu erwähnen, aber es ist jetzt auch egal. Braden macht sowieso, was er will, ohne über die Konsequenzen nachzudenken. Warum ausgerechnet dort? fragt Vater und seine Stimme lässt keinen Widerspruch zu. Wir haben dort noch nicht nachgesehen. Es könnte sein, dass sie sich dort versteckt. Es gibt einige Hütten hier im Wald, hat der in der Bergwacht erwähnt. Braden hat jetzt alles ausgeplaudert, was wir wussten, und ich, ich kann nur hilflos zusehen. Na dann, geht los und schaut nach, befiehlt Vater uns, seine Worte lassen keinen Spielraum für Diskussionen. Ich habe gar keine Lust, dass auch noch Alexo mitkommt. So kann ich Braden nicht zur Rede stellen. Er hat gestern noch erwähnt, dass wir zusammenarbeiten werden, um Ella zu finden, und jetzt macht er sein eigenes Ding. Aber jetzt muss ich meine Wut beiseiteschieben und mich auf das konzentrieren, was wirklich wichtig ist, Ella. Wir werden sie finden, koste es, was es wolle. Seit Tagen finde ich keinen Schlaf, nur Müdigkeit und Ella beherrschen meinen Geist. Selbst Braden, den ich für einen Verbündeten hielt, wendet sich jetzt gegen sie. Hatte er sie nicht ins Herz geschlossen, oder ihr zumindest Mitgefühl entgegengebracht? Vor dem schlichten Holztor wartet Alexo auf uns. Unsere Füße sind unsere einzige Beförderungsmöglichkeit, es gibt keinen anderen Weg. In meinem Innersten hege ich die Hoffnung, die Hütte bleibt uns verborgen, dann könnte ich morgen alleine losziehen. Heute werde ich versuchen, einen anderen Weg zu gehen und sie davon zu überzeugen, dass wir in die entgegengesetzte Richtung gehen sollten. Aber Barden ist stur, er weiß genau, wo sie ist. Bald erreichen wir die Hütte, die Hütte meines Großvaters, unverkennbar unter hunderten würde ich sie wieder erkennen. Rauch steigt aus dem Schornstein und Fußspuren zeichnen sich deutlich auf dem Schnee ab. Braden betritt die Hütte zuerst, dann Alexo und ich. Wir sehen uns um, doch der Raum ist weit und leer. Vielleicht war Großvater hier, oder Ella. Vielleicht ist sie jetzt draußen und spaziert durch den Schnee, der Natur so nah wie sie es liebt. Es war jemand hier, stellt Braden mit finsterer Miene fest. Das Holz im Kamin ist fast abgebrannt, fügt Alexo hinzu. Entweder kommt die Person zurück oder ist schon lange fort. Ich schlucke die aufkommende Angst herunter und frage sie, Was sollen wir jetzt tun? Braden antwortet knapp, Wir warten. Wenn niemand kommt, dann wird auch niemand mehr kommen. Ich lasse mich auf das schlichte Bett fallen, und bemerke sofort einen vertrauten Duft. Es ist Ella. Ein süßer, herzzerreißender Duft, der bestätigt, dass sie noch am Leben ist. Doch sollte sie wieder zurückkommen, wäre das nicht gut, ganz und gar nicht. Wo bist du, Ella? Ich verspreche dir, ich werde dich finden. Und wenn ich es tue, werde ich dich vor deiner Mutter und all den anderen Monstern da draußen verstecken.

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