Kapitel 11

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Tooru Oikawa
Lexichanx3

Auf dem Boden kauernd, hob ich schützend die Arme. Die Dorfbewohner richteten ihre Mistgabeln auf mich und kamen langsam näher, trieben mich in die Ecke. Angstschweiß lief mir über die Stirn und mein Körper war plötzlich wie gelähmt. Ich konnte mich keinen Zentimeter mehr bewegen und begann zu zittern. Sie würden mich töten, genauso wie die Ritter meines Königreichs es mit ihren Freunden und Familien getan hatten. Plötzlich stand der attraktive Fremde auf einem Pferd vor mir.  Abfällig lächelte er.
“Was sollen wir mit ihm anstellen?”, hörte ich, wie einer der Dorfbewohner ihn fragte.
“Das was wir mit allen der höheren Schicht tun”, sagte er und ritt davon. Hatte er ihnen gerade befohlen mich… mich umzubringen? Wieso tat er das? Hatte er unseren Tanz vergessen? Wie wir uns frei über die Tanzfläche bewegten und Spaß hatten? Hatte ich mich so in ihm getäuscht?
“Tötet ihn!”, rief eine Frau weiter hinten. Die anderen Dorfbewohner stimmten mit einem lauten “Ja!” zu und wiederholten darauf im Chor: “Tötet ihn!”
“N-Nein, bitte!”, wimmerte ich. “Ich flehe euch an! Tut mir nichts!” Spöttisch lachte der Mann vor mir, alle anderen stiegen mit ein. Und er stach zu…

Schweißgebadet und mit einem kleinen Aufschrei riss ich die Augen erschrocken auf und schreckte hoch. Hellwach und mit einem rasenden Herzen saß ich auf einer Wiese und tastete meinen Körper zitternd nach Verletzungen ab. Ich hinterfragte zunächst nicht, wie ich hierher gekommen war. Meine Atmung war hektisch und ich hatte das Gefühl, kaum Luft zu bekommen. Aber... ich lebte. Was für eine Erleichterung. Es war nur ein Albtraum gewesen. Ein furchtbarer Albtraum...
"Eure Hoheit, ist alles in Ordnung?" Ich drehte mich in die Richtung, aus der die Stimme zu hören war. Der Fremde ließ von seinem Pferd ab und kam besorgten Blickes auf mich zu. “Geht es ihnen gut?”
“J-Ja. Ich… hatte nur einen Albtraum", sagte ich noch immer völlig fertig und rieb mir verlegen den Nacken. 
"Anscheinend einen ziemlich schlimmen. Sie sehen ganz schön blass aus", er erhob sich aus der Hocke und eilte zu seinem Pferd. Mit einem Lederschlauch kam er zurück zu mir. "Hier, trinken Sie", überreichte er mir ihn und ich nahm ein, zwei Schlücke davon.
"Danke", murmelte ich und gab ihm die Flasche zurück.

Als ich aufstehen wollte, spürte ich einen Schmerz im unteren Rücken. Ich stöhnte vor Schmerzen und hielt mich an der Stelle fest.
"Warum hat mir niemand gesagt, wie schmerzhaft es ist, vom Pferd zu fallen?", jammerte ich und hörte das unterdrückte Lachen des jungen Mannes. Sofort beschwerte ich mich wehleidig: "Was gibt es da zu lachen? Das tut ganz schön weh! Als ob ihr noch nie vom Pferd gefallen wärt!"
"Nein, das bin ich tatsächlich noch nie. Lassen Sie mich mal sehen", sagte er und wollte direkt nach dem Saum meines Hemdes greifen.
"H-Hey! Ist euch klar, dass man einen König nicht einfach so anfasst?", stotterte ich, während mir die Hitze in die Wangen stieg. Also wirklich. Er mochte zwar wirklich gut aussehen, aber sein Verhalten war unter aller Sau!
"Jetzt stellt euch nicht so kindisch an. Ich möchte nur sicherstellen, dass ihr nicht verletzt seid. Mir liegt nämlich etwas an meinem Kopf, wisst ihr?" Er... wie bitte? Dachte er, ich würde ihn hinrichten lassen, nur weil ich wegen meiner mangelnden Reitkünste vom Pferd gefallen war? Niemals! Auch wenn er zur unteren Schicht gehörte, was sein vergilbtes Leinenhemd und die verdreckte Stoffhose, die nur bis zu seinen Knöcheln reichte, verrieten. Ich würde ihm niemals etwas antun! Er war ein Mensch wie jeder andere auch! Ich wollte ihm und den anderen Armen und Kranken helfen. Das war meine Pflicht als König!
“Darf ich es mir bitte ansehen?”, horchte er ungeduldig nach. Nickend stimmte ich schlussendlich zu, es war wahrscheinlich besser, wenn er mal nachsah.

Als seine rauen Finger meine Haut berührten, spürte ich ein angenehmes Prickeln. Und mein Omega machte sich bemerkbar. Weshalb auch immer, ich war leider Gottes an Ushijima gebunden. Aber auch die Pheromone des jungen Mannes dufteten so verlockend und beruhigend. Ich wollte mehr davon. Wollte mich an ihn schmiegen und diesen Duft genießen.
Tooru! Reiß dich zusammen!, ermahnte ich mich. Meine Hitze oder eher mein Omega durften jetzt nicht die Oberhand gewinnen. Dank der Kräutermischung, die ich einnahm, fiel es mir zum größten Teil viel leichter, es im Zaum zu halten. Denn der Duft, der von seinem Alpha ausging, roch ich deutlich, obwohl ich gebunden war. Was ich mir nicht erklären konnte.

“Sie werden nicht sterben, eure Hoheit”, spöttelte er.
“Da bin ich ja erleichtert”, erwiderte ich kichernd und bat ihm an: “Nennt mich doch bitte einfach nur Oikawa.”
“Iwaizumi”, murmelte er und wechselte das Thema wieder auf das vorherige: "Es wird höchstens blaue Flecken geben, nichts Ernstes." Das beruhigte mich sehr. Blaue Flecken konnte ich vor Ushijima verbergen, eine schwere Verletzung hingegen war schwierig. Und wie hätte ich ihm das erklären sollen? Pah! Als wäre ich ihm Rechenschaft schuldig!
“Wir sollten weiter, sie müssen sicher noch einigen Pflichten nachkommen, nicht?”
“Ja… Pflichten...”

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“Warum halten wir an? Es ist doch nicht mehr weit bis zu den Mauern?”, fragte ich verwirrt. Oder brauchte er schon wieder eine Pause? Ich beobachtete still, wie er vom Pferd stieg und etwas aus einer Tasche holte, die am Pferd befestigt war. Es war die Kleidung, die er am Tag der Hochzeit trug.
“Was habt ihr vor?”, wollte ich wissen.
“Die Wachen werden mich wohl kaum in dieser Kleidung passieren lassen”, sagte er genervt und zupfte am Stoff, bevor er hinter einem Gebüsch verschwand. Meinte er das ernst? Als ob ich ihm etwas abgucken würde! Außerdem wollte ich wissen, was unter dem Stoff steckte! Innerlich schlug ich mich für diese unverschämten Gedanken. Verfluchter Omega!

Nachdem er sich umgezogen und seine andere Kleidung verstaute, ritten wir weiter. Am Tor ließen uns die Wachen die Mauern passieren und führten unseren Weg zum Schloss fort. Kurz vor diesem stieg ich vom Pferd ab und bedankte mich für seine Hilfe mit den Dorfbewohnern und dass er mich zurück brachte. Darauf setzte er seinen Weg fort und ich lief in Richtung Schloss. Die letzten Stufen erklimmend, fiel mir die Kette in meiner Hosentasche ein, das war meine Chance und ich hatte sie vollkommen vergessen. Dann eben beim nächsten Mal…

Kurz nachdem ich das Schloss betreten hatte, wurde ich von jemandem aufgehalten. Es war niemand Geringeres als Tendou, Ushijimas Berater.
"Habt ihr euren kleinen Ausritt mit dem Bauernjungen genossen~?", fragte er.
Woher wusste er davon? War er mir etwa gefolgt? Hatte ich Iwaizumi in Gefahr gebracht?
"Er hat mir nur geholfen! Ohne ihn wäre ich wahrscheinlich tot! Außerdem ist er kein Bauernjunge!", erwiderte ich. Ich wusste nicht, ob er uns kurz vorm Schloss beobachtet hatte oder selbst hinter den Mauern, was ich nicht hoffte. Das könnte Iwaizumi und mir Schwierigkeiten bereiten.
"Oh~, ich weiß mehr, als ihr glaubt, eure Hoheit~. Aber... das wird vorerst unser kleines Geheimnis bleiben. Jedoch nur, wenn…”











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