Kapitel 3

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Tooru Oikawa
Lexichanx3

Einen Tagesritt später erreichten wir das Königreich Shiratorizawa. Dafür, dass zwischen unseren Königreichen vor kurzem noch Krieg herrschte, bemerkte man hier im Gegensatz zu Seijoh nicht viel davon. Zumindest in der oberen Schicht nicht, die Dörfer, vor den Mauern des Schlosses, hatte es wie in meiner Heimat schwer erwischt. Als hätten sie es nur auf diese Leute abgesehen. Wie viele Menschen wohl starben? Ich wollte gar nicht darüber nachdenken, es verstärkte nur die Übelkeit in mir. Aus diesem Grund wollte ich kein Schwert in die Hand nehmen, ich begann meist heftig zu zittern und sah es genau vor Augen. Ich starrte auf meine blutige Klinge hinab und vor mir lagen haufenweise Menschen des ärmeren Volkes, die von mir auf brutalste Weise ermordet wurden. Dabei war ich nicht mal in den Krieg gezogen und trotzdem spielten sich diese Bilder wie ein schrecklicher Albtraum immer wieder in meinem Kopf ab.

König Ushijima erklärte uns vor fünf Jahren den Krieg und nun sollte es durch eine Hochzeit ein für allemal beendet sein? Irgendwie hatte ich ein ungutes Gefühl bei alledem. Ob ich Ushijima…? Nein, höchstwahrscheinlich verachtete er wie meine Eltern die untere Schicht. Das würde erstens erklären, warum nur die Dörfer des niederen Volkes schwer beschädigt wurden und zweitens, warum Vater darauf beharrte, dass ich den König Shiratorizawas heiratete. Heftig schüttelte ich den Kopf, um meinen Kopf freizukriegen, all diese schrecklichen Gedanken jagten mir die Tränen in die Augen und sorgten dafür, dass mir unsagbar schlecht wurde. Ich hielt mir die Hand vor dem Mund und würgte. Kyotani bemerkte mein Unwohlsein: “Halten Sie sofort die Kutsche an!”, rief er dem Kutscher zu. Mit einem kleinen Ruck kam das Gefährt zum Stehen und ich sprang unverzüglich ins Freie, um mich gleich darauf im Gras zu übergeben.

Zitternd legte ich meine Arme um mich selbst, dieses Gefühl von einem krampfenden Magen hasste ich fürchterlich. Abgesehen von dem widerwärtigen Geschmack der sich in meiner Mundhöhle ausbreitete und dem brennenden Gefühl im Hals. "Geht es wieder?", fragte mich meine Leibwache, worauf ich kurz nickte und mit wackeligen Beinen mich vom Boden erhob. Langsam stieg ich zurück in die Kutsche und ließ mich auf die mit Tierfell überzogene Sitzbank nieder. Wir setzten unseren Weg fort und ich beobachte die vorbeiziehende Landschaft, um nicht weiter an diese furchtbaren Dinge zu denken.

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Durch meinen kleinen Vorfall verzögerte sich unsere Ankunft ein wenig. Doch nun hatten wir unser Ziel erreicht und ich stand im Hofe des Schlosses von König Ushijima. Den Kloß in meinem Hals schluckte ich schwer hinunter, beobachtete dabei, wie mein Gepäck abgeladen und ins Innere des riesigen Gebäudes getragen wurde. Der Kutscher ritt davon und die blonde Leibwache stellte sich neben mich. Gemeinsam standen wir einem etwa über einsiebzig großen Mann mit hellbraunem Haar gegenüber. Ungleichmäßig war es auf zwei Seiten gescheitelt und seine braunen Augen musterten uns.
“Ihr seid wohl der Prinz des Königreichs Seijoh und… seine Leibwache? Folgt mir König Ushijima erwartet euch bereits”, sagte er und wir taten, worum er uns bat.

Wir liefen zu dritt durch die Schlossflure, wo ein langer violetter Teppich ausgerollt war und majestätische Adlerwappen des Königreichs gelegentlich die Wände zierten. Eins musste man ihm lassen, die Einrichtung war fabelhaft. Neben den ganzen Ritterrüstungen, den Kerzenleuchtern und der rustikalen Einrichtung. Es erinnerte mich sehr an unser Schloss in Seijoh. Nur dass eben kleinere Akzente Violett anstatt Türkis waren.
Während wir die Flure entlang gingen, huschte der ein oder andere Hofbedienstete an uns vorbei und traf für die morgige Hochzeit einige Vorbereitungen. Wenn ich später die Möglichkeit bekäme, würde ich Helfen, ob ich mich nun auf morgen freute oder nicht. Sie arbeiteten jeden Tag hart und kamen sicher selten zu ihren Pausen, weshalb ich gerne mal meine Hilfe anbot. Und das würde ich auch in diesem Königreich fortführen.

Den Thronsaal betraten wir und die Wache kündigte uns kurz und knapp an. König Ushijima saß in seinem violett-gold verzierten Thron und daneben ein Mann mit leuchtend roten Haaren. Ihn konnte man selbst in riesigen Menschenmengen sofort ausfindig machen. Höchstwahrscheinlich handelte es sich um den Berater des Königs.
Kyotani kniete nieder und senkte den Kopf als Zeichen des Respekts. Er zog mich herunter, befahl mir mit dieser Geste, dasselbe zu tun. Obwohl er meinen Respekt nicht verdiente, leistete ich dennoch Folge und kniete nun ebenfalls vor dem König.

“Na, Anstand scheint mir der junge Prinz wirklich nicht zu haben~”, trällerte der Rothaarige. Keinen Anstand? Pah! Mein Vater hatte selbst ihnen nur schlechtes über mich erzählt! Wie konnte ich nur denken, dass er es nicht getan hätte? Wie töricht von mir!
Mit einem einschüchternden Blick musterte der Berater mich einmal komplett.
“Wie König Ryutaro behauptete. Er sieht wirklich nicht aus, als wäre er imstande, ein Königreich zu regieren. Sicher, dass sie ihn heiraten wollen, eure Hoheit?” Konnte ihm einer den Mund verbieten? Sonst würde ich es tun! Unverschämt einem Prinzen so entgegenzutreten! Er glaubte sofort den Lügen meines Vaters und kannte mich nicht einmal. Also was fiel ihm ein, so über mich zu sprechen?

“Ja, wir haben immerhin ein Abkommen abgeschlossen. Er wird seine Ansichten schon noch ändern und einen guten König abgeben, dafür sorge ich”, sprach nun Ushijima. Meine Ansichten? Sprach er von der unteren Schicht? Niemals würde ich ihnen den Rücken kehren. Weiterhin bot ich ihnen meine Hilfe an, ob es diesem Abschaum von König passte oder nicht!

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Im Thronsaal hatten wir Kleinigkeiten geklärt, wie die Anprobe meines Gewandes, die morgige Hochzeit, das er die letzten Vorbereitungen treffen ließ und das wir gegen die Mittagszeit heirateten. Anschließend würde ein großes Fest im Schloss mit den Adligen stattfinden. Alles in einem hervorragend geplant und wenn es jemand wäre, den ich liebte, gefiel es mir sicher um einiges besser. Nur war dies nicht der Fall. Lieber zwang man mich, diesen Abschaum zu heiraten.

“Sie sehen bezaubernd aus”, lobte Shimizu, eines der Dienstmädchen, mein prächtiges weißes Gewand. Einzelne kleine Verzierungen aus Silber und die Bestückung mit Rubinen und Saphiren, ließen es erst prachtvoll erscheinen. Es gefiel mir, dennoch seufzte ich frustriert. Ich wollte mich nicht damit abfinden, Ushijima zu heiraten. Würde ich auch nie. Doch musste ich an die Völker denken. Dadurch schenkten wir ihnen Hoffnung und sie mussten nicht mehr in Angst leben, dass der Krieg nie ein Ende fand. Ihre Liebsten getötet wurden oder man ihre Häuser niederbrannte. Zwei Königreiche, die sich vereinigten, waren für die Bürger immer ein gutes Zeichen.

Die Augen geschlossen atmete ich tief durch die Nase, denn die Übelkeit kehrte zurück. Allein der Gedanke an den Krieg und all die unschuldigen Opfer ließ mich erzittern und diese furchtbaren Bilder drohten, sich erneut in meinem Kopf abzuspielen. Ich kniff die Augenlider und hielt mir den Kopf. Bitte… nicht jetzt.
“Geht es euch gut? Möchten Sie sich setzen?”, fragte die Schwarzhaarige aufgebracht und rückte ihre Brille zurecht. Nein, mir ging es nicht gut, jedoch konnte ich es ihr nicht erzählen. Auch die Bediensteten im Schloss würden sich über den Frieden freuen und das mochte ich ihnen nicht nehmen.
“Nein, es geht mir gut. Machen sie sich keine Sorgen”, lächelte ich ihr liebevoll entgegen, was sie erröten ließ.

Nach der Anprobe verließ ich mein Zimmer und suchte eine Weile nach der Küche. Bei der kleinen Rundführung vorhin hatten 'wichtige’ Räume Priorität. Küche und weitere Räume, wo sich die Dienstmädchen oder Küchenhilfen aufhielten, musste ich nicht unbedingt kennen. Dann blieb mir eben nichts anderes als suchen, aber ich wurde schneller fündig als gedacht. Mit Schwung schob ich die Tür nach innen auf und strahlte den Küchenhilfen freundlich entgegen und trällerte ein: “Grüßt euch~”
“P-Prinz Oikawa? W-Was führt euch in u-unsere bescheidene K-Küche?”, stotterte ein eingeschüchterter junger Mann mit grünem Haar und Sommersprossen im Gesicht. Hatte er Angst… vor mir? Was tat Ushijima mit seinen Bediensteten? Ich hoffte doch nichts Schlimmes? Vielleicht war der junge Mann einfach nur sehr schüchtern. Was aber die Angst in seinen Augen nicht erklärte.
“Ich würde gerne helfen. Gibt es etwas, was ich tun kann?”
Stille.
Jeder hatte mit dem aufgehört, was er gerade tat und sah, nachdem sie fragwürdige Blicke austauschten, mich überrascht an.
“Helfen? Sie sind-”, fing ein Mann mit orangenem Haar an, jedoch unterbrach ich ihn indem ich die Hand hob.
“Ist mir egal ob Prinz, König oder Bürger, ich helfe gerne. Also. Kann ich euch zur Hand gehen? Ihr seid doch sicher auch mit den Vorbereitungen für den morgigen Tag beschäftigt, oder?”, bot ich erneut an.
“J-Ja sind wir. V-Vielen Dank, eure H-Hoheit!”, verbeugte sich der mit den grünen Haaren, der sich als Yamaguchi vorstellte, Hinata der Orangehaarige erklärte mir was noch alles Anstand.










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