Sigyn

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Während er schlief arbeitete es in ihr. Sie sollte wen auch immer von ihn fern halten. Hatte er sich letztendlich vielleicht gar nicht selber die Pulsadern aufgeschnitten? Sie wusste, das dieser Gott es  nie leicht gehabt hatte und konnte sich vorstellen, wie sehr er litt. Sie hatte alles über ihn gelesen, jeden Schnipsel, den sie erhaschen konnte. Und sie hatte es gesehen, in seinen Augen, in denen eine so große Trauer lag, das man es nicht in Worte fassen konnte. Was war ihm nur geschehen? Eine Frage, die ihr nicht aus dem Sinn ging. Sie sollte jedoch beantwortet werden, denn plötzlich flog die Tür auf und eine Frau kam herein. Man sah ihr an, das sie sehr zornig war. Dea musterte sie erschrocken. Diese Frau trug ein wunderschönes Kleid, ihre blonden Haare waren kompliziert geflochten und zu einem Zopf gebunden, ihre Gesichtszüge waren schön, aber hart.
„Wo ist er?“, fragte sie in einem Ton, der vermuten ließ, das sie es nicht gewohnt war, das man ihr wiedersprach.
Dea war sich nicht sicher, wem sie da vor sich hatte. Sie versperrte den Blick auf Loki und blickte der Frau fest in die Augen:
„Erst möchte ich wissen, wer Sie sind!“
Die Frau wurde anscheinend noch wütender:
„Was erlaubst du dir……..Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig! Aber wenn es dich beruhigt: Ich bin seine Frau!“
Dea wurde es heiß und kalt. Sigyn! Sie ging durch, was sie über sie wusste. Viel war es nicht. Sie  war mit Loki verheiratet gewesen, zusammen hatten sie 2Kinder, Vali und Narfi,  auch sie war  eine Göttin, eine Siegesbringerin, aber irgendwas zerschlug diese Ehe, soweit sie wusste. Was wollte sie dann hier? Er hatte gesagt, sie sollen ihm jemanden vom Leib halten. War sie gemeint? Hatte sie etwas damit zu tun, das er sich etwas hatte antun wollen? Dea nahm ihren ganzen Mut zusammen:
„Sie können nicht zu ihm, er wünscht Sie nicht zu sehen!“
In Sigyns Zügen spiegelte sich Wut, Hass und unbändiger Zorn:
„Bist du seine neue Hure, ja?“
Dea zuckte kurz zusammen, fasste sich schnell wieder und erwiderte:
„Nein, aber Sie sind definitiv nicht mehr seine Frau!“
Sigyns Züge wurden wilder und härter, sie sah aus wie eine Raubkatze die eine Beute im Visier  hatte und kurz davor war, sie anzugreifen. Ihre Stimme war eisig und duldete keine Wiederrede:
„Er ist mein Ehemann! Geh mir aus dem Weg! Ich habe mit ihm zu reden! Es ist besser für dich, wenn du mich nicht aufhälst!
Diese Furie war also einmal seine Frau gewesen. Kein Wunder, das die Ehe schief gegangen war, wie Dea fand. Loki machte den Eindruck, als sei er feinfühlig, sensibel, lieb und im Moment wahrscheinlich labil. Diese wutschäumende Göttin machte eher den Eindruck einer Frau, bei der jeder zu parieren hatte, auch der Ehemann. Dea schüttelte den Kopf. Das passte nicht zusammen. Wie hatte er diese Ziege nur heiraten können? Die beiden passten so absolut nicht zusammen! Ihr war klar, das sie Sigyn nicht zu Loki lassen durfte. Sein Zustand war schon nicht der Beste und wahrscheinlich würde sie es nur verschlimmern, und wer wusste schon, was dann geschehen würde? Dea blieb entschlossen zwischen Sigyn und Loki stehen. Aber wie hinderte man eine Göttin daran, sich einfach das zu nehmen, was sie wollte? Dea überlegte. War sie nicht die Siegesbringerin? Wenn Dea nun versuchte, die Kräfte von Sigyn über ein Gebet zu erreichen, dann könnte sie ja eigentlich nur gegen diese Göttin gewinnen. Dea hob stolz das Kinn und sah Sigyn direkt in die blitzenden Augen:
„Es ist mir egal, ob du unbedingt mit ihm reden musst. Ich lasse dich nicht vorbei! Du hast bei ihm nichts zu suchen! Er ist sehr schwach und du würdest ihn nur aufregen, und das kann er im Moment nicht gebrauchen! Er muss erstmal wieder gesund werden!“
Ganz heimlich für sich betrete sie an die Kräfte  von Sigyn in der Hoffnung, es würde auch wirklich funktionieren. Sie war gespannt,  ob sie der  Göttin dadurch gewachsen war.
Sigyn schien zu merken, was sie da trieb und wurde laut vor Wut:
„Was erlaubst du dir eigentlich? Meine Kräfte anbeten, damit ich verschwinde! Ich werde dir zeigen, was es heißt sich mit einer Göttin anzulegen!“
Sigyn strahlte plötzlich vor Energie und Dea wurde es mulmig zumute. Was hatte sie schon einer Göttin entgegen zu bringen? Sie war nur ein einfacher Mensch! Eine Kugel aus Energie löste sich von Sigyn und schoss auf Dea zu. Dea war wie erstarrt vor Schreck. Was würde passieren, wenn diese Kugel sie traf? Sicherlich nichts gutes, so wie Sigyn im Moment vor Wut schäumte. Genau in dem Moment als diese Energiekugel sie schon fast berührte wurde sie aus der Bahn geschlagen. Der Duft von Moos, warmen Sommerregen und Wiesen und Wälder wurde intensiver und raubte Dea fast den Atem. Wie aus dem Nichts blickte sie plötzlich auf einen Rücken, der zwischen sie und Sigyn stand. Sie brauchte einen Moment um zu realisieren, was gerade passiert war. Loki hatte sich beschützend vor sie gestellt, nachdem er den Energieball weggeschlagen hatte. Seine Stimme war nicht mehr sanft, ruhig und schwach, als sie durch den Raum hallte, sie war laut, fest und donnerte regelrecht, als er zu Sigyn sprach:
„Wir haben uns nichts mehr zu sagen! Geh, bevor ich mich vergesse! Und rührst du Dea auch nur noch einmal an, Lauf! So schnell du kannst! Ansonsten hat es die längste Zeit eine Siegesbringerin gegeben!“
Dea hörte, wie Sigyn hämisch lachte:
„Beschützt du deine neue Hure, ja? Du wirst dich nie ändern, Loki Laufeyson!“
Loki war so schnell an Sigyn herangetreten  das Dea staunte, wie blitzschnell er war. Seine Hand legte sich an den Hals der Göttin und drückte zu, er zischte bedrohlich und wütend:
„Unsere Ehe war arangiert, das weißt du genau. Odin, der Sack, hat mich dazu gezwungen, nichts anderes! Ich Vollidiot war dir auch noch treu und glaubte, es könnte vielleicht funktionieren, während du für alles und jeden die Schenkel gespreizt hast! Bezeichne sie nie wieder als Hure! Die wahrhafte Hure hab ich hier vor mir! Und jetzt hast du die Wahl: verschwindest du oder stirbst du?“
Sigyn japste nach Luft, sie war bereits hochrot im Gesicht, ihre Augen traten hervor als Loki fester zu drückte. Deas Erstarrung löste sich, sie eilte zu Loki und legte beruhigend ihre Hand auf seinen Arm, sah ihn an und versuchte ruhig mit ihm zu reden:
„Loki ….. Loki nicht! Komm schon! Lass sie los, bitte! Das ist nicht der Loki, den ich kenne. Du bist anders, das weiß ich! Du bringst niemanden um. Komm, lass sie los.“
Die smaragdgrünen Augen schauten sie blitzend an und wurden  ganz sanft als er Dea ansah. Ganz langsam spürte sie die Muskeln in seinem Arm arbeiten auf dem noch immer ihre Hand ruhte. Er ließ Sigyn langsam los und drehte sich zu ihr während Sigyn eifrig nach Luft rang. Sie erholte sich allerdings sehr schnell und sah Loki eisig an:
„ Wir sind verheiratet, Loki Laufeyson! Der Göttervater selbst hat es so bestimmt!“
Loki sah Sigyn an, ihr Lächeln war siegessicher, sie wollte nicht klein beigeben und spielte Odin als Trumpf aus,  Sie war es gewohnt, immer alles zu bekommen, was sie wollte, aber Loki bedachte sie nur mit einem abwertenden Blick und sagte gelassen:
„Sind wir nicht. Nicht mehr. Und das ist auch gut so. Finde dich damit ab! Der alte Sack kann mich kreuzweise! Die Ehe wurde geschieden! In Jothunheim. Die Papiere hast du darüber. Also lass mich ein für alle Male in Ruhe!“
Sigyn kreischte auf vor Wut:
„Das wirst du bereuen, Loki Laufeyson! Du wirst deine Kinder nie wieder sehen!“
Damit verschwand sie genauso schnell wie sie gekommen war und ließ Loki und Dea zurück.

Let me dieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt