Ein Zuhause?

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Loki musste nicht mehr sehr lang im Krankenhaus bleiben. Er erholte sich schnell und es ging ihm zügig wieder besser, so das er aus dem Krankenhaus entlassen wurde und mit Dea gehen konnte.  Am Tag der Entlassung ließ Dea Loki kurz allein. Mit Bus und Bahn fuhr sie schnell nach Hause und holte ihr Auto. So schnell es ging war sie wieder in der Klinik, um Loki abzuholen. Sie holte die Papiere für ihn aus dem Schwesternzimmer und holte dann Loki, der in seinen alten, blutverschmierten Klamotten, mit denen er eingeliefert worden war, auf dem Bett saß. Als Dea ihn erblickte, fuhr sie vor Schreck zusammen:
„Himmel! Nein, so kannst du nicht los! Komm, hier, nimm das mit ins Bad und zieh dich schnell um! Deine alten Sachen steckst du in den Beutel. Ich wasche sie dir, wenn wir Zuhause sind.“
Dea drückte ihm einen Beutel mit Sachen in die Hand und hoffte, das diese passen würden. Sie beglückwünschte sich innerlich zu so viel Weitsichtigkeit, war glücklich, das es Lieferdienste gab und schob Loki ins Bad.  Dieser schloss die Tür hinter sich und schaute dann in den Beutel. Ein smaragdgrünes Sweatshirt, eine schwarze Jogginghose, die sehr bequem aussah, selbst Boxershorts und Strümpfe waren mit bei. Man merkte, das eine Frau diese Sachen ausgewählt hatte. Die Boxershorts waren in verschiedenen Größen, als hätte Dea nicht gewusst, wie man das bei Männern berechnet von der Größe her. Als Loki eine XXXL Boxershorts fand, hielt er sie kurz hoch und  lachte  auf:
„Nein, Thors Hammer hab ich noch nicht in der Hose!“
Schnell zog er sich die neuen Sachen an und blickte in den Spiegel. Hm, diese Sachen waren nicht einmal so übel und sehr bequem. Was Loki aber am besten gefiel: sie waren innen sehr flauschig. Er liebte es auf Anhieb. Irgendwie kuschelten ihn diese Klamotten ein, wie eine wärmende, flauschige Decke, was dazu führte, das er sich sofort wohl fühlte. Wenn Dea  ihn jetzt schon so verwöhnte, konnte es nur gut bei ihr sein. Vielleicht war es doch nicht so eine schlechte Idee mit ihr zu gehen. Anscheinend mochte sie ihn ja etwas …….und er? Loki schaute unsicher in den Spiegel. Warum hatte sie bleiben sollen? Was hatte sie an sich? Warum konnte er sie ertragen? Warum durfte sie ihn berühren? Was war das nur mit ihr?
Das Klopfen an der Badtür holte Loki aus seinen Gedanken:
„Loki, alles in Ordnung? Bist du schon fertig?“
Loki räusperte sich kurz, blickte noch einmal in den Spiegel und stopfte dann seine alten Sachen in den Beutel. Er öffnete die Tür und sah Dea an:
„Ja….ja, alles in Ordnung. Ich…. Danke, die Sachen sind toll.“
Dea schaute ihn von oben bis unten bewundernd an:
„Sie passen dir ausgezeichnet und stehen dir.“
Loki wurde leicht verlegen und Dea hätte schwören können, das sich seine Wangen sogar leicht röteten. Sie lächelte ihn sanft an:
„Bereit? Gehen wir nach Hause?“
Nach Hause……Lokis Blick wurde wehmütig. Vielleicht fand er ja bei ihr so etwas wie ein Zuhause. Zögernd nahm er ihre Hand, die sie ihm hingestreckt hatte, atmete tief durch und nickte Dea führte Loki durch die Gänge des Krankenhauses hinaus auf den Parkplatz zu ihrem Auto. Loki staunte. So viele Autos! Er sah Dea fragend an:
„Fährst du so eine Blechdose?“
Dea lachte:
„Loki, diese Blechdosen sind Autos. Wir Menschen benutzen sie, um weite Strecken zurück zu legen. Und ja, ich fahre auch so eine Blechdose.“
Irgendwie wollte das nicht so richtig in Lokis Kopf passen:
„Was ist denn mit Pferden oder Kutchen?“
Dea seufzte:
„Weißt du, die sind nicht so schnell. Ein Auto ist schneller und unkomplizierter, bequemer. Es braucht keinen Stall, keine Koppel, kein Heu…..“
Loki nickte bedächtig, als sie am Auto ankamen und Dea die Tür öffnete. Loki bestaunte, was es dort drinnen alles gab. Seine flinken Finger drückten bereits auf einige Knöpfe, der Scheibenwischer ging an, die Warnblinker leuchteten, es hupte und Dea schreckte zusammen:
„Himmel…..Loki, bitte. Nichts drücken! Bitte!“
Loki nickte und lehnte sich an. Dea versuchte ihm den Sicherheitsgurt zu erklären. Irgendwann gab sie auf und legte ihm den Sicherheitsgurt einfach an wobei sie wieder diesen Geruch wahrnahm. Wiesen, Wälder, Sommerregen, unzählige Blüten, feuchte Erde……..sie musste sich zusammenreißen, ihr Vorhaben zu beenden. Endlich hatte es geklickt und der Gurt saß. Himmel, dieser Gott brachte sie sowas von durcheinander!
Dea setzte sich auf die Fahrerseite, startete das Fahrzeug und fuhr los. Loki schaute fasziniert aus dem Fenster und schaute sich alles an. Es dauerte nicht lange, da bog sie in die Straße ein, in der sie wohnte und bemerkte, das Loki auf seine Verbände schaute. Sie seufzte, als sie seinen traurigen Blick sah und fasste sich ein Herz:
„Du hast den Psychiater nicht die Wahrheit gesagt, oder? Du hast ihn angelogen. Du hast dir das Leben nehmen wollen.“
Loki nickte, sein Blick schweifte in die Ferne:
„Ja. Ich kann beidhändig, Das wusste der Psychiater nicht. Mit rechts ist genauso gut wie mit links. War mein Glück. Wenn es wirklich so furchtbar in einer Psychiatrie ist, möchte ich lieber nicht dort hin.“
Dea  parkte das Auto und schaute ihn an:
„Mach das bitte nie wieder! Bitte!“
Loki sah sie mit seinen traurigen Augen an:
„Verbluten ist nicht schlimm, weißt du. Du schläfst ein und gleitest hinüber. Das war’s .“
Dea verdrehte die Augen:
„Das ist nicht mal annähernd das, was ich eigentlich hören wollte.“
Sofort schaute Loki nach unten und entschuldigte sich.
„Nein, Loki, entschuldige dich bitte nicht immer. Es ist ……Himmel……es tut mir so leid, was man dir alles angetan hat. Komm, du musst zur Ruhe kommen. Lass uns rein gehen.“
Dea stieg aus und öffnete ihm die Tür. Dann gingen sie in ihre Wohnung und Loki stand völlig verlassen im Flur, während Dea herum lief, ihre Jacke ablegte, die Autoschlüssel in die Schale der Anrichte schmiss, in die Küche eilte, um Kaffee zu kochen. Als sie die Kaffeemaschine angeschaltet hatte fiel ihr auf, das Loki garnicht hinter ihr hinterher gekommen war. Sie schaute in den Flur und sah Loki noch immer am selben Fleck stehen. Sie ging zu ihm, nahm seine Hand und führte ihn in die Küche:
„Du darfst dich hier frei bewegen, Loki. Das ist jetzt auch dein Zuhause. Schau dich ruhig um.“
Loki schaute sich in der Küche um, strich über das Ceranfeld und fragte sich, was das war.
Dea lächelte:
„Das ist ein Herd. Man kocht darauf. Wenn man dazu kommt. Ich gebe zu, ich benutze ihn nicht so oft. Ich habe ja bis jetzt allein gelebt. Meist schiebe ich mir irgendwelches Fertigkram in die Mikrowelle oder in den Ofen.“
„Mikrowelle?“, auf Lokis Gesicht lag Unverständnis.
„Etwas zum Essen zubereiten, wenn es schnell gehen soll. Ich zeig sie dir nachher. Hast du Hunger?“
Loki überlegte:
„Warum? Soll ich dir Essen kochen?“
Dea fiel fast aus allen Wolken. Er sollte sie doch nicht bedienen! Sie atmete tief durch. Also einfach würde das nicht werden mit diesem Gott! Sie schaute ihn an:
„Nein, Loki, du sollst mich doch nicht bekochen. Ich würde dir etwas zu essen machen, wenn du Hunger hättest.“
Falten legten sich auf Lokis Stirn:
„Warum?“
Dea hob die Hände über den Kopf:
„Himmel, Loki, du bist  nicht hier um mein Diener zu sein oder mein Butler! Du sollst dich erholen, wieder zu dir kommen, dich entspannen. Warte, ich habe etwas, das dir wahrscheinlich gefallen wird. Los, komm mit!“
Sie zog ihn ins Wohnzimmer und ließ ihn auf der Couch Platz nehmen, dann schaltete sie den Fernseher ein. Sie zapte die  Programme durch. Loki war sehr gebildet, interessierte sich für Geschichte und Wissenschaft. Wenn sie eine Doku finden würde! Irgendwann flammte die Totenmaske des Tut- Ench- Amun über den Bildschirm. Das alte Ägypten! Das war doch interessant! Ein Relief erschien, welches eine Wandzeichnung im Grab des Pharaos war. Dea blinzelte und schaute noch mal. War das Loki? Sie sah Loki an und dieser sah interessiert zum Bildschirm:
„Die Kiste mit den Menschen drin! Tut…..ist das lange her….Wie……“
Dea lächelte:
„Das ist ein Fernseher. Menschen machen Filme und die flackern dann über den Bildschirm. Die Pyramiden und diesen Tut Ench- Amun hat man erforscht und diese Menschen reden darüber, was sie herausgefunden haben.“
Anscheinend hatte dies Lokis Interesse geweckt. Gebannt lauschte er den Worten der Wissenschaftler und sah, was sie alles entdeckt hatten. Dea strich ihm sanft über die Wange:
„Ich mach dir was zu Essen, entspann dich.“
Es schien, als würde Loki sie gar nicht richtig hören. Sie ließ ihn und ging in die Küche. Was kochte man einem Gott mit einer Essstörung? Überfragt  schaute sie in den Kühlschrank. Viel hatte der nicht zu bieten. Toastbrot, Magerine, Marmelade und etwas, das einmal Wurst gewesen sein musste. Angewidert warf sie die Packung in den Müll. Vielleicht sah es im Gemüsefach besser aus. Beim öffnen stellte sie fest, das sie vielleicht doch vorher hätte einkaufen sollen. Im Tiefkühler fanden sich nur Fertiggerichte. Aber welches davon würde er mögen?

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