Michael und Dea rannten los. Sofort prüfte der Arzt den Monitor, als sie im Wohnzimmer ankamen. Die Werte sahen nicht gut aus. Michael fluchte:
„Verdammt, er hat Probleme mit der Atmung und der Puls ist dadurch viel zu hoch!“
Michael kramte aus seinem Koffer eine kleine Sauerstoffflasche hervor und eine Atemmaske samt Schlauch. Er verband die Sachen in Sekundenschnelle und setzte Loki die Atemmaske auf:
„Irgendwas läuft hier verdammt schief, und ich habe keine Ahnung, was! Fast, als wäre das Gegenmittel überdosiert.“
In dem Moment fiel Dea die Pille am Bad ein und ihr fuhr es eiskalt durch und durch:
„Die Packung war nicht vollständig! Ich erinnere mich! Ich hab eine Pille davon an der Tür vom Badezimmer gefunden!“
Michael rannte zum Bad und schaute noch einmal genau. Er fand noch eine davon. So schnell er konnte lief er damit wieder in das Wohnzimmer und drückte sie Dea in die Hand:
„Zwei. Es waren Zwei Pillen. Wir haben den Wirkstoff völlig falsch berechnet. Es ist überdosiert.“
Dea kamen die Tränen. Der Monitor piepste und blinkte feindlich. Loki lag blass da, seine Augen waren geschlossen und hatten tiefe Schatten. Man sah, das es ihm nicht gut ging. Seine Brust hob und senkte sich kaum.. Es tat Dea unsagbar weh ihn so zu sehen:
„Sollten wir ihn nicht aufwecken?“
Der Arzt schüttelte den Kopf:
„Das wird nicht funktionieren. Er wird bewusstlos sein.“
Michael kramte in seinem Kühlkoffer. Irgendwo hatte er es, das wusste er genau, aber wo? Er hatte ein Mittel, das die Wirkung aufhob! Es war nur für absolute Notfälle wenn genau so etwas wie jetzt passierte. Er fand es einfach nicht! Hatte er es nicht mit eingepackt? Die Uhr tickte und sein Patient brauchte es dringend! Es würde seine Atmung verbessern und er würde aus der Bewusstlosigkeit erwachen. Verdammt, wo war es? Doch wie sehr er es auch suchte, er fand es nicht:
„Mist, es ist nicht da! Ich muss es in meiner Praxis gelassen haben.“
Gerade in diesem Moment verschlechterte sich die Atemfrequenz von Loki und der Arzt fluchte erneut:
„Teufel nochmal, zurück zur Praxis und wieder hier her dauert zu lange!“
Er drehte den Sauerstoff etwas höher, als Laufey im Türrahmen erschien:
„Zusammen schaffen wir es in Sekunden, es zu holen!“
Michael nickte und stand auf, um zu Laufey zu gehen:
„Dann los!“
Laufey nahm seine Hand und sie waren innerhalb kürzester Zeit verschwunden.
Dea setzte sich zu Loki und streichelte zärtlich sein Haar. Sie weinte noch immer. Mit tränenerstickter Stimme redete sie mit ihm:
„Das ist alles meine Schuld. Es tut mir so leid, wirklich. Weißt du, ich würde nie…….“
Sie überlegte. Hörte er sie überhaupt? Sie wusste es nicht. Aber man redete ja mit Koma Patienten auch und man sagte, sie würden es mitbekommen. Warum also nicht auch mit bewusstlosen? Sie sah ihn liebevoll an:
„Weißt du, du kannst doch jetzt noch garnicht gehen. Du lässt ja dein Kuscheltier sonst alleine!“
Die Erinnerung daran, was Loki zu ihr gesagt hatte, flammte auf und brannte. Es tat weh ganz tief drinnen und sie schluchzte auf:
„Verdammt, wir haben es doch noch nicht mal versucht, ob es ……. Tschuldige …….ich……weiß, du bist ein Gott, ich ein Mensch, wahrscheinlich lebst du viel, viel länger und mein Leben ist nur ein Wimpernschlag für dich, aber vielleicht wäre es ein glücklicher Wimpernschlag…….“
Sie überlegte wieder. Ach verdammt. Was redete sie da? Wie egoistisch war sie denn? Was würde denn passieren, wenn sie so viel früher starb als er? Er würde wieder in tiefe Depressionen versinken. Was war sie doch für eine dumme Person! Wie hatte sie auch nur eine Sekunde daran denken können, mit ihm glücklich zu werden! Sie schüttelte den Kopf:
„Vergiss, was ich dir gesagt hab. Ich….. würde dir wahrscheinlich eh nur wehtun. Mir ist ja kein so langes Leben beschieden, weißt du?“
In ihrem Inneren bewegte sich etwas. Es fühlte sich an, als würden die Gefühle plötzlich verwirbeln und ein Gefühl sich breit machen, das nicht von ihr war. Es fühlte sich an, als würde es von außen in sie hinein sickern. Es wärmte sie, gab ihr Liebe, fühlte sich gut an. Sie sah Loki an, aber dieser lag noch immer bewusstlos da. War es möglich, das er das war? In ihr machte sich ein Gedanke breit, der nicht der ihre war:
„Es gibt Mittel und Wege…..denk an Iduns Äpfel!“
Sie war völlig verwirrt. Was war das gewesen? War das Loki? Konnte er sie hören? Sie streichelte zärtlich seine Wange:
„Warst du das? Kannst du mich hören? Loki!“
In ihrem Inneren bekam sie eine Antwort:
„Ja. Holt mich hier weg!“
Deas Augen weiteten sich. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie hörte ihn in ihren Gedanken, spürte sein Feuer, sein Eis, sein Sein. Wie war das möglich? Sie sollten ihn wegholen, von wo? Wollte er wieder zu ihr? Bevor sie sich wieder gefasst hatte, drangen neue Gedanken in sie ein:
„ Vor mir ist eine große, gläserne Tür, eher ein Tor, es ist riesig. Aber es ist verschlossen. Man sieht Hellheimr dahinter. Die Wiesen, die Wälder, die Brücke…….und Modgurd bewacht sie noch immer …“.
Dea schluckte. Wahrscheinlich stand er am Zaun von Hellheimr vor dem Tor und konnte nicht hindurch, weil er ja noch lebte. Nur die Toten konnten Heljas Reich betreten. Aus Erzählungen und Geschichten in alten Büchern wusste Dea, das es wunderschön dort sein musste. Entgegen der heutigen Meinungen war Hellheimr nicht die sogenannte Hölle. In dem Namen Hellheimr war eher das ganz alte Wort für versteckt enthalten. Es war ein Ort wo die Toten hinkamen, die an Krankheit, Unfall oder Altersschwäche gestorben waren. Sie hatten es dort gut und wurden gut versorgt in den Sälen von Heljas Palast. Zumindest wenn man den Aufzeichnungen glaubte. Das es später als Hölle galt, hätte man dem grausamen Christentum zu verdanken, der jedem seinen Glauben aufzwang. Notfalls mit Gewalt und Tod. Dea schüttelte sich in Erinnerung an das Gelesene über Christen. Sie mussten Loki da weg holen, bevor sich das Tor öffnete!
In diesem Moment standen Laufey und Michael wieder im Raum und Dea atmete auf:
„Er hat mit mir geredet.. .also nicht wirklich…er hat……“
Dea stockte. Klang das nicht zu absurd, was eben geschehen war? Michael würde sie wahrscheinlich für verrückt halten. Nur Laufey lächelte wissend. Absurd…..es war ja auch absurd, das sie einen Gott hier liegen hatte! Dea hob wieder an;
„Beeil dich, Michael! Bitte! Er ist schon an der Grenze von Hellheimr!“
Michael schaute Dea verwundert an, zog aber trotzdem eine Spritze auf. Bevor er sie setzte fragte er erst nach, um sicher zu sein:
„Wir können ihn einfach von da weg holen, ja? Ohne Probleme?“
Laufey nickte und der Arzt setzte die Spritze und drückte das Mittel in Lokis Vene:
„Und Hellheimr ist…?“
Dea schaute traurig nach unten:
„Der Ort wo die Toten hinkommen. Er soll wunderschön sein.“
Michael zog die Spritze aus Lokis Arm und klopfte leicht drauf. Erstaunt sah er Dea an:
„Das erklärt einiges. Weißt du, ich habe mich als Arzt schon oft gefragt, warum viele Menschen nach dem zurück holen Depressionen bekommen. Wahrscheinlich reden sie nicht darüber, weil man sie für verrückt halten könnte, aber das ist eine Erklärung. Sie haben gesehen, was sie erwartet. Das habe ich bereits vermutet, aber ich hatte noch nie eine Bestätigung für meine Theorie.“
Dea schaute Michael erstaunt an. Sie hatte nicht gewusst, das ihn solche Sachen interessierten und beschäftigten. Er hatte ja Recht. Wahrscheinlich schwiegen die Menschen, die man zurück geholt hatte. Was in der heutigen Zeit nicht ǹormalˋ war, wurde schnell als psychische Störung ausgelegt, als Verrücktheit. Man tickte nicht richtig und wurde gemieden.
Michael schaute auf den Monitor. Wenn er alles richtig gemacht hatte, sollte sich gleich alles normalisieren und Loki aufwachen, und tatsächlich: Die Atemfrequenz normalisierte sich wieder, Lokis Herz wurde ruhiger. Michael schaute Dea an:
„Versuch ihn langsam zu wecken. Es müsste eigentlich funktionieren. Wenn ich ihn wecke ist es ihm wahrscheinlich wieder unangenehm. Letztes Mal hat er mich richtig angefaucht.“
Dea nickte und streichelte Loki sanft über die Wange:
„Loki? Loki, komm, wach auf!“
Loki zeigte keine Reaktion. Seine Augen blieben geschlossen und es gab keine Anzeichen, das er erwachen würde. Dea versuchte es nochmal:
„Loki, hey, aufwachen! Komm schon, mein süßer Gott! Mach die Augen auf!“
Nur ganz kurz zuckten seine Finger. Er atmete tief ein, als hätte er schon lange keinen Atemzug mehr gemacht. Dea nahm seine Hand:
„Komm zu mir zurück, mein Prinz!“
Lokis Augenlider flatterten. Langsam regte er sich und schlug die Augen auf. Er blinzelte Dea mit leuchtend grünen Augen an. Ein bisschen benommen war er noch, seine Stimme sehr leise und matt:
„Danke….“
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Let me die
FanfictionSie findet einen jungen Mann, der sich das Leben nehmen wollte und rettet ihn. Sie findet heraus wer er ist und will ihm helfen. Trotz ihrer Bemühungen nimmt das Schicksal erneut einen dramatischen Lauf und wieder bangt sie um sein Leben. Wird sie e...