Kapitel 18: Schlacht am Schwarzwasser

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In den darauffolgenden Tagen war die Lage in Königsmund sehr angespannt, denn man fürchtete Stannis, der sich auf die Eroberung von Königsmund vorbereitete. Eine verzweifelte Lage, Stannis hatte nämlich viel mehr Männer als die Verteidiger der Stadt hätten aufbringen können und würde eines der Stadttore fallen, wäre Stannis Eindringen unaufhaltbar. Gewitztheit war gefragt, weshalb Tyrion Lannister, Hand des Königs, das Kommando über die Verteidigung der Stadt übernahm.

Ein sanfter Wind wehte durch die Stadt, ein Wind aus Nordosten, der Tod und Verderben mit sich bringen sollte. An diesem Tag sollte über das Schicksal der Lannisters und Baratheons entschieden werden, wer fällt und wer obsiegt. Die letzten Vorbereitungen wurden getroffen und Cersei lud sämtliche Edelfrauen der Stadt in Maegors Feste ein. Die einzige Möglichkeit, die Feste zu erreichen, war über eine hölzerne Zugbrücke. Die Feste selbst war wie eine Burg in einer Burg, ein Turm mit dicken und hohe Mauern sollte im Ernstfall den Bewohnern des Roten Bergfrieds einen letzten Schutz bieten. Dort sollten die Frauen ausharren, während ihre Männer kämpften. Auch Lyanna und Sansa wurden dort erwartet, zuvor wollte Joffrey seine Verlobte jedoch noch verabschieden.

Er ließ Sansa in den Thronsaal kommen, wohin sie Lyanna und Shae begleiteten. Er zeigte ihr sein Schwert, welches er Herzfresser nannte, denn alle legendären Schwerter hatten einen Namen. Dunkle Schwester nannte Visenya Targaryen ihre Klinge, mit der sie an der Seite ihrer Geschwister Rhaenys und Aegon ganz Westeros eroberte, Schwarzfeuer hieß die Klinge ihres Ehegatten und Bruders und Eis war der Name des Ahnenschwertes von Haus Stark, das Eddard Stark tötete. In dieser Schlacht sollte sich eine weitere Waffe ihren Platz in dieser Liste verdienen, zumindest wenn es nach Joffrey ging. Als Glücksbringer verlangte er deshalb von Sansa, die Klinge zu küssen und befahl ihr, nach der Schlacht von dort Stannis Blut zu kosten. Dann brachte man ihn zu seinen Männern und die Frauen machten sich auf den Weg zu Cersei. Insgeheim hofften sie, Joffrey würde unter den vielen unschuldigen Opfern sein, die diese Schlacht fordern würde, doch die Schlimmsten würden immer überleben.

Der Weg zu Maegors Feste war anstrengend. Lyanna, die kurz vor der Geburt stand und sich seit dem Aufstand nicht unbedingt wohl fühlte, musste von Shae und Sansa gestützt werden, um die Stufen zu bewältigen. Endlich oben angekommen, legten sie Lyanna auf eines der vielen Betten, die in dem großen Raum standen und diesen einer Baracke ähnlich machten. Gegenüber der Tür gab es lediglich ein kleines Fenster unter dem Cersei Lannister auf Kissen und weichen Unterlagen saß und Wein trank. Insgesamt waren über zwanzig Frauen und etwa vierzehn Kinder hier versammelt. Auch ein Mann war anwesend, Ilyn Payn, der mit Eis die Tür bewachte. Draußen wurde es immer dunkler und kurz nachdem die Sonne untergegangen war, läuteten die Glocken. Die Glocken, die den Feind verkündeten, den es lediglich im Licht der Fackeln zu bekämpfen galt.

Seit dem Aufstieg zur Feste bemerkte Lyanna immer wieder Tritte ihres Kindes. Normalerweise war es zu dieser Stunde nicht so aktiv, doch sie dachte sich nicht viel darüber. Einzig der Wunsch, ihre Mutter wiederzusehen wurde von Tag zu Tag größer, denn auch wenn Lyanna es nicht zugeben wollte, fürchtete sie sich vor der Geburt. Großmaester Pycelle meinte einst, es könnte sein, dass sie Zwillinge erwarte. Da sie und Jaime selbst nicht allein im Mutterleib waren, stieg die Chance, dass es bei ihrem gemeinsamen Kind ebenfalls so sein könnte und davor hatte Lyanna am meisten Angst. Eine Angst, die ihre Mutter sicher stillen könnte, aber sie war weit weg und niemand wusste, wann und ob sie sich wieder sehen würden.

Cersei holte Sansa zu sich und trank mit ihr Wein, während sich Shae um Lyanna kümmerte, der es immer schlechter ging. Sie klagte über Rückenschmerzen und über die Tritte, die nicht aufhörten , doch aus Angst um die mögliche Gefahr, die draußen lauerte, wollte sie durchhalten. Plötzlich war von draußen ein lauter Knall, eine Explosion, zu hören, der von Geschrei gefolgt wurde. Es roch auf einmal nach geröstetem Fleisch und Kohle - nach verbrannten Männern und verbrannten Schiffen. Niemand wusste, welche Seite es getroffen hatte, weshalb die Frauen anfingen, zu beten. Ja, Ungewissheit ist manchmal viel grausamer und viel effektiver als jede Folter.

Wenig später stürmte Lancel Lannister in den Turm. Er schien verletzt zu sein, immerhin hielt er sich die Schulter und das, was er sagte, schien nicht nur Cersei zu beunruhigen. Die anderen Frauen ahnten das Schlimmste, weshalb Sansa das Lied der Mutter anstimmte, um sie zu entspannen. Dann kam Shae besorgt zu ihr. Sie war davon überzeugt, dass die Schlacht verloren war und sie deshalb alle in Gefahr, denn würde die Feste fallen, würde Ser Ilyn Payn nicht die Eindringlinge töten, sondern die Frauen und Kinder zu deren eigenen Schutz. Nachdem nun auch Cersei mit Tommen den Turm verließ, fühlte sich Shae bestätigt, weshalb sie einen unbeachteten Moment nutzten, um aus Maegors Feste zu fliehen. Sie erhofften sich stattdessen bessere Überlebenschancen bei den Soldaten von Stannis, den ihr Vater immerhin anstelle von Joffrey zum rechtmäßigen König erklärte.

Bei der Hälfte der Stufen vom Turm zum anderen Teil des Roten Bergfrieds machte Lyanna eine erschreckende Bemerkung. Blut lief an den Innenseiten ihrer Schenkel bereits bis zu ihren Knöcheln hinunter und sie erkannte, dass die Schmerzen, die sie zuvor noch für Tritte hielt, Wehen waren. Panik setzte unter den Schwestern ein, nur Shae versuchte, die Fassung zu bewahren, doch auch sie war mit der Situation überfordert. Lyanna blutete immer weiter, weshalb sie ab dem Ende der Treppen bereits eine Spur aus Blut hinterließ. Auch die Schmerzen wurden immer schlimmer, immer länger und immer intensiver. Als sie endlich in ihren Gemächern ankamen, zeichnete sich das Blut bereits durch die vielen Schichten Stoff ab. Schnell zogen Shae und Sansa Lyanna bis auf das Unterhemd aus und während Sansa in dem Zimmer auf Shaes Anweisung hin saubere Tücher und Wasser suchte, hievte diese Lyanna auf das Bett, verbarrikadierte die Tür und versuchte, ihr Mut zuzusprechen. Vergebens.

Lyanna fing immer mehr an, vor Schmerz zu schreien und zu bluten. Jede Wehe war für sie, als würde man ihr mit einem brennenden Dolch den Bauch vom Hals bis zum Nabel aufschneiden, ihre Gedärme herausreißen und sie dann noch anzünden. Sie litt höllische Qualen und bekam kaum Zeit, um durchzuatmen. Die ganze Zeit hindurch, während Lyanna sich vor Schmerzen wand. Sansa hielt ihre Hand, die sie manchmal so fest drückte, dass sie glaubte, sie würde ihr die Knochen brechen und Shae redete ihr weiter gut zu.

„Ich will Mutter, ich will, dass sie hier ist. Ich brauche sie jetzt bei mir. Ich brauche sie, bitte!", flehte Lyanna in ihrer Agonie.

„Sie ist nicht hier und sie wird auch nicht kommen. Ihr müsst es ohne sie schaffen. Der ganze Schmerz wird vorbei sein, wenn Ihr Euer Kind im Arm haltet, aber dafür müsst Ihr es jetzt herauspressen, hört Ihr mich?", sagte Shae mit scharfer Zunge.

Ihr Ton schien zu wirken, doch mit jedem von Lyannas Versuchen, zu pressen, kam immer mehr und mehr Blut.

The Red Wolf of the NorthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt