Kapitel 26: Gold und Stahl

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Wie viele große und auch einige kleine Häuser des Kontinents besaß auch Haus Lannister einst eine Klinge, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Es war ein Schwert aus valyrischem Stahl, dessen Name Lichtbrüller war. Einst brach ein König vom Stein mit der Waffe auf nach Valyria und kehrte nie mehr zurück. Seither unternahmen tapfere Mitglieder des Hauses immer wieder Versuche, um es wieder zu finden, doch bisher sind alle gescheitert. Selbst Tywin Lannister, der andere Familien für deren Schwerter bezahlen wollte, wurde immer wieder abgewiesen. Während selbst Haus Baelish zumindest einen Dolch aus dem wertvollen Metall besaß und Haus Stark sogar ein Großschwert, hatten die Lannisters nichts. Doch Ned Stark war freundlich genug, um sein Ahnenschwert damals in die Hauptstadt mitzunehmen und Haus Lannister hatte die Ressourcen, einen der drei existierenden Schmiedemeister, die valyrischen Stahl präparieren konnten, aus Volantis einschiffen zu lassen. So kam es, dass Eis eingeschmolzen wurde. Das Großschwert hatte genug Material für zwei Schwerter. Jedes von ihnen bekam einen mit Gold überzogenen und von einem Löwenkopf gezierten Griff und so war nun Haus Lannister das einzige Haus mit zwei Klingen aus diesem wertvollen Material. Eines der Schwerter wurde an Jaime Lannister übergeben, das andere sollte Joffrey als Geschenk zu dessen Hochzeit erhalten.

Die Waffe war nicht das Einzige, was Jaime erhalten sollte. Qyburn, ein aus der Zitadelle verwiesener Maester den Jaime auf seinem Weg nach Königsmund traf, fertigte ihm eine neue Hand an. Eine Hand aus Stahl, mit Gold überzogen und durch kunstvollste Gravuren verziert. Wäre aber beim Einschmelzen von Eis noch Metall übriggeblieben, hätte Jaime eine neue Hand aus valyrischem Stahl bekommen. Mit Leder konnte die Prothese am Arm befestigt werden, wo sie durch Umwickeln eines Lederbandes fest hielt. Die goldene Hand konnte sich zwar nicht wie eine echte Hand bewegen, wenn man jedoch einen Handschuh darüber zog, glich sie einer Hand aus Knochen, Fleisch und Haut.

Als er zum ersten Mal seit langer Zeit wieder den reinweißen Umhang der Königsgarde anlegte, sah er wieder wie ein Ritter aus. Eine goldene Rüstung, ein goldener Schwertknauf, goldenes Haar und eine goldene Hand. Doch all das Gold und selbst der schärfste valyrische Stahl würde Jaime nicht von Nutzen sein. Auch wenn er einst einer der besten Schwertkämpfer der Geschichte war, fehlte ihm seine Schwerthand. Die Grundlagen der Kampftechnik beherrschte er zwar mit der linken Hand, doch er war lange nicht so gut, dass er im Kampf eine Chance gehabt hätte. Höchstens einen alten gebrechlichen Mann hätte er mit seiner linken Hand besiegen können und auch das nur, wenn dieser sich nicht gewehrt hätte. Einen König konnte er so auf keinen Fall beschützen. Er brauchte einen fähigen und verschwiegenen Lehrer, der ihm den Schwertkampf wieder beibringen würde, sodass er seinem neuen Schwert und seinem Rang als Lord Kommandant der Königsgardewürdig werden würde. Denn letzteres war, was er immer wollte.

Vermutlich träumt jeder Junge davon, einmal in seinem Leben zum Ritter geschlagen zu werden und die besten von ihnen wollten zur Königsgarde und ihre Namen im weißen Buch stehen sehen. Legendäre Krieger, wie Ser Duncan der Große fanden auf den Seiten des Buches der Brüder ihren Platz. Ganze vier Seiten waren ihm gewidmet. Selbst Ser Arthur Dayn, das Schwert des Morgens, hatte nur halb so viele. Unter Jaimes Namen standen keine Heldentaten wie bei den anderen.

Diente als Knappe für Barristan Selmy im Kampf gegen die Bruderschaft vom Königswald. Zum Ritter geschlagen und zur Königsgarde berufen in seinem 16. Lebensjahr. Bei der Plünderung von Königsmund tötete er seinen König Aerys II. am Fuße des eisernen Thrones. Begnadigt von König Robert. Fortan bekannt als der Königsmörder. Nahm auf Befehl von König Robert Lyanna Stark zur Frau und zeugte mit ihr ein Kind. Gefangen genommen bei der Schlacht am Wisperwald. Freigelassen von Lady Catelyn Stark. Hat seine Schwerthand verloren.

Jaimes Eintrag, der gerade einmal eine halbe Seite füllte, erzählte nicht von Heldentaten. Nur vor seinem Eid hatte er sich wie ein Ritter der Königsgarde verhalten. Alles, was er danach tat, ging gegen jedes Prinzip der Bruderschaft, der er immer angehören wollte.

Hoher Besuch kündigte sich indes in der Hauptstadt an, denn für die Vermählung von Margaery Tyrell und Joffrey Baratheon wurde auch Fürst Doran Martell, der Herrscher von Dorne, erwartet. Seit der Plünderung von Königsmund, bei der Bannermänner der Lannisters Elia Martell, Prinz Rhaegars Gemahlin, und ihre Kinder gewaltsam töteten, hing die Beziehung zwischen den Regionen und Familien am seidenen Faden. Einzig Fürst Dorans versöhnliche Art hielt für lange Zeit den Frieden zwischen Casterlystein und Sonnspeer. Während Tyrion dem Reich als Hand des Königs diente, versuchte er diese Beziehung zu stärken und verlobte deshalb Prinzessin Myrcella mit Tristan Martell, Fürst Dorans Sohn und Erben.

The Red Wolf of the NorthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt