Kapitel 45: Der Winter ist hier

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Während die Aufräumarbeiten in vollem Gange war, nutzten die Geschwister die Zeit, um die vergangenen Jahre aufzuholen. Sansa erzählte von ihrer Flucht aus Königsmund und davon, dass sie Petyr Baelish nach Hohenehr brachte. Sie berichtete von ihrem Leben auf der Ehr und davon, wie sie auf Stannis traf, der ihr versprach, sie als Wächterin des Nordens einzusetzen, würde er gewinnen. Da er das aber nicht schaffte, musste sie mit Briennes Hilfe zur Schwarzen Festung fliehen, wo sie dann auf Jon traf. Lord Baelish, der ebenfalls auf Winterfell war, hatte vergeblich versucht, Robin Arryn vom Vorhaben seiner Cousine zu überzeugen, weshalb sie nicht mit Verstärkung rechneten.

Jon erzählte über sein Leben an der Mauer, von seinen Abenteuern mit dem Freien Volk und seinen Begegnungen mit den Weißen Wanderern. Außerdem stellte er Lyanna Tormund vor, der für Jon nicht nur ein guter Freund, sondern auch sein Sprachrohr zum Freien Volk war. Nachdem Sansa zu ihm gekommen war, sprachen sie bei vielen Lords und Ladys des Nordens vor und erhofften sich deren Unterstützung. Im Endeffekt bestanden ihre Truppen zum Großteil aus dem Freien Volk, einigen Hornwalds, Meysens, Mormonts und den Männern, die der Schwarzfisch, der selbst sein Leben in der Schlacht ließ, mitbrachte. 2600 Mann, die gegen die 6000 Mann der Boltons, davon 1000 Umbers und 2000 Karstarks ankämpfen mussten und ohne Verstärkung wohl verloren hätten.

Doch sie hatten Verstärkung, dank Lyanna, die mit den Lannisters und Arryns rechtzeitig ankam, befand sich Ramsay Bolton in einem Verließ und sowohl Kleinjon Umber als auch Harald Karstark waren tot. Die Frage, die sich den Geschwistern aber stellte, war, wie sie mit Ramsay umgehen sollten. Sie einigten sich schlussendlich darauf, ihm die Wahl zu stellen, die jeder Verräter haben sollte: Tod oder Leben an der Mauer. Ramsay entschied sich für den Tod, weshalb Soldaten ihn in den Burghof schleppten und seinen Kopf auf einen Richtblock platzierten.

Jon stand mit Langklaue, dem valyrischen Schwert, dass einst seinem Mentor Jeor Mormont gehörte, bereit. Dann fragte er Ramsay nach seinen letzten Worten.

„Ich habe ein Geschenk für Euch im Zwinger, Jon Schnee.", meinte er schelmisch.

In dem Moment, in dem Jon ausholen wollte, hielt Lyanna ihn auf. Sie bat Brienne stattdessen um ihr Schwert Eidwahrer und drückte es Jon in die Hand.

„Als Tywin Lannister Eis einschmelzen ließ, entstanden daraus zwei neue Klingen, Eidwahrer und Witwenklage. Ich denke, für diesen Anlass ist dieses Schwert besser geeignet."

Jon stimmte ihr zu, woraufhin er mit einem Schlag Ramsays Kopf vom Hals trennte. Keine einzige Träne wurde für ihn vergossen und nachdem seine Leiche verbrannt war, sollten ihn die Winde des Winters in die Vergessenheit tragen. Seine letzten Worte machten die Geschwister aber neugierig, weshalb sie die Zwingertür öffneten. Empfangen wurden sie von kläffenden Hunden, doch im hintersten Ende war es leise. In einer der Boxen saß ein dürrer Mann zusammengekauert in der Ecke. Sein Gesicht war von Hunger und Schmerzen gezeichnet, doch die Geschwister erkannten ihn sofort. Es war Theon, der ihre Brüder verraten hatte. Als er am ganzen Körper zitternd darauf bestand, nicht mehr Theon Graufreud, sondern Stinker zu heißen, konnten Lyanna, Jon und Sansa nur ahnen, was die Boltons ihm alles angetan hatten. Er hätte ihre ganze Wut verdient, doch das Mitleid war größer, weshalb sie ihn in die Burg bringen ließen.

Weil Sonne bereits das Ende des Tages ankündigte, ließen die siegreichen Helden ihre Arbeit zunächst ruhen. Ihre erste Nacht seit fünf Jahren in Winterfell verbrachte Lyanna in ihrem Zimmer, das noch fast so aussah, wie damals als sie es verlassen hatte. Auch Sansa und Jon bezogen wieder ihre ursprünglichen Räume und Julen wurde in Robbs altem Zimmer einquartiert. Lyannas Zwillingsbruder hätte sicher nichts dagegen gesagt und so dachte sie, würde sein Geist über ihm wachen.

Da die Aufräumarbeiten bereits am nächsten Tag abgeschlossen waren, sprach Lyanna mit Ser Garret. Sie spürte, dass die Lannistersoldaten trotz noch immer nicht ganz willkommen waren im Norden. Außerdem waren sie nicht für den baldigen Wintereinbruch gerüstet, weshalb sie Ser Garret den Befehl gab, die übrig gebliebenen Lannisters zurück in die Westlande zu führen.

„Ser Jaime hat bereits damit gerechnet, dass Ihr uns wieder zum Stein schicken wollt. Er hat mich zwar Eurem Befehl unterstellt, doch in diesem Fall kann ich Eure Anweisungen nicht ausführen. Mylord bestand nämlich darauf, dass ich mit den besten neun Männern, egal bei welchem Ausgang, als Eure und Eures Sohnes Leibgarde im Norden bleiben sollen."

Lyanna musste schmunzeln, dann stimmte sie ihm zu. Während die Lannisters abmarschierten, rief Jon alle Vertreterinnen und Vertreter der Häuser des Nordens nach Winterfell. Er wollte nicht nur, dass sie ihre Eide an Haus Stark erneuerten, sondern wollte sie auch als Verbündete für den Kampf gegen den Nachtkönig gewinnen.

Es dauerte einige Wochen, bis sie sich alle in der großen Halle von Winterfell eingefunden hatten. Mit ihnen kam auch ein weißer Rabe nach Winterfell. Der Winter war da. Das reinste Chaos herrschte, während Lyanna, Jon und Sansa an dem Tisch vor dem Kamin Platz nahmen, an dem Vater früher immer saß. Als endlich alle still waren, fing Jon mit seiner Rede an. Er versuchte die störrischen Lords von der Bedrohung jenseits der Mauer zu überzeugen, doch niemand nahm ihn wirklich ernst. Fast niemand. Lyanna Mormont, die jüngste unter ihnen, trat für Jon ein. Sie erinnerte die Lords daran, wie oft sie in der Vergangenheit ihre Treue zu Haus Stark bewiesen hatten. Während die meisten von ihnen an Robbs Seite kämpften und von den Boltons ebenso wie Robb betrogen wurden, hielten in den vergangenen Wochen die wenigsten von ihnen zu Haus Stark.

„Doch Haus Mormont vergisst nicht. Der Norden vergisst nicht. Wir kennen keinen König außer den König des Nordens dessen Name Stark ist. Es ist mir gleich, ob er ein Bastard ist. Ned Starks Blut fließt durch seine Adern. Er ist mein König, von diesem Tag bis zu seinem letzten Tag."

Lyanna Mormont war zwar noch ein Kind, aber umso überzeugender. Kurz darauf konnte man nur eines in der großen Halle hören: „Der König des Nordens".

„Robb könnte sich keinen besseren Nachfolger vorstellen", meinte Lyanna zu Jon, bevor sie sich den Rufen der Lords anschloss.

Wie sie es damals mit Robb taten, riefen sie Jon zum König aus. Ein Bastard, der Lord Kommandant der Nachtwache wurde, sollte nun den Norden regieren. Sie legten ihre Schwerter vor ihm nieder und knieten vor ihm, während sie ihm ihre Treue schwuren.

The Red Wolf of the NorthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt