Kapitel 24 - Teil 2

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General Revinger erwartet uns bereits; die Arme verschränkt, sein Gesicht wie immer streng und unerbittlich. Er mustert Zeran, etwas wie Anerkennung liegt dabei in seinem sonst so emotionslosen Blick, bevor er zu mir wandert und seine Augen wieder hart werden.

„Guten Morgen", grüßt er Zeran, wobei seine Stimme das erste Mal etwas weicher klingt. Ich schlucke die Bitterkeit, welche diese Erkenntnis mit sich bringt, hinunter. Wenn der General Zeran so freundlich gesinnt ist, was bedeutet das dann für mich?

„Wärmt euch auf", befiehlt uns der General. Es kommt mir so vor, als würde ich die Welt um mich herum nur durch eine beschlagene Glasscheibe wahrnehmen. Die Worte des Generals klingen dumpf, werden übertönt von dem pochenden Schmerz und meinen rasenden Gedanken. „Jawohl, General", salutiert Zeran, nicht annähernd so militant, wie ich es bei Ash und Caelan mitbekommen habe.

Blinzelnd nötige ich meinen Geist dazu, wieder in die Realität zurückzukehren. Ich kann jetzt nicht einfach aufgeben.

Ich zögere, doch Zeran ist bereits in Bewegung, und ich zwinge mich, ihm zu folgen. Meine Beine fühlen sich schwer an, aber ich laufe. Jeder Atemzug ist mühsam, so als würde mich das Lederkorsett nicht nur körperlich einschnüren, sondern auch innerlich erdrücken. Neben mir rennt Zeran, seine Schritte kraftvoll und schnell. Die ganze Zeit spüre ich seinen stechenden Blick auf mir liegen. Es ist, als würde er nur darauf warten, dass ich stolpere.

Mein Kopf pocht immer noch von den Schlägen, die ich gestern einstecken musste, doch das ist nichts im Vergleich zu der Beklemmung, die sich in meiner Brust breitmacht, wenn ich daran denke, dass ich gleich mit Zeran kämpfen muss.

Nach dem Aufwärmen geht es weiter zu den Dehnübungen. Mein Körper ist an diesen neuen Rhythmus noch nicht gewöhnt, und die Schmerzen, die noch von gestern in meinen Muskeln sitzen, machen es nicht leichter.

Angst scheint sich in meinem ganzen Körper breit gemacht zu haben, wie eine Pflanze, die bis in meine Glieder Wurzeln geschlagen hat und jede Kraft aus mir wie Wasser aufsaugt. Meine Gedanken rasen, während ich meinen Körper strecke. Wie soll ich nur jemals gegen ihn gewinnen? – oder eher, wie soll ich es schaffen, nicht zu sterben?

„Nun gut", beendet der General das Dehnen und mein Magen zieht sich sofort zusammen, „genau wie gestern werdet ihr heute ohne Waffen kämpfen. Nur eure Gaben. Der Kampf ist erst zu Ende, wenn jemand besiegt ist. Aufgeben ist nicht gestattet."

Sofort macht Zeran einige Schritte zurück und nimmt eine Kampfposition ein. Für einen Moment starre ich ihn einfach nur entgeistert an; überwältigt, dass es jetzt schon losgehen soll. In seinen eisblauen Augen funkelt Kampfeslust. Seine kurzen, fast weißen Haare stehen wie tausend spitze Stacheln von seinem Kopf ab.

Als ich mich immer noch nicht rühre, zieht er seine Nase kraus und zeigt seine strahlenden Zähne. Es sieht aus, wie bei einem Raubtier, das stumm seine Beute anknurrt. „Mach schon! Kämpfe!" Seine raue, aggressive Stimme dringt mir bis ins Mark und hallt in meinen Knochen wider. Immer noch schaffe ich es nicht, meinen Körper zu bewegen, so als hätte ich gar keine Kontrolle darüber. „Es reicht! Du hast sie, wir alle haben es gesehen." Seine Stimme ist laut und schneidend. Seine immer noch zu Fäusten geballten Hände erzittern bei seinen Worten, so als drohen sie zu zerplatzen.

Mein Herz überschlägt sich. Zerans Augen lodern nun wie eine eiskalte Flamme der Wut, wie ein Signalfeuer warnen sie mich vor der Gefahr.

Ich kann nichts anderes tun, als ich anzustarren. Hat er wirklich die Vorstellung, dass ich das absichtlich zurückhalte? „Ich... ich kann nicht", bringe ich kaum hörbar heraus, meine Stimme leise und unsicher. Ich fühle mich hilflos. Was soll ich tun? Wie kann ich ihm erklären, dass ich nicht in der Lage bin, meine Gabe zu nutzen, wenn er schon von Anfang an davon überzeugt ist, dass ich lüge?

Das letzte Juwel - die Chroniken von KryniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt